Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Bessere seyn als ich. Wäre ich Minister, ich
würde höchst wahrscheinlich selten einem Man¬
ne ein Amt geben, der es suchte. Das wer¬
den Viele für Grille halten; ich nicht. Wenn
ich Isolierter nicht strenge nach meinen Grund¬
sätzen handeln will, wer soll es sonst?

Man hat es gemissbilligt, dass ich den Rus¬
sischen Dienst verlassen habe. Ich kam durch
Zufall hin, und durch Zufall weg. Ich bin
schlecht belohnt worden; das ist wahrschein¬
lich auch Zufall: und ich bin noch zu gesund
an Leib und Seele, um mir darüber eine Sup¬
pe verderben zu lassen, In der wichtigsten
Periode, der Krise mit Polen, habe ich in Grod¬
no und Warschau die deutsche und französi¬
sche diplomatische Korrespondanz zwischen dem
General Igelström, Pototzky, Möllendorf und
den andern preussischen und russischen Gene¬
ralen besorgt, weil eben kein anderer Offizier
im Hauptquartier war, der so viel mit der Fe¬
der arbeiten konnte. -- Sie sind noch nicht
verpflichtet, sagte Igelström zu mir, als er mir
den ersten Brief von Möllendorf gab, Sie ha¬
ben noch nicht geschworen. Der ehrliche
Mann, antwortete ich, kennt und thut seine

Bessere seyn als ich. Wäre ich Minister, ich
würde höchst wahrscheinlich selten einem Man¬
ne ein Amt geben, der es suchte. Das wer¬
den Viele für Grille halten; ich nicht. Wenn
ich Isolierter nicht strenge nach meinen Grund¬
sätzen handeln will, wer soll es sonst?

Man hat es gemiſsbilligt, daſs ich den Rus¬
sischen Dienst verlassen habe. Ich kam durch
Zufall hin, und durch Zufall weg. Ich bin
schlecht belohnt worden; das ist wahrschein¬
lich auch Zufall: und ich bin noch zu gesund
an Leib und Seele, um mir darüber eine Sup¬
pe verderben zu lassen, In der wichtigsten
Periode, der Krise mit Polen, habe ich in Grod¬
no und Warschau die deutsche und französi¬
sche diplomatische Korrespondanz zwischen dem
General Igelström, Pototzky, Möllendorf und
den andern preuſsischen und russischen Gene¬
ralen besorgt, weil eben kein anderer Offizier
im Hauptquartier war, der so viel mit der Fe¬
der arbeiten konnte. — Sie sind noch nicht
verpflichtet, sagte Igelström zu mir, als er mir
den ersten Brief von Möllendorf gab, Sie ha¬
ben noch nicht geschworen. Der ehrliche
Mann, antwortete ich, kennt und thut seine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0020" n="X"/>
Bessere seyn als ich. Wäre ich Minister, ich<lb/>
würde höchst wahrscheinlich selten einem Man¬<lb/>
ne ein Amt geben, der es suchte. Das wer¬<lb/>
den Viele für Grille halten; ich nicht. Wenn<lb/>
ich Isolierter nicht strenge nach meinen Grund¬<lb/>
sätzen handeln will, wer soll es sonst?</p><lb/>
        <p>Man hat es gemi&#x017F;sbilligt, da&#x017F;s ich den Rus¬<lb/>
sischen Dienst verlassen habe. Ich kam durch<lb/>
Zufall hin, und durch Zufall weg. Ich bin<lb/>
schlecht belohnt worden; das ist wahrschein¬<lb/>
lich auch Zufall: und ich bin noch zu gesund<lb/>
an Leib und Seele, um mir darüber eine Sup¬<lb/>
pe verderben zu lassen, In der wichtigsten<lb/>
Periode, der Krise mit Polen, habe ich in Grod¬<lb/>
no und Warschau die deutsche und französi¬<lb/>
sche diplomatische Korrespondanz zwischen dem<lb/>
General Igelström, Pototzky, Möllendorf und<lb/>
den andern preu&#x017F;sischen und russischen Gene¬<lb/>
ralen besorgt, weil eben kein anderer Offizier<lb/>
im Hauptquartier war, der so viel mit der Fe¬<lb/>
der arbeiten konnte. &#x2014; Sie sind noch nicht<lb/>
verpflichtet, sagte Igelström zu mir, als er mir<lb/>
den ersten Brief von Möllendorf gab, Sie ha¬<lb/>
ben noch nicht geschworen. Der ehrliche<lb/>
Mann, antwortete ich, kennt und thut seine<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[X/0020] Bessere seyn als ich. Wäre ich Minister, ich würde höchst wahrscheinlich selten einem Man¬ ne ein Amt geben, der es suchte. Das wer¬ den Viele für Grille halten; ich nicht. Wenn ich Isolierter nicht strenge nach meinen Grund¬ sätzen handeln will, wer soll es sonst? Man hat es gemiſsbilligt, daſs ich den Rus¬ sischen Dienst verlassen habe. Ich kam durch Zufall hin, und durch Zufall weg. Ich bin schlecht belohnt worden; das ist wahrschein¬ lich auch Zufall: und ich bin noch zu gesund an Leib und Seele, um mir darüber eine Sup¬ pe verderben zu lassen, In der wichtigsten Periode, der Krise mit Polen, habe ich in Grod¬ no und Warschau die deutsche und französi¬ sche diplomatische Korrespondanz zwischen dem General Igelström, Pototzky, Möllendorf und den andern preuſsischen und russischen Gene¬ ralen besorgt, weil eben kein anderer Offizier im Hauptquartier war, der so viel mit der Fe¬ der arbeiten konnte. — Sie sind noch nicht verpflichtet, sagte Igelström zu mir, als er mir den ersten Brief von Möllendorf gab, Sie ha¬ ben noch nicht geschworen. Der ehrliche Mann, antwortete ich, kennt und thut seine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/20
Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/20>, abgerufen am 24.11.2024.