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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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Bocksgesicht setzte sich hinter mich, um von seinem
Attribut der Klystierspritze Gebrauch zu machen.
Stelle Dir das donnernde Gelächter von halb Imola
vor, als ich den Klystierspritzenkerl mit einer Schwen¬
kung vollends umrannte, meinen Knotenstock komisch
nach ihm hin schwang und meine Personalität etwas
aus dem Gedränge zu Tage förderte. Zum Unglück
muss ich Dir sagen, dass mein Bart wirklich über drey
Tage lang war und dass ich von den dortigen rothen
Weinen, an die ich nicht gewöhnt war, mich in ei¬
ner Art von Hartleibigkeit befand. Die Menge zer¬
streute sich lachend, und ein ziemlich wohl gekleide¬
ter Mann ohne Maske, den ich nach einem Gasthof
fragte, brachte mich durch einige Strassen in die Höl¬
le, Nummer Fünfe. Das war nun freylich kein er¬
baulicher Name; indessen ich war ziemlich müde und
wollte in meinen Pontifikalibus nicht noch einmahl
durch das Getümmel laufen um ein besseres Wirths¬
haus zu suchen; also blieb ich Nummer Fünfe in der
Hölle. Nachdem ich meinen Sack abgelegt hatte,
wandelte ich wieder vor zu dem Haufen; und nun
muss ich den Farcenspielern die Gerechtigkeit wider¬
fahren lassen, dass sie sich, so weit es ihr Charakter
erlaubte, ganz ordentlich und anständig betrugen. Ein
entsetzlich zudringlicher Cicerone, der mich in drey
verschiedenen Sprachen, in der deutschen, französi¬
schen und italiänischen, anredete, verliess mich mit
seiner Dienstfertigkeit nicht eher, als bis einige fran¬
zösische Officiere mich von ihm retteten und mit mir
in ein nahes Kaffeehaus gingen. Vor diesem Hause
war der beste Tummelplatz der Maskierten, die in

Bocksgesicht setzte sich hinter mich, um von seinem
Attribut der Klystierspritze Gebrauch zu machen.
Stelle Dir das donnernde Gelächter von halb Imola
vor, als ich den Klystierspritzenkerl mit einer Schwen¬
kung vollends umrannte, meinen Knotenstock komisch
nach ihm hin schwang und meine Personalität etwas
aus dem Gedränge zu Tage förderte. Zum Unglück
muſs ich Dir sagen, daſs mein Bart wirklich über drey
Tage lang war und daſs ich von den dortigen rothen
Weinen, an die ich nicht gewöhnt war, mich in ei¬
ner Art von Hartleibigkeit befand. Die Menge zer¬
streute sich lachend, und ein ziemlich wohl gekleide¬
ter Mann ohne Maske, den ich nach einem Gasthof
fragte, brachte mich durch einige Straſsen in die Höl¬
le, Nummer Fünfe. Das war nun freylich kein er¬
baulicher Name; indessen ich war ziemlich müde und
wollte in meinen Pontifikalibus nicht noch einmahl
durch das Getümmel laufen um ein besseres Wirths¬
haus zu suchen; also blieb ich Nummer Fünfe in der
Hölle. Nachdem ich meinen Sack abgelegt hatte,
wandelte ich wieder vor zu dem Haufen; und nun
muſs ich den Farcenspielern die Gerechtigkeit wider¬
fahren lassen, daſs sie sich, so weit es ihr Charakter
erlaubte, ganz ordentlich und anständig betrugen. Ein
entsetzlich zudringlicher Cicerone, der mich in drey
verschiedenen Sprachen, in der deutschen, französi¬
schen und italiänischen, anredete, verlieſs mich mit
seiner Dienstfertigkeit nicht eher, als bis einige fran¬
zösische Officiere mich von ihm retteten und mit mir
in ein nahes Kaffeehaus gingen. Vor diesem Hause
war der beste Tummelplatz der Maskierten, die in

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[120/0146] Bocksgesicht setzte sich hinter mich, um von seinem Attribut der Klystierspritze Gebrauch zu machen. Stelle Dir das donnernde Gelächter von halb Imola vor, als ich den Klystierspritzenkerl mit einer Schwen¬ kung vollends umrannte, meinen Knotenstock komisch nach ihm hin schwang und meine Personalität etwas aus dem Gedränge zu Tage förderte. Zum Unglück muſs ich Dir sagen, daſs mein Bart wirklich über drey Tage lang war und daſs ich von den dortigen rothen Weinen, an die ich nicht gewöhnt war, mich in ei¬ ner Art von Hartleibigkeit befand. Die Menge zer¬ streute sich lachend, und ein ziemlich wohl gekleide¬ ter Mann ohne Maske, den ich nach einem Gasthof fragte, brachte mich durch einige Straſsen in die Höl¬ le, Nummer Fünfe. Das war nun freylich kein er¬ baulicher Name; indessen ich war ziemlich müde und wollte in meinen Pontifikalibus nicht noch einmahl durch das Getümmel laufen um ein besseres Wirths¬ haus zu suchen; also blieb ich Nummer Fünfe in der Hölle. Nachdem ich meinen Sack abgelegt hatte, wandelte ich wieder vor zu dem Haufen; und nun muſs ich den Farcenspielern die Gerechtigkeit wider¬ fahren lassen, daſs sie sich, so weit es ihr Charakter erlaubte, ganz ordentlich und anständig betrugen. Ein entsetzlich zudringlicher Cicerone, der mich in drey verschiedenen Sprachen, in der deutschen, französi¬ schen und italiänischen, anredete, verlieſs mich mit seiner Dienstfertigkeit nicht eher, als bis einige fran¬ zösische Officiere mich von ihm retteten und mit mir in ein nahes Kaffeehaus gingen. Vor diesem Hause war der beste Tummelplatz der Maskierten, die in

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/146>, abgerufen am 28.11.2024.