Nicht alles noch, wo jetzt sein Feuer quillt, Aus seiner Werkstatt tiefstem Grunde Von Stabiä bis zu dem Schwefelschlunde Mit seinen Lavaschichten füllt? Hier brach schon oft aus seinem Herde Herauf hinab des Todes Flammenmeer, Und machte siedend rund umher Das Land zum grössten Grab der Erde.
Unter diesen Phantasien schlief ich ruhig ein. Ob ich gleich gern das furchtbare Schauspiel eines solchen Vulkans in seiner ganzen entsetzlichen Kraft sehen möchte, so bin ich doch nicht hart genug es zu wünschen. Ich will mich mit dem begnügen, was mir der Aetna gegeben hat. Der Vesuv kräuselt blos zuweilen einige Rauchwölkchen; aber ich fürchte, sein Schlaf und sein Verschütten sind von schlimmer Vor¬ bedeutung. Der Aetna war auch verschüttet, ehe er Katanien überströmte, und in dem Krater des Vesuv waren zuweilen grosse Bäume gewachsen. Bey seinem künftigen Ausbruche dürfte die Gegend vor Portici, eben da wo oben der Heilige Januarius steht um den Feind abzuhalten, am meisten der Gefahr ausgesetzt seyn; denn dort ist nach dem äussern Anschein jetzt die Erdschale am dünnsten. Man scheint so etwas gefühlt zu haben als man den heiligen Flammenbän¬ diger hierher setzte.
Die Russen in Neapel machen eine sonderbare Erscheinung. Sie sind des Königs Leibwache, weil man ganz laut sagt, dass er sich auf seine eigenen
Nicht alles noch, wo jetzt sein Feuer quillt, Aus seiner Werkstatt tiefstem Grunde Von Stabiä bis zu dem Schwefelschlunde Mit seinen Lavaschichten füllt? Hier brach schon oft aus seinem Herde Herauf hinab des Todes Flammenmeer, Und machte siedend rund umher Das Land zum gröſsten Grab der Erde.
Unter diesen Phantasien schlief ich ruhig ein. Ob ich gleich gern das furchtbare Schauspiel eines solchen Vulkans in seiner ganzen entsetzlichen Kraft sehen möchte, so bin ich doch nicht hart genug es zu wünschen. Ich will mich mit dem begnügen, was mir der Aetna gegeben hat. Der Vesuv kräuselt blos zuweilen einige Rauchwölkchen; aber ich fürchte, sein Schlaf und sein Verschütten sind von schlimmer Vor¬ bedeutung. Der Aetna war auch verschüttet, ehe er Katanien überströmte, und in dem Krater des Vesuv waren zuweilen groſse Bäume gewachsen. Bey seinem künftigen Ausbruche dürfte die Gegend vor Portici, eben da wo oben der Heilige Januarius steht um den Feind abzuhalten, am meisten der Gefahr ausgesetzt seyn; denn dort ist nach dem äuſsern Anschein jetzt die Erdschale am dünnsten. Man scheint so etwas gefühlt zu haben als man den heiligen Flammenbän¬ diger hierher setzte.
Die Russen in Neapel machen eine sonderbare Erscheinung. Sie sind des Königs Leibwache, weil man ganz laut sagt, daſs er sich auf seine eigenen
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Nicht alles noch, wo jetzt sein Feuer quillt,
Aus seiner Werkstatt tiefstem Grunde
Von Stabiä bis zu dem Schwefelschlunde
Mit seinen Lavaschichten füllt?
Hier brach schon oft aus seinem Herde
Herauf hinab des Todes Flammenmeer,
Und machte siedend rund umher
Das Land zum gröſsten Grab der Erde.
Unter diesen Phantasien schlief ich ruhig ein.
Ob ich gleich gern das furchtbare Schauspiel eines
solchen Vulkans in seiner ganzen entsetzlichen Kraft
sehen möchte, so bin ich doch nicht hart genug es
zu wünschen. Ich will mich mit dem begnügen, was
mir der Aetna gegeben hat. Der Vesuv kräuselt blos
zuweilen einige Rauchwölkchen; aber ich fürchte, sein
Schlaf und sein Verschütten sind von schlimmer Vor¬
bedeutung. Der Aetna war auch verschüttet, ehe er
Katanien überströmte, und in dem Krater des Vesuv
waren zuweilen groſse Bäume gewachsen. Bey seinem
künftigen Ausbruche dürfte die Gegend vor Portici,
eben da wo oben der Heilige Januarius steht um den
Feind abzuhalten, am meisten der Gefahr ausgesetzt
seyn; denn dort ist nach dem äuſsern Anschein jetzt
die Erdschale am dünnsten. Man scheint so etwas
gefühlt zu haben als man den heiligen Flammenbän¬
diger hierher setzte.
Die Russen in Neapel machen eine sonderbare
Erscheinung. Sie sind des Königs Leibwache, weil
man ganz laut sagt, daſs er sich auf seine eigenen
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 356 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/384>, abgerufen am 25.11.2024.
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