Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

danken die Albaner, machen keinen grossen Unter¬
schied; und es ist wenigstens niemand in der Gegend,
der ein näheres Recht auf Alba longa hätte als sie.
Wir wollen sie also in dem ruhigen Besitz lassen. Die
jetzige Stadt scheint zur Zeit der ersten Cäsarn aus
einigen Villen entstanden zu seyn, von denen die des
Pompejus die vorzüglichste war. Dadurch sieht es
nun freylich um das Monument der Kuriatier misslich
aus, das auf dem Wege nach Aricia steht, und wel¬
ches mir überhaupt ein ziemlich gothisches Ansehen
hat. Nach der Geschichte sind alle, die drey Kuria¬
tier wie die beyden Horatier, unten vor der Stadt
Rom begraben, wo der Kampf geschah und wo auch
ihre Monumente standen: indessen lässt sich wohl den¬
ken, dass die neuen Albaner aus altem Patriotismus
ihren braven Landsleuten hier ein neues Denkmahl
errichteten, als unten die alten verfallen waren. We¬
nigstens ist nicht einzusehen, wozu das Ding mit den
drey Spitzen sonst sollte aufgeführt seyn. Ein Kastell
zur Vertheidigung des Weges wäre das Einzige, wozu
man es machen könnte; aber dazu hat es nicht die
Gestalt.

In Albano fand mein Franzose Bekannte, bey de¬
nen er einkehrte, und ich liess mich auf die Post
bringen, welche das beste Wirthshaus ist. Sobald ich
abgelegt hatte, trat ein artiger junger Mann zu mir
ins Zimmer, der aus der Gegend war und mit vieler
Gutmüthigkeit mir die Unterhaltung machte. Mit ihm
wandelte ich noch etwas in der schönen Gegend hin
und her, und namentlich an das Monument, von des¬
sen Alterthum er indessen auch nicht sonderlich über¬

danken die Albaner, machen keinen groſsen Unter¬
schied; und es ist wenigstens niemand in der Gegend,
der ein näheres Recht auf Alba longa hätte als sie.
Wir wollen sie also in dem ruhigen Besitz lassen. Die
jetzige Stadt scheint zur Zeit der ersten Cäsarn aus
einigen Villen entstanden zu seyn, von denen die des
Pompejus die vorzüglichste war. Dadurch sieht es
nun freylich um das Monument der Kuriatier miſslich
aus, das auf dem Wege nach Aricia steht, und wel¬
ches mir überhaupt ein ziemlich gothisches Ansehen
hat. Nach der Geschichte sind alle, die drey Kuria¬
tier wie die beyden Horatier, unten vor der Stadt
Rom begraben, wo der Kampf geschah und wo auch
ihre Monumente standen: indessen läſst sich wohl den¬
ken, daſs die neuen Albaner aus altem Patriotismus
ihren braven Landsleuten hier ein neues Denkmahl
errichteten, als unten die alten verfallen waren. We¬
nigstens ist nicht einzusehen, wozu das Ding mit den
drey Spitzen sonst sollte aufgeführt seyn. Ein Kastell
zur Vertheidigung des Weges wäre das Einzige, wozu
man es machen könnte; aber dazu hat es nicht die
Gestalt.

In Albano fand mein Franzose Bekannte, bey de¬
nen er einkehrte, und ich lieſs mich auf die Post
bringen, welche das beste Wirthshaus ist. Sobald ich
abgelegt hatte, trat ein artiger junger Mann zu mir
ins Zimmer, der aus der Gegend war und mit vieler
Gutmüthigkeit mir die Unterhaltung machte. Mit ihm
wandelte ich noch etwas in der schönen Gegend hin
und her, und namentlich an das Monument, von des¬
sen Alterthum er indessen auch nicht sonderlich über¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0192" n="166"/>
danken die Albaner, machen keinen gro&#x017F;sen Unter¬<lb/>
schied; und es ist wenigstens niemand in der Gegend,<lb/>
der ein näheres Recht auf Alba longa hätte als sie.<lb/>
Wir wollen sie also in dem ruhigen Besitz lassen. Die<lb/>
jetzige Stadt scheint zur Zeit der ersten Cäsarn aus<lb/>
einigen Villen entstanden zu seyn, von denen die des<lb/>
Pompejus die vorzüglichste war. Dadurch sieht es<lb/>
nun freylich um das Monument der Kuriatier mi&#x017F;slich<lb/>
aus, das auf dem Wege nach Aricia steht, und wel¬<lb/>
ches mir überhaupt ein ziemlich gothisches Ansehen<lb/>
hat. Nach der Geschichte sind alle, die drey Kuria¬<lb/>
tier wie die beyden Horatier, unten vor der Stadt<lb/>
Rom begraben, wo der Kampf geschah und wo auch<lb/>
ihre Monumente standen: indessen lä&#x017F;st sich wohl den¬<lb/>
ken, da&#x017F;s die neuen Albaner aus altem Patriotismus<lb/>
ihren braven Landsleuten hier ein neues Denkmahl<lb/>
errichteten, als unten die alten verfallen waren. We¬<lb/>
nigstens ist nicht einzusehen, wozu das Ding mit den<lb/>
drey Spitzen sonst sollte aufgeführt seyn. Ein Kastell<lb/>
zur Vertheidigung des Weges wäre das Einzige, wozu<lb/>
man es machen könnte; aber dazu hat es nicht die<lb/>
Gestalt.</p><lb/>
        <p>In Albano fand mein Franzose Bekannte, bey de¬<lb/>
nen er einkehrte, und ich lie&#x017F;s mich auf die Post<lb/>
bringen, welche das beste Wirthshaus ist. Sobald ich<lb/>
abgelegt hatte, trat ein artiger junger Mann zu mir<lb/>
ins Zimmer, der aus der Gegend war und mit vieler<lb/>
Gutmüthigkeit mir die Unterhaltung machte. Mit ihm<lb/>
wandelte ich noch etwas in der schönen Gegend hin<lb/>
und her, und namentlich an das Monument, von des¬<lb/>
sen Alterthum er indessen auch nicht sonderlich über¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0192] danken die Albaner, machen keinen groſsen Unter¬ schied; und es ist wenigstens niemand in der Gegend, der ein näheres Recht auf Alba longa hätte als sie. Wir wollen sie also in dem ruhigen Besitz lassen. Die jetzige Stadt scheint zur Zeit der ersten Cäsarn aus einigen Villen entstanden zu seyn, von denen die des Pompejus die vorzüglichste war. Dadurch sieht es nun freylich um das Monument der Kuriatier miſslich aus, das auf dem Wege nach Aricia steht, und wel¬ ches mir überhaupt ein ziemlich gothisches Ansehen hat. Nach der Geschichte sind alle, die drey Kuria¬ tier wie die beyden Horatier, unten vor der Stadt Rom begraben, wo der Kampf geschah und wo auch ihre Monumente standen: indessen läſst sich wohl den¬ ken, daſs die neuen Albaner aus altem Patriotismus ihren braven Landsleuten hier ein neues Denkmahl errichteten, als unten die alten verfallen waren. We¬ nigstens ist nicht einzusehen, wozu das Ding mit den drey Spitzen sonst sollte aufgeführt seyn. Ein Kastell zur Vertheidigung des Weges wäre das Einzige, wozu man es machen könnte; aber dazu hat es nicht die Gestalt. In Albano fand mein Franzose Bekannte, bey de¬ nen er einkehrte, und ich lieſs mich auf die Post bringen, welche das beste Wirthshaus ist. Sobald ich abgelegt hatte, trat ein artiger junger Mann zu mir ins Zimmer, der aus der Gegend war und mit vieler Gutmüthigkeit mir die Unterhaltung machte. Mit ihm wandelte ich noch etwas in der schönen Gegend hin und her, und namentlich an das Monument, von des¬ sen Alterthum er indessen auch nicht sonderlich über¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/192
Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/192>, abgerufen am 28.11.2024.