Bezirke die Schurkerey geschehen war, gezwungen das Geld zu ersetzen, und man liess die Fremden zie¬ hen. Ich finde darin, wenn es durchaus mit Strenge und Genauigkeit geschieht, keine Ungerechtigkeit.
In Reggio lag ein Pohlnisches Bataillon, und ein Unteroffizier desselben, der am Thore die Wache hatte und ein Anspacher war, freute sich höchlich wieder einen preussischen Pass zu sehen, den ich mir von dem preussischen Residenten in Rom hatte geben las¬ sen, weil ich ihn mit Recht zu meiner Absicht für den besten hielt.
Nun wollte ich den Abend in Parma bleiben und einen oder zwey Tage dort ausruhen und Bodoni se¬ hen, an den ich Briefe von Rom hatte. Aber höre, wie schnurrig ich um das Vergnügen gebracht wurde. Am Thore wurde ich den achten Juny mit vieler Aengstlichkeit examiniert und sodann mit einem Ge¬ freyten nach der Hauptwache geschickt. Ich kannte die Bocksbeuteley, ob sie mir gleich hier zum ersten Mal begegnete. Unterwegs freuete ich mich über die gutaussehenden Kaffeehäuser und sass schon im Geist bey einer Schale Eis: denn ich hatte einen warmen Marsch gehabt. Die Parmesaner sassen gemüthlich dort und schienen viel Bonhommie zu präsentieren; nur hier und da zeigte sich ein breites aufgedunsenes Ge¬ sicht, wie ihr Käse. Auf der Hauptwache las der Offizier meinen Pass, rief einen andern Gefreyten und befahl ihm mit mir zu gehen. Ich glaubte, ich sollte zu dem Kommandanten gebracht werden, und hoffte schon auf eine ähnliche Bewirthung, wie in Au¬ gusta in Sicilien. Aber der Zug dauerte mir sehr lan¬
Bezirke die Schurkerey geschehen war, gezwungen das Geld zu ersetzen, und man lieſs die Fremden zie¬ hen. Ich finde darin, wenn es durchaus mit Strenge und Genauigkeit geschieht, keine Ungerechtigkeit.
In Reggio lag ein Pohlnisches Bataillon, und ein Unteroffizier desselben, der am Thore die Wache hatte und ein Anspacher war, freute sich höchlich wieder einen preuſsischen Paſs zu sehen, den ich mir von dem preuſsischen Residenten in Rom hatte geben las¬ sen, weil ich ihn mit Recht zu meiner Absicht für den besten hielt.
Nun wollte ich den Abend in Parma bleiben und einen oder zwey Tage dort ausruhen und Bodoni se¬ hen, an den ich Briefe von Rom hatte. Aber höre, wie schnurrig ich um das Vergnügen gebracht wurde. Am Thore wurde ich den achten Juny mit vieler Aengstlichkeit examiniert und sodann mit einem Ge¬ freyten nach der Hauptwache geschickt. Ich kannte die Bocksbeuteley, ob sie mir gleich hier zum ersten Mal begegnete. Unterwegs freuete ich mich über die gutaussehenden Kaffeehäuser und saſs schon im Geist bey einer Schale Eis: denn ich hatte einen warmen Marsch gehabt. Die Parmesaner saſsen gemüthlich dort und schienen viel Bonhommie zu präsentieren; nur hier und da zeigte sich ein breites aufgedunsenes Ge¬ sicht, wie ihr Käse. Auf der Hauptwache las der Offizier meinen Paſs, rief einen andern Gefreyten und befahl ihm mit mir zu gehen. Ich glaubte, ich sollte zu dem Kommandanten gebracht werden, und hoffte schon auf eine ähnliche Bewirthung, wie in Au¬ gusta in Sicilien. Aber der Zug dauerte mir sehr lan¬
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0428"n="400 "/>
Bezirke die Schurkerey geschehen war, gezwungen<lb/>
das Geld zu ersetzen, und man lieſs die Fremden zie¬<lb/>
hen. Ich finde darin, wenn es durchaus mit Strenge<lb/>
und Genauigkeit geschieht, keine Ungerechtigkeit.</p><lb/><p>In Reggio lag ein Pohlnisches Bataillon, und ein<lb/>
Unteroffizier desselben, der am Thore die Wache hatte<lb/>
und ein Anspacher war, freute sich höchlich wieder<lb/>
einen preuſsischen Paſs zu sehen, den ich mir von<lb/>
dem preuſsischen Residenten in Rom hatte geben las¬<lb/>
sen, weil ich ihn mit Recht zu meiner Absicht für<lb/>
den besten hielt.</p><lb/><p>Nun wollte ich den Abend in Parma bleiben und<lb/>
einen oder zwey Tage dort ausruhen und Bodoni se¬<lb/>
hen, an den ich Briefe von Rom hatte. Aber höre,<lb/>
wie schnurrig ich um das Vergnügen gebracht wurde.<lb/>
Am Thore wurde ich den achten Juny mit vieler<lb/>
Aengstlichkeit examiniert und sodann mit einem Ge¬<lb/>
freyten nach der Hauptwache geschickt. Ich kannte<lb/>
die Bocksbeuteley, ob sie mir gleich hier zum ersten<lb/>
Mal begegnete. Unterwegs freuete ich mich über die<lb/>
gutaussehenden Kaffeehäuser und saſs schon im Geist<lb/>
bey einer Schale Eis: denn ich hatte einen warmen<lb/>
Marsch gehabt. Die Parmesaner saſsen gemüthlich dort<lb/>
und schienen viel Bonhommie zu präsentieren; nur<lb/>
hier und da zeigte sich ein breites aufgedunsenes Ge¬<lb/>
sicht, wie ihr Käse. Auf der Hauptwache las der<lb/>
Offizier meinen Paſs, rief einen andern Gefreyten<lb/>
und befahl ihm mit mir zu gehen. Ich glaubte, ich<lb/>
sollte zu dem Kommandanten gebracht werden, und<lb/>
hoffte schon auf eine ähnliche Bewirthung, wie in Au¬<lb/>
gusta in Sicilien. Aber der Zug dauerte mir sehr lan¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[400 /0428]
Bezirke die Schurkerey geschehen war, gezwungen
das Geld zu ersetzen, und man lieſs die Fremden zie¬
hen. Ich finde darin, wenn es durchaus mit Strenge
und Genauigkeit geschieht, keine Ungerechtigkeit.
In Reggio lag ein Pohlnisches Bataillon, und ein
Unteroffizier desselben, der am Thore die Wache hatte
und ein Anspacher war, freute sich höchlich wieder
einen preuſsischen Paſs zu sehen, den ich mir von
dem preuſsischen Residenten in Rom hatte geben las¬
sen, weil ich ihn mit Recht zu meiner Absicht für
den besten hielt.
Nun wollte ich den Abend in Parma bleiben und
einen oder zwey Tage dort ausruhen und Bodoni se¬
hen, an den ich Briefe von Rom hatte. Aber höre,
wie schnurrig ich um das Vergnügen gebracht wurde.
Am Thore wurde ich den achten Juny mit vieler
Aengstlichkeit examiniert und sodann mit einem Ge¬
freyten nach der Hauptwache geschickt. Ich kannte
die Bocksbeuteley, ob sie mir gleich hier zum ersten
Mal begegnete. Unterwegs freuete ich mich über die
gutaussehenden Kaffeehäuser und saſs schon im Geist
bey einer Schale Eis: denn ich hatte einen warmen
Marsch gehabt. Die Parmesaner saſsen gemüthlich dort
und schienen viel Bonhommie zu präsentieren; nur
hier und da zeigte sich ein breites aufgedunsenes Ge¬
sicht, wie ihr Käse. Auf der Hauptwache las der
Offizier meinen Paſs, rief einen andern Gefreyten
und befahl ihm mit mir zu gehen. Ich glaubte, ich
sollte zu dem Kommandanten gebracht werden, und
hoffte schon auf eine ähnliche Bewirthung, wie in Au¬
gusta in Sicilien. Aber der Zug dauerte mir sehr lan¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 400 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/428>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.