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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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Soldaten nicht verlassen kann. Wenn dieses so ist, so
ist es ganz gewiss seine eigene Schuld; denn ich halte
die Neapolitaner für eine der bravsten und besten Na¬
tionen, so wie überhaupt die Italiäner. Was ich hier
und da schlimmes sagen muss, betrifft nur die Regie¬
rung, ihre schlechte Verfassung oder Verwaltung und
das Religionsunwesen. Die Russen haben sich sehr
metamorphosiert und ich würde sie kaum wieder er¬
kannt haben. Du weisst dass ich die Schulmeisterey
in keinem Dinge verachte, wenn sie das Gründliche
bezweckt: aber ich glaube, sie haben sich durch Pauls
Veränderungen durchaus nicht gebessert. Brav wer¬
den sie immer bleiben; das ist im Charakter der Na¬
tion: aber Paul hätte das Gute behalten und das Bes¬
sere geben sollen. Ich habe nicht gesehen, dass sie
besser Linie und besser den Schwenkpunkt hielten,
und fertiger die Waffen handhabten; aber desto
schlechter waren sie gekleidet, ästhetisch und militä¬
risch. Die steifen Zöpfe, die Potemkin mit vielen an¬
dern Bocksbeuteleyen kassiert hatte, geben den Kerlen
ein Ansehen von ganz possierlicher Unbehülflichkeit.
Potemkin hatte freylich wohl manches gethan, was
nichts werth war; aber diese Ordonanz bey der Armee
war sicher gut. Paul war in seiner Empfindlichkeit
zu einseitig. Uebrigens werden hier die Russischen
Offiziere, wie ich höre, zuweilen nicht wegen ihrer
Artigkeit gelobt, und man erzählte sehr auffallende
Beyspiele vom Gegentheil. Das sind hoffentlich nur
unangenehme Ausnahmen; denn man lässt im Ganzen
der Ordnung und der Strenge des Generals Gerechtig¬
keit widerfahren.

Soldaten nicht verlassen kann. Wenn dieses so ist, so
ist es ganz gewiſs seine eigene Schuld; denn ich halte
die Neapolitaner für eine der bravsten und besten Na¬
tionen, so wie überhaupt die Italiäner. Was ich hier
und da schlimmes sagen muſs, betrifft nur die Regie¬
rung, ihre schlechte Verfassung oder Verwaltung und
das Religionsunwesen. Die Russen haben sich sehr
metamorphosiert und ich würde sie kaum wieder er¬
kannt haben. Du weiſst daſs ich die Schulmeisterey
in keinem Dinge verachte, wenn sie das Gründliche
bezweckt: aber ich glaube, sie haben sich durch Pauls
Veränderungen durchaus nicht gebessert. Brav wer¬
den sie immer bleiben; das ist im Charakter der Na¬
tion: aber Paul hätte das Gute behalten und das Bes¬
sere geben sollen. Ich habe nicht gesehen, daſs sie
besser Linie und besser den Schwenkpunkt hielten,
und fertiger die Waffen handhabten; aber desto
schlechter waren sie gekleidet, ästhetisch und militä¬
risch. Die steifen Zöpfe, die Potemkin mit vielen an¬
dern Bocksbeuteleyen kassiert hatte, geben den Kerlen
ein Ansehen von ganz possierlicher Unbehülflichkeit.
Potemkin hatte freylich wohl manches gethan, was
nichts werth war; aber diese Ordonanz bey der Armee
war sicher gut. Paul war in seiner Empfindlichkeit
zu einseitig. Uebrigens werden hier die Russischen
Offiziere, wie ich höre, zuweilen nicht wegen ihrer
Artigkeit gelobt, und man erzählte sehr auffallende
Beyspiele vom Gegentheil. Das sind hoffentlich nur
unangenehme Ausnahmen; denn man läſst im Ganzen
der Ordnung und der Strenge des Generals Gerechtig¬
keit widerfahren.

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[357 /0385] Soldaten nicht verlassen kann. Wenn dieses so ist, so ist es ganz gewiſs seine eigene Schuld; denn ich halte die Neapolitaner für eine der bravsten und besten Na¬ tionen, so wie überhaupt die Italiäner. Was ich hier und da schlimmes sagen muſs, betrifft nur die Regie¬ rung, ihre schlechte Verfassung oder Verwaltung und das Religionsunwesen. Die Russen haben sich sehr metamorphosiert und ich würde sie kaum wieder er¬ kannt haben. Du weiſst daſs ich die Schulmeisterey in keinem Dinge verachte, wenn sie das Gründliche bezweckt: aber ich glaube, sie haben sich durch Pauls Veränderungen durchaus nicht gebessert. Brav wer¬ den sie immer bleiben; das ist im Charakter der Na¬ tion: aber Paul hätte das Gute behalten und das Bes¬ sere geben sollen. Ich habe nicht gesehen, daſs sie besser Linie und besser den Schwenkpunkt hielten, und fertiger die Waffen handhabten; aber desto schlechter waren sie gekleidet, ästhetisch und militä¬ risch. Die steifen Zöpfe, die Potemkin mit vielen an¬ dern Bocksbeuteleyen kassiert hatte, geben den Kerlen ein Ansehen von ganz possierlicher Unbehülflichkeit. Potemkin hatte freylich wohl manches gethan, was nichts werth war; aber diese Ordonanz bey der Armee war sicher gut. Paul war in seiner Empfindlichkeit zu einseitig. Uebrigens werden hier die Russischen Offiziere, wie ich höre, zuweilen nicht wegen ihrer Artigkeit gelobt, und man erzählte sehr auffallende Beyspiele vom Gegentheil. Das sind hoffentlich nur unangenehme Ausnahmen; denn man läſst im Ganzen der Ordnung und der Strenge des Generals Gerechtig¬ keit widerfahren.

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 357 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/385>, abgerufen am 25.11.2024.