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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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Von Leipzig bis hierher habe ich keinen Ort ge¬
funden, wo es so theuer wäre wie in Ankona; selbst
nicht das theure Triest. Ich habe hier täglich im
Wirthshause einen Kaiserdukaten bezahlen müssen,
und war für dieses Geld schlecht genug bewirthet.
Man schiebt noch alles auf den Krieg und auf die
Belagerung; das mag den Aubergisten sehr gut zu
Statten kommen. Alles war voll Impertinenz. Dem
Lohnbedienten zahlte ich täglich sechs Paolo; dafür
wollte er früh um neun Uhr kommen und den Abend
mit Sonnenuntergange fort gehen; und machte gewal¬
tige Extrafoderungen, als er bis nach der Komödie
bleiben sollte, da ich in der winkligen Stadt meine
Auberge in der Nacht nicht leicht wieder zu finden
glaubte. Er pflanzte sich im Parterre neben mich und
unterhielt mich mit seinen Impertinenzen; und dafür
musste ich ihm die Entree bezahlen und zwey Paolo
Nachschuss für die Nachtstunden. Die Barbiere brin¬
gen jederzeit einen Bedienten mit, eine Art von Lehr¬
ling, der das Becken trägt und das Bartscheren von
dem grossen Meister lernen soll. Nun ist das Becken
zwar in der That so geräumig, dass man bequem ei¬
nige Ferkel darin abbrühen könnte, und man wun¬
dert sich nicht mehr so sehr, dass die erhitzte Phan¬
tasie Don Quischotts so etwas für einen Helm ansah.
Hast Du den Herrn recht gut bezahlt, so kommt der
Junge, der die Serviette und den Seifenlappen in Ord¬
nung gelegt hat und fodert etwas della bona mano,
della bona grazia, und macht zu einer Kleinigkeit
kein sehr freundliches Gesicht. Mein Bart hat mich
bey den Leuten schon verzweifelt viel gekostet, und

Von Leipzig bis hierher habe ich keinen Ort ge¬
funden, wo es so theuer wäre wie in Ankona; selbst
nicht das theure Triest. Ich habe hier täglich im
Wirthshause einen Kaiserdukaten bezahlen müssen,
und war für dieses Geld schlecht genug bewirthet.
Man schiebt noch alles auf den Krieg und auf die
Belagerung; das mag den Aubergisten sehr gut zu
Statten kommen. Alles war voll Impertinenz. Dem
Lohnbedienten zahlte ich täglich sechs Paolo; dafür
wollte er früh um neun Uhr kommen und den Abend
mit Sonnenuntergange fort gehen; und machte gewal¬
tige Extrafoderungen, als er bis nach der Komödie
bleiben sollte, da ich in der winkligen Stadt meine
Auberge in der Nacht nicht leicht wieder zu finden
glaubte. Er pflanzte sich im Parterre neben mich und
unterhielt mich mit seinen Impertinenzen; und dafür
muſste ich ihm die Entree bezahlen und zwey Paolo
Nachschuſs für die Nachtstunden. Die Barbiere brin¬
gen jederzeit einen Bedienten mit, eine Art von Lehr¬
ling, der das Becken trägt und das Bartscheren von
dem groſsen Meister lernen soll. Nun ist das Becken
zwar in der That so geräumig, daſs man bequem ei¬
nige Ferkel darin abbrühen könnte, und man wun¬
dert sich nicht mehr so sehr, daſs die erhitzte Phan¬
tasie Don Quischotts so etwas für einen Helm ansah.
Hast Du den Herrn recht gut bezahlt, so kommt der
Junge, der die Serviette und den Seifenlappen in Ord¬
nung gelegt hat und fodert etwas della bona mano,
della bona grazia, und macht zu einer Kleinigkeit
kein sehr freundliches Gesicht. Mein Bart hat mich
bey den Leuten schon verzweifelt viel gekostet, und

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[132/0158] Von Leipzig bis hierher habe ich keinen Ort ge¬ funden, wo es so theuer wäre wie in Ankona; selbst nicht das theure Triest. Ich habe hier täglich im Wirthshause einen Kaiserdukaten bezahlen müssen, und war für dieses Geld schlecht genug bewirthet. Man schiebt noch alles auf den Krieg und auf die Belagerung; das mag den Aubergisten sehr gut zu Statten kommen. Alles war voll Impertinenz. Dem Lohnbedienten zahlte ich täglich sechs Paolo; dafür wollte er früh um neun Uhr kommen und den Abend mit Sonnenuntergange fort gehen; und machte gewal¬ tige Extrafoderungen, als er bis nach der Komödie bleiben sollte, da ich in der winkligen Stadt meine Auberge in der Nacht nicht leicht wieder zu finden glaubte. Er pflanzte sich im Parterre neben mich und unterhielt mich mit seinen Impertinenzen; und dafür muſste ich ihm die Entree bezahlen und zwey Paolo Nachschuſs für die Nachtstunden. Die Barbiere brin¬ gen jederzeit einen Bedienten mit, eine Art von Lehr¬ ling, der das Becken trägt und das Bartscheren von dem groſsen Meister lernen soll. Nun ist das Becken zwar in der That so geräumig, daſs man bequem ei¬ nige Ferkel darin abbrühen könnte, und man wun¬ dert sich nicht mehr so sehr, daſs die erhitzte Phan¬ tasie Don Quischotts so etwas für einen Helm ansah. Hast Du den Herrn recht gut bezahlt, so kommt der Junge, der die Serviette und den Seifenlappen in Ord¬ nung gelegt hat und fodert etwas della bona mano, della bona grazia, und macht zu einer Kleinigkeit kein sehr freundliches Gesicht. Mein Bart hat mich bey den Leuten schon verzweifelt viel gekostet, und

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/158>, abgerufen am 29.11.2024.