dem Champagner ähnlich war und also meinen Bey¬ fall hatte. Bey diesem Weine und der guten Mahl¬ zeit schien der Kriegskommissär ganz eigentlich in sei¬ nem rechten Elemente zu seyn: das ist ihm nun frey¬ lich nicht übel zu nehmen; denn ich befand mich nach einer solchen Fahrt dabey auch ganz behaglich.
Den andern Mittag langten wir hier in der alten päpstlichen Stadt Bologna an, wo man zuerst wieder nach meinem Passe fragte. Mit mir Fremden nahm man es nicht so strenge, als mit meinem Kameraden dem Kommissär, der aus der Gegend von Parma war, und der ein förmliches Kandidatenexamen aushalten musste. Auf der Polizey, wo ich den Pass signieren lassen musste, war man eben so artig und höflich als an dem Gränzflusse. Hier in Bologna fand ich über¬ all eine exemplarische Unreinlichkeit, die an Schwei¬ nerey gränzt: und wenn man der häuslichen Nettig¬ keit der Italiäner überhaupt kein grosses Lob geben kann, so haben die Leute in Bologna den grössten Schmutz aufzuweisen. Ausser dem Stolz auf ihr altes Felsine, behaupten die Bologneser noch, dass ihre Stadt so gross sey wie Rom. Daran thun sie nun frey¬ lich etwas zu viel; wenn man aber auf den Thurm steigt und sich rings umher umschaut, so wird man den Raum doch gross genug finden, um in eine solche Versuchung zu gerathen, zumahl wenn man etwas patriotisch ist. Der Hauptplatz mit der daran stossenden Kathedrale, und dem Gemeinehause rechts und den grossen schönen Kaufmannshallen links, macht keine üble Wirkung. Der Neptun mitten auf demsel¬ ben, von Jean de Bologna, hat als Statüe wohl seine
dem Champagner ähnlich war und also meinen Bey¬ fall hatte. Bey diesem Weine und der guten Mahl¬ zeit schien der Kriegskommissär ganz eigentlich in sei¬ nem rechten Elemente zu seyn: das ist ihm nun frey¬ lich nicht übel zu nehmen; denn ich befand mich nach einer solchen Fahrt dabey auch ganz behaglich.
Den andern Mittag langten wir hier in der alten päpstlichen Stadt Bologna an, wo man zuerst wieder nach meinem Passe fragte. Mit mir Fremden nahm man es nicht so strenge, als mit meinem Kameraden dem Kommissär, der aus der Gegend von Parma war, und der ein förmliches Kandidatenexamen aushalten muſste. Auf der Polizey, wo ich den Paſs signieren lassen muſste, war man eben so artig und höflich als an dem Gränzflusse. Hier in Bologna fand ich über¬ all eine exemplarische Unreinlichkeit, die an Schwei¬ nerey gränzt: und wenn man der häuslichen Nettig¬ keit der Italiäner überhaupt kein groſses Lob geben kann, so haben die Leute in Bologna den gröſsten Schmutz aufzuweisen. Auſser dem Stolz auf ihr altes Felsine, behaupten die Bologneser noch, daſs ihre Stadt so groſs sey wie Rom. Daran thun sie nun frey¬ lich etwas zu viel; wenn man aber auf den Thurm steigt und sich rings umher umschaut, so wird man den Raum doch groſs genug finden, um in eine solche Versuchung zu gerathen, zumahl wenn man etwas patriotisch ist. Der Hauptplatz mit der daran stoſsenden Kathedrale, und dem Gemeinehause rechts und den groſsen schönen Kaufmannshallen links, macht keine üble Wirkung. Der Neptun mitten auf demsel¬ ben, von Jean de Bologna, hat als Statüe wohl seine
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dem Champagner ähnlich war und also meinen Bey¬
fall hatte. Bey diesem Weine und der guten Mahl¬
zeit schien der Kriegskommissär ganz eigentlich in sei¬
nem rechten Elemente zu seyn: das ist ihm nun frey¬
lich nicht übel zu nehmen; denn ich befand mich
nach einer solchen Fahrt dabey auch ganz behaglich.
Den andern Mittag langten wir hier in der alten
päpstlichen Stadt Bologna an, wo man zuerst wieder
nach meinem Passe fragte. Mit mir Fremden nahm
man es nicht so strenge, als mit meinem Kameraden
dem Kommissär, der aus der Gegend von Parma war,
und der ein förmliches Kandidatenexamen aushalten
muſste. Auf der Polizey, wo ich den Paſs signieren
lassen muſste, war man eben so artig und höflich als
an dem Gränzflusse. Hier in Bologna fand ich über¬
all eine exemplarische Unreinlichkeit, die an Schwei¬
nerey gränzt: und wenn man der häuslichen Nettig¬
keit der Italiäner überhaupt kein groſses Lob geben
kann, so haben die Leute in Bologna den gröſsten
Schmutz aufzuweisen. Auſser dem Stolz auf ihr altes
Felsine, behaupten die Bologneser noch, daſs ihre
Stadt so groſs sey wie Rom. Daran thun sie nun frey¬
lich etwas zu viel; wenn man aber auf den Thurm
steigt und sich rings umher umschaut, so wird man
den Raum doch groſs genug finden, um in eine
solche Versuchung zu gerathen, zumahl wenn man
etwas patriotisch ist. Der Hauptplatz mit der daran
stoſsenden Kathedrale, und dem Gemeinehause rechts
und den groſsen schönen Kaufmannshallen links, macht
keine üble Wirkung. Der Neptun mitten auf demsel¬
ben, von Jean de Bologna, hat als Statüe wohl seine
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/142>, abgerufen am 28.11.2024.
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