nen der Himmel noch zehen Jahre einen so gedeihli¬ chen Krieg bescheren möchte; dann sollte ihr Triest eine Stadt werden, die mit den besten in Reihe und Glied treten könnte. Dabey haben die guten kauf¬ männischen Seelen gar nichts arges; schlagt euch todt, nur bezahlt vorher unsere Sardellen und türkischen Tücher. Das neue Schauspielhaus ist das beste, das ich bis jetzt auf meinem Wege gesehen habe. Gestern gab man auf demselben Theodoro Re di Corsica, wel¬ ches ein Lieblingsstück der Triester zu seyn scheint. Die Dekoration, vorzüglich die Parthie Rialto in Ve¬ nedig, war sehr brav. Es wäre aber auch unverzeihlich, wenn die reichen Nachbarn, die es noch dazu auf Unkosten der Herren von Sankt Markus sind, so etwas nicht ausgezeichnet haben wollten. Man sang recht gut, und durchaus besser als in Wien. Vorzüglich zeichneten sich durch Gesang und Spiel aus die Toch¬ ter des Wirths und der Kammerherr des Theodor. Die Logen sind alle schon durch Aktien von den Kaufleu¬ ten genommen und ein Fremder muss sich auf ihre Höflichkeit verlassen, welches nicht immer angenehm seyn mag. Die Herren haben die Logen gekauft, be¬ zahlen aber noch jederzeit die Entree; eine eigene Art des Geldstolzes. Der Patriotismus könnte wohl eine etwas humanere Art finden die Kunst zu unter¬ stützen. Der Fremde, der doch wohl zu weilen Ursache haben kann im Publikum isoliert zu seyn, ist sehr wenig dabey berücksichtiget worden. Hier hörte ich zuerst den betäubenden Lärm in den italiänischen Theatern. Man bedient sich des Schauspiels zu Rendes¬ vous, zu Konversationen, zur Börse, und wer weiss
nen der Himmel noch zehen Jahre einen so gedeihli¬ chen Krieg bescheren möchte; dann sollte ihr Triest eine Stadt werden, die mit den besten in Reihe und Glied treten könnte. Dabey haben die guten kauf¬ männischen Seelen gar nichts arges; schlagt euch todt, nur bezahlt vorher unsere Sardellen und türkischen Tücher. Das neue Schauspielhaus ist das beste, das ich bis jetzt auf meinem Wege gesehen habe. Gestern gab man auf demselben Theodoro Re di Corsica, wel¬ ches ein Lieblingsstück der Triester zu seyn scheint. Die Dekoration, vorzüglich die Parthie Rialto in Ve¬ nedig, war sehr brav. Es wäre aber auch unverzeihlich, wenn die reichen Nachbarn, die es noch dazu auf Unkosten der Herren von Sankt Markus sind, so etwas nicht ausgezeichnet haben wollten. Man sang recht gut, und durchaus besser als in Wien. Vorzüglich zeichneten sich durch Gesang und Spiel aus die Toch¬ ter des Wirths und der Kammerherr des Theodor. Die Logen sind alle schon durch Aktien von den Kaufleu¬ ten genommen und ein Fremder muſs sich auf ihre Höflichkeit verlassen, welches nicht immer angenehm seyn mag. Die Herren haben die Logen gekauft, be¬ zahlen aber noch jederzeit die Entree; eine eigene Art des Geldstolzes. Der Patriotismus könnte wohl eine etwas humanere Art finden die Kunst zu unter¬ stützen. Der Fremde, der doch wohl zu weilen Ursache haben kann im Publikum isoliert zu seyn, ist sehr wenig dabey berücksichtiget worden. Hier hörte ich zuerst den betäubenden Lärm in den italiänischen Theatern. Man bedient sich des Schauspiels zu Rendes¬ vous, zu Konversationen, zur Börse, und wer weiſs
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nen der Himmel noch zehen Jahre einen so gedeihli¬
chen Krieg bescheren möchte; dann sollte ihr Triest
eine Stadt werden, die mit den besten in Reihe und
Glied treten könnte. Dabey haben die guten kauf¬
männischen Seelen gar nichts arges; schlagt euch todt,
nur bezahlt vorher unsere Sardellen und türkischen
Tücher. Das neue Schauspielhaus ist das beste, das
ich bis jetzt auf meinem Wege gesehen habe. Gestern
gab man auf demselben Theodoro Re di Corsica, wel¬
ches ein Lieblingsstück der Triester zu seyn scheint.
Die Dekoration, vorzüglich die Parthie Rialto in Ve¬
nedig, war sehr brav. Es wäre aber auch unverzeihlich,
wenn die reichen Nachbarn, die es noch dazu auf
Unkosten der Herren von Sankt Markus sind, so etwas
nicht ausgezeichnet haben wollten. Man sang recht
gut, und durchaus besser als in Wien. Vorzüglich
zeichneten sich durch Gesang und Spiel aus die Toch¬
ter des Wirths und der Kammerherr des Theodor. Die
Logen sind alle schon durch Aktien von den Kaufleu¬
ten genommen und ein Fremder muſs sich auf ihre
Höflichkeit verlassen, welches nicht immer angenehm
seyn mag. Die Herren haben die Logen gekauft, be¬
zahlen aber noch jederzeit die Entree; eine eigene
Art des Geldstolzes. Der Patriotismus könnte wohl
eine etwas humanere Art finden die Kunst zu unter¬
stützen. Der Fremde, der doch wohl zu weilen Ursache
haben kann im Publikum isoliert zu seyn, ist sehr
wenig dabey berücksichtiget worden. Hier hörte ich
zuerst den betäubenden Lärm in den italiänischen
Theatern. Man bedient sich des Schauspiels zu Rendes¬
vous, zu Konversationen, zur Börse, und wer weiſs
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/109>, abgerufen am 25.11.2024.
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