Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

hochseligen Fürsten von Palagonia bestellt hätte. Es
holte uns eine Sänfte irgend eines Bischofs, vermuth¬
lich des Bischofs von Cefalu, ein. Sie war überall mit
Schellen behangen und wurde nach der Gewohnheit
von zweyen der stärksten Maulesel getragen, die von
einigen reitenden Bedienten geführt wurden. Die
Sänfte war ziemlich geräumig und mochte bequem Platz
haben für den Bischof und seine Nichte; denn ich ha¬
be es in Sicilien durchaus gemerkt, dass die vorneh¬
men Geistlichen viel auf Nichten halten. Ein alter
dicker satirischer Eseltreiber setzte sich gravitätisch hin¬
ein, fing an barock daraus zu diakonieren und mit
grossen Grimassen den Segen zu spenden. Die Schel¬
len klangen, er nickte und schnitt ein Bocksgesicht
und die Karavane lachte über die Posse, bis die Nähe
der Stadt der Profanation ein Ende machte. Nun zog
die ganze originelle Kavalkade hinter mir mit Schel¬
lengeläute in Palermo zum Seethor ein. In Leipzig
hätte ich damit ein Schauspiel für ein Quartier der
Stadt machen können; in Palermo lachten bloss zwey
Visitatoren.


hochseligen Fürsten von Palagonia bestellt hätte. Es
holte uns eine Sänfte irgend eines Bischofs, vermuth¬
lich des Bischofs von Cefalu, ein. Sie war überall mit
Schellen behangen und wurde nach der Gewohnheit
von zweyen der stärksten Maulesel getragen, die von
einigen reitenden Bedienten geführt wurden. Die
Sänfte war ziemlich geräumig und mochte bequem Platz
haben für den Bischof und seine Nichte; denn ich ha¬
be es in Sicilien durchaus gemerkt, daſs die vorneh¬
men Geistlichen viel auf Nichten halten. Ein alter
dicker satirischer Eseltreiber setzte sich gravitätisch hin¬
ein, fing an barock daraus zu diakonieren und mit
groſsen Grimassen den Segen zu spenden. Die Schel¬
len klangen, er nickte und schnitt ein Bocksgesicht
und die Karavane lachte über die Posse, bis die Nähe
der Stadt der Profanation ein Ende machte. Nun zog
die ganze originelle Kavalkade hinter mir mit Schel¬
lengeläute in Palermo zum Seethor ein. In Leipzig
hätte ich damit ein Schauspiel für ein Quartier der
Stadt machen können; in Palermo lachten bloſs zwey
Visitatoren.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0342" n="316"/>
hochseligen Fürsten von Palagonia bestellt hätte. Es<lb/>
holte uns eine Sänfte irgend eines Bischofs, vermuth¬<lb/>
lich des Bischofs von Cefalu, ein. Sie war überall mit<lb/>
Schellen behangen und wurde nach der Gewohnheit<lb/>
von zweyen der stärksten Maulesel getragen, die von<lb/>
einigen reitenden Bedienten geführt wurden. Die<lb/>
Sänfte war ziemlich geräumig und mochte bequem Platz<lb/>
haben für den Bischof und seine Nichte; denn ich ha¬<lb/>
be es in Sicilien durchaus gemerkt, da&#x017F;s die vorneh¬<lb/>
men Geistlichen viel auf Nichten halten. Ein alter<lb/>
dicker satirischer Eseltreiber setzte sich gravitätisch hin¬<lb/>
ein, fing an barock daraus zu diakonieren und mit<lb/>
gro&#x017F;sen Grimassen den Segen zu spenden. Die Schel¬<lb/>
len klangen, er nickte und schnitt ein Bocksgesicht<lb/>
und die Karavane lachte über die Posse, bis die Nähe<lb/>
der Stadt der Profanation ein Ende machte. Nun zog<lb/>
die ganze originelle Kavalkade hinter mir mit Schel¬<lb/>
lengeläute in Palermo zum Seethor ein. In Leipzig<lb/>
hätte ich damit ein Schauspiel für ein Quartier der<lb/>
Stadt machen können; in Palermo lachten blo&#x017F;s zwey<lb/>
Visitatoren.</p><lb/>
      </div>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0342] hochseligen Fürsten von Palagonia bestellt hätte. Es holte uns eine Sänfte irgend eines Bischofs, vermuth¬ lich des Bischofs von Cefalu, ein. Sie war überall mit Schellen behangen und wurde nach der Gewohnheit von zweyen der stärksten Maulesel getragen, die von einigen reitenden Bedienten geführt wurden. Die Sänfte war ziemlich geräumig und mochte bequem Platz haben für den Bischof und seine Nichte; denn ich ha¬ be es in Sicilien durchaus gemerkt, daſs die vorneh¬ men Geistlichen viel auf Nichten halten. Ein alter dicker satirischer Eseltreiber setzte sich gravitätisch hin¬ ein, fing an barock daraus zu diakonieren und mit groſsen Grimassen den Segen zu spenden. Die Schel¬ len klangen, er nickte und schnitt ein Bocksgesicht und die Karavane lachte über die Posse, bis die Nähe der Stadt der Profanation ein Ende machte. Nun zog die ganze originelle Kavalkade hinter mir mit Schel¬ lengeläute in Palermo zum Seethor ein. In Leipzig hätte ich damit ein Schauspiel für ein Quartier der Stadt machen können; in Palermo lachten bloſs zwey Visitatoren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/342
Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/342>, abgerufen am 22.11.2024.