hat eine zweyte Hebe für die Pariser gearbeitet, die mir aber mit den Veränderungen die er gemacht hat und die er doch wohl für Verbesserungen halten muss, nicht sowohl gefällt wie die venezianische. Du kennst meinen Enthusiasmus für diese. Er hat, däucht mich, dem Urtheil und dem Geschmack der Franzosen ge¬ schmeichelt, denen ich aber in der Anlage einer Bat¬ terie eher folgen wollte, als in der Kritik über reine Weiblichkeit. Es bleibt an allen ihren schönen Wei¬ bern immer noch etwas von dem Charakter aus dem alten Palais Royal zurück. Er hat auch zwey Fechter nach dem Pausanias gemacht, die nach langer Ermü¬ dung zur Entscheidung einander freyen Stoss geben. Der Eine hat so eben den furchtbarsten Schlag vor die Stirne erhalten, -- dieses ist der Moment -- und reisst sodann mit entsetzlichem Grimm seinem Gegner mit der Faust auf einem Griff das Eingeweide aus. Sie gelten für Muster der Anatomie und des Aus¬ drucks. Da sie keine nahe Beziehung auf reine schöne Humanität haben, konnten sie mich nicht so sehr be¬ schäftigen: denn Furcht und Grimm sind Leidenschaf¬ ten, von denen ich gerne mich wegwende. Die Stelle aus dem Pausanias ist mir nicht gegenwärtig; ich weise Dich auf ihn. Demaxenus heisst, glaube ich, der eine Fechter.
In einigen Tagen werde ich durch die Pontinen nach Terracina und sodann weiter nach Süden gehen; damit ich vor der ganz heissen Jahrszeit, wenns glückt, wieder zurück komme. Missglückt es, denn man spricht gar wunderlich, so mögen die Barbaren mich auf ihrer Seele haben. Ich will mich nicht durch Furcht ängstigen, die auf alle Fälle kein guter Haus¬
hat eine zweyte Hebe für die Pariser gearbeitet, die mir aber mit den Veränderungen die er gemacht hat und die er doch wohl für Verbesserungen halten muſs, nicht sowohl gefällt wie die venezianische. Du kennst meinen Enthusiasmus für diese. Er hat, däucht mich, dem Urtheil und dem Geschmack der Franzosen ge¬ schmeichelt, denen ich aber in der Anlage einer Bat¬ terie eher folgen wollte, als in der Kritik über reine Weiblichkeit. Es bleibt an allen ihren schönen Wei¬ bern immer noch etwas von dem Charakter aus dem alten Palais Royal zurück. Er hat auch zwey Fechter nach dem Pausanias gemacht, die nach langer Ermü¬ dung zur Entscheidung einander freyen Stoſs geben. Der Eine hat so eben den furchtbarsten Schlag vor die Stirne erhalten, — dieses ist der Moment — und reiſst sodann mit entsetzlichem Grimm seinem Gegner mit der Faust auf einem Griff das Eingeweide aus. Sie gelten für Muster der Anatomie und des Aus¬ drucks. Da sie keine nahe Beziehung auf reine schöne Humanität haben, konnten sie mich nicht so sehr be¬ schäftigen: denn Furcht und Grimm sind Leidenschaf¬ ten, von denen ich gerne mich wegwende. Die Stelle aus dem Pausanias ist mir nicht gegenwärtig; ich weise Dich auf ihn. Demaxenus heiſst, glaube ich, der eine Fechter.
In einigen Tagen werde ich durch die Pontinen nach Terracina und sodann weiter nach Süden gehen; damit ich vor der ganz heiſsen Jahrszeit, wenns glückt, wieder zurück komme. Miſsglückt es, denn man spricht gar wunderlich, so mögen die Barbaren mich auf ihrer Seele haben. Ich will mich nicht durch Furcht ängstigen, die auf alle Fälle kein guter Haus¬
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hat eine zweyte Hebe für die Pariser gearbeitet, die
mir aber mit den Veränderungen die er gemacht hat
und die er doch wohl für Verbesserungen halten muſs,
nicht sowohl gefällt wie die venezianische. Du kennst
meinen Enthusiasmus für diese. Er hat, däucht mich,
dem Urtheil und dem Geschmack der Franzosen ge¬
schmeichelt, denen ich aber in der Anlage einer Bat¬
terie eher folgen wollte, als in der Kritik über reine
Weiblichkeit. Es bleibt an allen ihren schönen Wei¬
bern immer noch etwas von dem Charakter aus dem
alten Palais Royal zurück. Er hat auch zwey Fechter
nach dem Pausanias gemacht, die nach langer Ermü¬
dung zur Entscheidung einander freyen Stoſs geben.
Der Eine hat so eben den furchtbarsten Schlag vor
die Stirne erhalten, — dieses ist der Moment — und
reiſst sodann mit entsetzlichem Grimm seinem Gegner
mit der Faust auf einem Griff das Eingeweide aus.
Sie gelten für Muster der Anatomie und des Aus¬
drucks. Da sie keine nahe Beziehung auf reine schöne
Humanität haben, konnten sie mich nicht so sehr be¬
schäftigen: denn Furcht und Grimm sind Leidenschaf¬
ten, von denen ich gerne mich wegwende. Die Stelle aus
dem Pausanias ist mir nicht gegenwärtig; ich weise Dich
auf ihn. Demaxenus heiſst, glaube ich, der eine Fechter.
In einigen Tagen werde ich durch die Pontinen
nach Terracina und sodann weiter nach Süden gehen;
damit ich vor der ganz heiſsen Jahrszeit, wenns glückt,
wieder zurück komme. Miſsglückt es, denn man
spricht gar wunderlich, so mögen die Barbaren mich
auf ihrer Seele haben. Ich will mich nicht durch
Furcht ängstigen, die auf alle Fälle kein guter Haus¬
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/189>, abgerufen am 28.11.2024.
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