hinein geworfen, und diese seyen dort in der Berg¬ schlucht wieder zum Vorschein gekommen.
Hier sitze ich nun in Prewald, einer sehr hohen Bergspitze gegen über und zittere vor Frost bis man mein Zimmer heitzt. Die Höhle zu Burg, einem Gute des Grafen Kobenzl, habe ich nicht gesehen. Es thut mir leid; sie ist wie bekannt vorzüglich. Mein Wirth in Adlersberg erzählte mir abenteuerliche Dinge da¬ von. Sie soll von dort vier Stunden bis nach Wippach gegangen seyn, sey aber jetzt durch ein Erdbeben sehr verschüttet. Küttner hat sie gesehen und den Eingang abgebildet. Das Land ist rund umher voll von der¬ gleichen Höhlen, und wäre wohl der Bereisung eines Geologen werth. Vor einigen Jahren bauete ein Land¬ mann Weitzen auf einem schönen Feldstriche am Ab¬ hange eines Berges und erntete sehr reichlich; als er für das künftige Jahr bestellen wollte, schoss der ganze Acker gegen zehn Klafter tief herab, und es fand sich dass ein unterirdischer Fluss unter demselben hin¬ gegangen war, und den Grund so ausgewaschen hatte, dass er einstürzen musste. Auch soll in einem See unweit Adlersberg eine noch ganz unbekannte Art von Eydechsen hausen, von der man erst seit kurzem den Naturkundigen einige Exemplare eingeschickt habe. Vor einigen Jahren soll sogar ein Bauer ein Kroko¬ dil geschossen haben. Das alles lasse ich indessen auf der Erzählung des Herrn Merk in Laybach beruhen, der mir jedoch ein sehr wahrhafter unterrichteter Mann zu seyn scheint.
hinein geworfen, und diese seyen dort in der Berg¬ schlucht wieder zum Vorschein gekommen.
Hier sitze ich nun in Prewald, einer sehr hohen Bergspitze gegen über und zittere vor Frost bis man mein Zimmer heitzt. Die Höhle zu Burg, einem Gute des Grafen Kobenzl, habe ich nicht gesehen. Es thut mir leid; sie ist wie bekannt vorzüglich. Mein Wirth in Adlersberg erzählte mir abenteuerliche Dinge da¬ von. Sie soll von dort vier Stunden bis nach Wippach gegangen seyn, sey aber jetzt durch ein Erdbeben sehr verschüttet. Küttner hat sie gesehen und den Eingang abgebildet. Das Land ist rund umher voll von der¬ gleichen Höhlen, und wäre wohl der Bereisung eines Geologen werth. Vor einigen Jahren bauete ein Land¬ mann Weitzen auf einem schönen Feldstriche am Ab¬ hange eines Berges und erntete sehr reichlich; als er für das künftige Jahr bestellen wollte, schoſs der ganze Acker gegen zehn Klafter tief herab, und es fand sich daſs ein unterirdischer Fluſs unter demselben hin¬ gegangen war, und den Grund so ausgewaschen hatte, daſs er einstürzen muſste. Auch soll in einem See unweit Adlersberg eine noch ganz unbekannte Art von Eydechsen hausen, von der man erst seit kurzem den Naturkundigen einige Exemplare eingeschickt habe. Vor einigen Jahren soll sogar ein Bauer ein Kroko¬ dil geschossen haben. Das alles lasse ich indessen auf der Erzählung des Herrn Merk in Laybach beruhen, der mir jedoch ein sehr wahrhafter unterrichteter Mann zu seyn scheint.
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hinein geworfen, und diese seyen dort in der Berg¬
schlucht wieder zum Vorschein gekommen.
Hier sitze ich nun in Prewald, einer sehr hohen
Bergspitze gegen über und zittere vor Frost bis man
mein Zimmer heitzt. Die Höhle zu Burg, einem Gute
des Grafen Kobenzl, habe ich nicht gesehen. Es thut
mir leid; sie ist wie bekannt vorzüglich. Mein Wirth
in Adlersberg erzählte mir abenteuerliche Dinge da¬
von. Sie soll von dort vier Stunden bis nach Wippach
gegangen seyn, sey aber jetzt durch ein Erdbeben sehr
verschüttet. Küttner hat sie gesehen und den Eingang
abgebildet. Das Land ist rund umher voll von der¬
gleichen Höhlen, und wäre wohl der Bereisung eines
Geologen werth. Vor einigen Jahren bauete ein Land¬
mann Weitzen auf einem schönen Feldstriche am Ab¬
hange eines Berges und erntete sehr reichlich; als er
für das künftige Jahr bestellen wollte, schoſs der ganze
Acker gegen zehn Klafter tief herab, und es fand
sich daſs ein unterirdischer Fluſs unter demselben hin¬
gegangen war, und den Grund so ausgewaschen hatte,
daſs er einstürzen muſste. Auch soll in einem See
unweit Adlersberg eine noch ganz unbekannte Art von
Eydechsen hausen, von der man erst seit kurzem den
Naturkundigen einige Exemplare eingeschickt habe.
Vor einigen Jahren soll sogar ein Bauer ein Kroko¬
dil geschossen haben. Das alles lasse ich indessen auf
der Erzählung des Herrn Merk in Laybach beruhen,
der mir jedoch ein sehr wahrhafter unterrichteter
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/102>, abgerufen am 28.11.2024.
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