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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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sen Gewohnheit gesehen, und nur im Hannöverischen
hat man, so viel ich mich erinnere, strengere Massre¬
geln genommen ihn zu verhüten. Aber ich muss ma¬
chen, dass ich nach Rom komme.

Die Italiäner müssen denn doch auch zuweilen
ein sehr richtiges Auge haben. Zwey etwas stattlichere
Spaziergänger als ich begegneten mir mit ihren grossen
Knotenstöcken bey Nepi, vermuthlich um ihre Felder
zu besehen, auf denen nicht viel gearbeitet wurde.
Signore e tedesco e va a Roma; sagte mir einer der
Herren sehr freundlich. Die Deutschen müssen häu¬
fig diese Strasse machen; denn ich hatte noch keine
Sylbe gesprochen um mich durch den Accent zu ver¬
rathen. Sie riethen mir, ja nicht in Nepi zu bleiben
sondern noch nach Monterosi zu gehen, wo ich es
gut haben würde. Ich dankte und versprach es. Es
ist sehr angenehm, wenn man sich bey dem ersten
Anblick so ziemlich gewiss in einer fremden Gegend
orientieren kann. Nach meiner Rechnung musste der
mir links liegende Berg durchaus der Soracte seyn,
obgleich kein Schnee darauf lag; und es fand sich
so. Jetzt gehört er dem heiligen Sylvester, dessen
Namen er auch trägt; doch hat sich die alte Benen¬
nung noch nicht verloren, denn man nennt ihn noch
hier und da Soratte. Nun ärgerte es mich, dass ich
nicht links die alte flaminische Strasse gehalten hat¬
te; dann hätte ich den Herrn Soratte, der sich schon
von weitem ganz artig macht, etwas näher gesehen,
und wäre immer längs der Tiber hinunter gewandelt.
Der Berg steht von dieser Seite ganz isoliert; das
wusste ich aus einigen Anmerkungen über den Horaz,

sen Gewohnheit gesehen, und nur im Hannöverischen
hat man, so viel ich mich erinnere, strengere Maſsre¬
geln genommen ihn zu verhüten. Aber ich muſs ma¬
chen, daſs ich nach Rom komme.

Die Italiäner müssen denn doch auch zuweilen
ein sehr richtiges Auge haben. Zwey etwas stattlichere
Spaziergänger als ich begegneten mir mit ihren groſsen
Knotenstöcken bey Nepi, vermuthlich um ihre Felder
zu besehen, auf denen nicht viel gearbeitet wurde.
Signore è tedesco e va a Roma; sagte mir einer der
Herren sehr freundlich. Die Deutschen müssen häu¬
fig diese Straſse machen; denn ich hatte noch keine
Sylbe gesprochen um mich durch den Accent zu ver¬
rathen. Sie riethen mir, ja nicht in Nepi zu bleiben
sondern noch nach Monterosi zu gehen, wo ich es
gut haben würde. Ich dankte und versprach es. Es
ist sehr angenehm, wenn man sich bey dem ersten
Anblick so ziemlich gewiſs in einer fremden Gegend
orientieren kann. Nach meiner Rechnung muſste der
mir links liegende Berg durchaus der Soracte seyn,
obgleich kein Schnee darauf lag; und es fand sich
so. Jetzt gehört er dem heiligen Sylvester, dessen
Namen er auch trägt; doch hat sich die alte Benen¬
nung noch nicht verloren, denn man nennt ihn noch
hier und da Soratte. Nun ärgerte es mich, daſs ich
nicht links die alte flaminische Straſse gehalten hat¬
te; dann hätte ich den Herrn Soratte, der sich schon
von weitem ganz artig macht, etwas näher gesehen,
und wäre immer längs der Tiber hinunter gewandelt.
Der Berg steht von dieser Seite ganz isoliert; das
wuſste ich aus einigen Anmerkungen über den Horaz,

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[157/0183] sen Gewohnheit gesehen, und nur im Hannöverischen hat man, so viel ich mich erinnere, strengere Maſsre¬ geln genommen ihn zu verhüten. Aber ich muſs ma¬ chen, daſs ich nach Rom komme. Die Italiäner müssen denn doch auch zuweilen ein sehr richtiges Auge haben. Zwey etwas stattlichere Spaziergänger als ich begegneten mir mit ihren groſsen Knotenstöcken bey Nepi, vermuthlich um ihre Felder zu besehen, auf denen nicht viel gearbeitet wurde. Signore è tedesco e va a Roma; sagte mir einer der Herren sehr freundlich. Die Deutschen müssen häu¬ fig diese Straſse machen; denn ich hatte noch keine Sylbe gesprochen um mich durch den Accent zu ver¬ rathen. Sie riethen mir, ja nicht in Nepi zu bleiben sondern noch nach Monterosi zu gehen, wo ich es gut haben würde. Ich dankte und versprach es. Es ist sehr angenehm, wenn man sich bey dem ersten Anblick so ziemlich gewiſs in einer fremden Gegend orientieren kann. Nach meiner Rechnung muſste der mir links liegende Berg durchaus der Soracte seyn, obgleich kein Schnee darauf lag; und es fand sich so. Jetzt gehört er dem heiligen Sylvester, dessen Namen er auch trägt; doch hat sich die alte Benen¬ nung noch nicht verloren, denn man nennt ihn noch hier und da Soratte. Nun ärgerte es mich, daſs ich nicht links die alte flaminische Straſse gehalten hat¬ te; dann hätte ich den Herrn Soratte, der sich schon von weitem ganz artig macht, etwas näher gesehen, und wäre immer längs der Tiber hinunter gewandelt. Der Berg steht von dieser Seite ganz isoliert; das wuſste ich aus einigen Anmerkungen über den Horaz,

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/183>, abgerufen am 29.11.2024.