bene bezahlt seyn: und nun denke dir Bösenbergs ober¬ sächsische Aussprache hinzu, die so gern das Weiche hart und das Harte weich macht, und die noch dazu hier sehr markiert zu seyn schien. Der halblateinische Theil des Publikums lachte heillos, und mir kam es als eine Ungezogenheit der ersten Grösse vor. Die übrigen Rollen waren leidlich besetzt. Auch Drewitz machte den Fritz nicht übel, weil er ihn schlecht machte. Aber Henke war ein Major wie ein Stall¬ knecht, und arbeitete oder vielmehr pfuschte zur gro¬ ssen Belustigung aller Militäre, die um mich her im Parket sassen. Der Fehler war nicht so wohl sein ei¬ gen, als des Direktoriums, das ihn zum Major ge¬ macht hatte. Non omnia possumus omnes; er macht den Becker Ehlers in einem Ifflandischen Stücke recht gut.
Man hatte uns bange gemacht, wir würden Schwierigkeiten wegen Oestreichischer Pässe haben; aber ich muss die Humanität der Gesandschaft rüh¬ men. Herr von Büel, als Sekretär, nahm uns sehr gütig auf, und fertigte, da er unsere Wünsche bald abzureisen vernahm, mit grosser Freundlichkeit so¬ gleich selbst aus; und in einigen Stunden erhielten wir die Papiere, von dem Grafen Metternich unter¬ schrieben, durch alle Kaiserliche Länder.
Du kennst meine Saumseligkeit und Sorglosigkeit in gelehrten Dingen und Sachen der Kunst. Was soll ich Laie im Heiligthum? Die Galerie sah ich nicht, weil ich dazu noch einmahl hätte Schuhe anziehen müssen; den Antikensaal sah ich nicht, weil ich den Inspektor das erste Mahl nicht traf; und das übrige
bene bezahlt seyn: und nun denke dir Bösenbergs ober¬ sächsische Aussprache hinzu, die so gern das Weiche hart und das Harte weich macht, und die noch dazu hier sehr markiert zu seyn schien. Der halblateinische Theil des Publikums lachte heillos, und mir kam es als eine Ungezogenheit der ersten Gröſse vor. Die übrigen Rollen waren leidlich besetzt. Auch Drewitz machte den Fritz nicht übel, weil er ihn schlecht machte. Aber Henke war ein Major wie ein Stall¬ knecht, und arbeitete oder vielmehr pfuschte zur gro¬ ſsen Belustigung aller Militäre, die um mich her im Parket saſsen. Der Fehler war nicht so wohl sein ei¬ gen, als des Direktoriums, das ihn zum Major ge¬ macht hatte. Non omnia possumus omnes; er macht den Becker Ehlers in einem Ifflandischen Stücke recht gut.
Man hatte uns bange gemacht, wir würden Schwierigkeiten wegen Oestreichischer Pässe haben; aber ich muſs die Humanität der Gesandschaft rüh¬ men. Herr von Büel, als Sekretär, nahm uns sehr gütig auf, und fertigte, da er unsere Wünsche bald abzureisen vernahm, mit groſser Freundlichkeit so¬ gleich selbst aus; und in einigen Stunden erhielten wir die Papiere, von dem Grafen Metternich unter¬ schrieben, durch alle Kaiserliche Länder.
Du kennst meine Saumseligkeit und Sorglosigkeit in gelehrten Dingen und Sachen der Kunst. Was soll ich Laie im Heiligthum? Die Galerie sah ich nicht, weil ich dazu noch einmahl hätte Schuhe anziehen müssen; den Antikensaal sah ich nicht, weil ich den Inspektor das erste Mahl nicht traf; und das übrige
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0032"n="6"/><hirendition="#i">bene</hi> bezahlt seyn: und nun denke dir Bösenbergs ober¬<lb/>
sächsische Aussprache hinzu, die so gern das Weiche<lb/>
hart und das Harte weich macht, und die noch dazu<lb/>
hier sehr markiert zu seyn schien. Der halblateinische<lb/>
Theil des Publikums lachte heillos, und mir kam es<lb/>
als eine Ungezogenheit der ersten Gröſse vor. Die<lb/>
übrigen Rollen waren leidlich besetzt. Auch Drewitz<lb/>
machte den Fritz nicht übel, weil er ihn schlecht<lb/>
machte. Aber Henke war ein Major wie ein Stall¬<lb/>
knecht, und arbeitete oder vielmehr pfuschte zur gro¬<lb/>ſsen Belustigung aller Militäre, die um mich her im<lb/>
Parket saſsen. Der Fehler war nicht so wohl sein ei¬<lb/>
gen, als des Direktoriums, das ihn zum Major ge¬<lb/>
macht hatte. <hirendition="#i">Non omnia possumus omnes</hi>; er macht<lb/>
den Becker Ehlers in einem Ifflandischen Stücke<lb/>
recht gut.</p><lb/><p>Man hatte uns bange gemacht, wir würden<lb/>
Schwierigkeiten wegen Oestreichischer Pässe haben;<lb/>
aber ich muſs die Humanität der Gesandschaft rüh¬<lb/>
men. Herr von Büel, als Sekretär, nahm uns sehr<lb/>
gütig auf, und fertigte, da er unsere Wünsche bald<lb/>
abzureisen vernahm, mit groſser Freundlichkeit so¬<lb/>
gleich selbst aus; und in einigen Stunden erhielten<lb/>
wir die Papiere, von dem Grafen Metternich unter¬<lb/>
schrieben, durch alle Kaiserliche Länder.</p><lb/><p>Du kennst meine Saumseligkeit und Sorglosigkeit<lb/>
in gelehrten Dingen und Sachen der Kunst. Was soll<lb/>
ich Laie im Heiligthum? Die Galerie sah ich nicht,<lb/>
weil ich dazu noch einmahl hätte Schuhe anziehen<lb/>
müssen; den Antikensaal sah ich nicht, weil ich den<lb/>
Inspektor das erste Mahl nicht traf; und das übrige<lb/></p></div></body></text></TEI>
[6/0032]
bene bezahlt seyn: und nun denke dir Bösenbergs ober¬
sächsische Aussprache hinzu, die so gern das Weiche
hart und das Harte weich macht, und die noch dazu
hier sehr markiert zu seyn schien. Der halblateinische
Theil des Publikums lachte heillos, und mir kam es
als eine Ungezogenheit der ersten Gröſse vor. Die
übrigen Rollen waren leidlich besetzt. Auch Drewitz
machte den Fritz nicht übel, weil er ihn schlecht
machte. Aber Henke war ein Major wie ein Stall¬
knecht, und arbeitete oder vielmehr pfuschte zur gro¬
ſsen Belustigung aller Militäre, die um mich her im
Parket saſsen. Der Fehler war nicht so wohl sein ei¬
gen, als des Direktoriums, das ihn zum Major ge¬
macht hatte. Non omnia possumus omnes; er macht
den Becker Ehlers in einem Ifflandischen Stücke
recht gut.
Man hatte uns bange gemacht, wir würden
Schwierigkeiten wegen Oestreichischer Pässe haben;
aber ich muſs die Humanität der Gesandschaft rüh¬
men. Herr von Büel, als Sekretär, nahm uns sehr
gütig auf, und fertigte, da er unsere Wünsche bald
abzureisen vernahm, mit groſser Freundlichkeit so¬
gleich selbst aus; und in einigen Stunden erhielten
wir die Papiere, von dem Grafen Metternich unter¬
schrieben, durch alle Kaiserliche Länder.
Du kennst meine Saumseligkeit und Sorglosigkeit
in gelehrten Dingen und Sachen der Kunst. Was soll
ich Laie im Heiligthum? Die Galerie sah ich nicht,
weil ich dazu noch einmahl hätte Schuhe anziehen
müssen; den Antikensaal sah ich nicht, weil ich den
Inspektor das erste Mahl nicht traf; und das übrige
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/32>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.