Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.Küste von Singapore nach Shanghai hinauf geöffnet wurden, welche den Verkehr zwischen den zwei grössten handeltreibenden Nationen der Erde direkt vermittelten; da verlor Manila seine Anziehungskraft als Stapelplatz für die asiatischen Waaren gänzlich. Was in früheren Zeiten vielleicht für die ganze Colonie ein grosses Unglück gewesen wäre, konnte jetzt nur segensreiche Erfolge haben; denn nun wurde die hauptsächlich von den Fremden entwickelte Energie im Handel der nächste Anlass zur raschen Ausbildung der natürlichen in dem überreichen Boden dieser Inseln liegenden Hülfsquellen des Landes selbst. Auch fanden sich die Bewohner der Provinzen zur Steigerung ihrer Thätigkeit hinreichend vorbereitet. Langes Zusammenleben mit den Europäern, mit denen sie sich theilweise zu Mischlingsracen verbunden hatten, und der allerdings oft unterbrochene Verkehr mit den Chinesen, diesen Engländern des Ostens, hatte den Eingebornen allmälig grössere Bedürfnisse eingeimpft, als sie im Anfang gehabt hatten. Der grosse Luxus im Bau der europäischen Häuser, die Pracht, welche die einzelnen Dorfschaften bei ihren festlichen Aufzügen und in der Kirche zu entfalten suchten, die immer mehr zunehmende Neigung zu prächtigen Gewändern und glänzendem Schmuck--alle diese und noch manche andere Ursachen steigerten die Bedürfnisse der Bewohner und erhöhten allmälig auch wohl ihre Arbeitskraft. Auf der andern Seite hatten von jeher die Regierung oder vielmehr die einzelnen Beamten des Landes die Thätigkeit ihrer Untergebenen künstlich zu erhöhen versucht. Ein jeder tributpflichtige männliche Bewohner wurde gezwungen, alljährlich 40 Tage im Dienste der Regierung zu opfern; es wurden diese sogenannten "polistas" zum Bau der öffentlichen Strassen und Brücken, der Tribunale und andern Regierungsgebäude verwendet. Der Bau des Tabacks und Handel mit demselben, ursprünglich gänzlich frei, wurde 1782 Monopol der Regierung, die die Anpflanzung desselben in einigen Provinzen untersagte, in anderen dagegen mit solchem Eifer betrieb, dass den Bewohnern dieser Provinzen fast zu gar keiner anderen Beschäftigung mehr Zeit blieb. Trotz des scheinbar Gehässigen solcher Zwangsmassregeln haben doch diese Tabacksprovinzen sich zu grossem Reichthum emporgeschwungen, der sich namentlich in ihren oft mit europäischem Luxus ausgestatteten Tribunalen6 zu erkennen Küste von Singapore nach Shanghai hinauf geöffnet wurden, welche den Verkehr zwischen den zwei grössten handeltreibenden Nationen der Erde direkt vermittelten; da verlor Manila seine Anziehungskraft als Stapelplatz für die asiatischen Waaren gänzlich. Was in früheren Zeiten vielleicht für die ganze Colonie ein grosses Unglück gewesen wäre, konnte jetzt nur segensreiche Erfolge haben; denn nun wurde die hauptsächlich von den Fremden entwickelte Energie im Handel der nächste Anlass zur raschen Ausbildung der natürlichen in dem überreichen Boden dieser Inseln liegenden Hülfsquellen des Landes selbst. Auch fanden sich die Bewohner der Provinzen zur Steigerung ihrer Thätigkeit hinreichend vorbereitet. Langes Zusammenleben mit den Europäern, mit denen sie sich theilweise zu Mischlingsracen verbunden hatten, und der allerdings oft unterbrochene Verkehr mit den Chinesen, diesen Engländern des Ostens, hatte den Eingebornen allmälig grössere Bedürfnisse eingeimpft, als sie im Anfang gehabt hatten. Der grosse Luxus im Bau der europäischen Häuser, die Pracht, welche die einzelnen Dorfschaften bei ihren festlichen Aufzügen und in der Kirche zu entfalten suchten, die immer mehr zunehmende Neigung zu prächtigen Gewändern und glänzendem Schmuck—alle diese und noch manche andere Ursachen steigerten die Bedürfnisse der Bewohner und erhöhten allmälig auch wohl ihre Arbeitskraft. Auf der andern Seite hatten von jeher die Regierung oder vielmehr die einzelnen Beamten des Landes die Thätigkeit ihrer Untergebenen künstlich zu erhöhen versucht. Ein jeder tributpflichtige männliche Bewohner wurde gezwungen, alljährlich 40 Tage im Dienste der Regierung zu opfern; es wurden diese sogenannten “polistas” zum Bau der öffentlichen Strassen und Brücken, der Tribunale und andern Regierungsgebäude verwendet. Der Bau des Tabacks und Handel mit demselben, ursprünglich gänzlich frei, wurde 1782 Monopol der Regierung, die die Anpflanzung desselben in einigen Provinzen untersagte, in anderen dagegen mit solchem Eifer betrieb, dass den Bewohnern dieser Provinzen fast zu gar keiner anderen Beschäftigung mehr Zeit blieb. 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Langes Zusammenleben mit den Europäern, mit denen sie sich theilweise zu Mischlingsracen verbunden hatten, und der allerdings oft unterbrochene Verkehr mit den Chinesen, diesen Engländern des Ostens, hatte den Eingebornen allmälig grössere Bedürfnisse eingeimpft, als sie im Anfang gehabt hatten. Der grosse Luxus im Bau der europäischen Häuser, die Pracht, welche die einzelnen Dorfschaften bei ihren festlichen Aufzügen und in der Kirche zu entfalten suchten, die immer mehr zunehmende Neigung zu prächtigen Gewändern und glänzendem Schmuck—alle diese und noch manche andere Ursachen steigerten die Bedürfnisse der Bewohner und erhöhten allmälig auch wohl ihre Arbeitskraft. Auf der andern Seite hatten von jeher die Regierung oder vielmehr die einzelnen Beamten des Landes die Thätigkeit ihrer Untergebenen künstlich zu erhöhen versucht. Ein jeder tributpflichtige männliche Bewohner wurde gezwungen, alljährlich 40 Tage im Dienste der Regierung zu opfern; es wurden diese sogenannten “polistas” zum Bau der öffentlichen Strassen und Brücken, der Tribunale und andern Regierungsgebäude verwendet. Der Bau des Tabacks und Handel mit demselben, ursprünglich gänzlich frei, wurde 1782 Monopol der Regierung, die die Anpflanzung desselben in einigen Provinzen untersagte, in anderen dagegen mit solchem Eifer betrieb, dass den Bewohnern dieser Provinzen fast zu gar keiner anderen Beschäftigung mehr Zeit blieb. Trotz des scheinbar Gehässigen solcher Zwangsmassregeln haben doch diese Tabacksprovinzen sich zu grossem Reichthum emporgeschwungen, der sich namentlich in ihren oft mit europäischem Luxus ausgestatteten Tribunalen<note xml:id="n6.6-sign" n="6" place="end" next="n6.6"/> zu erkennen </p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0089]
Küste von Singapore nach Shanghai hinauf geöffnet wurden, welche den Verkehr zwischen den zwei grössten handeltreibenden Nationen der Erde direkt vermittelten; da verlor Manila seine Anziehungskraft als Stapelplatz für die asiatischen Waaren gänzlich. Was in früheren Zeiten vielleicht für die ganze Colonie ein grosses Unglück gewesen wäre, konnte jetzt nur segensreiche Erfolge haben; denn nun wurde die hauptsächlich von den Fremden entwickelte Energie im Handel der nächste Anlass zur raschen Ausbildung der natürlichen in dem überreichen Boden dieser Inseln liegenden Hülfsquellen des Landes selbst. Auch fanden sich die Bewohner der Provinzen zur Steigerung ihrer Thätigkeit hinreichend vorbereitet. Langes Zusammenleben mit den Europäern, mit denen sie sich theilweise zu Mischlingsracen verbunden hatten, und der allerdings oft unterbrochene Verkehr mit den Chinesen, diesen Engländern des Ostens, hatte den Eingebornen allmälig grössere Bedürfnisse eingeimpft, als sie im Anfang gehabt hatten. Der grosse Luxus im Bau der europäischen Häuser, die Pracht, welche die einzelnen Dorfschaften bei ihren festlichen Aufzügen und in der Kirche zu entfalten suchten, die immer mehr zunehmende Neigung zu prächtigen Gewändern und glänzendem Schmuck—alle diese und noch manche andere Ursachen steigerten die Bedürfnisse der Bewohner und erhöhten allmälig auch wohl ihre Arbeitskraft. Auf der andern Seite hatten von jeher die Regierung oder vielmehr die einzelnen Beamten des Landes die Thätigkeit ihrer Untergebenen künstlich zu erhöhen versucht. Ein jeder tributpflichtige männliche Bewohner wurde gezwungen, alljährlich 40 Tage im Dienste der Regierung zu opfern; es wurden diese sogenannten “polistas” zum Bau der öffentlichen Strassen und Brücken, der Tribunale und andern Regierungsgebäude verwendet. Der Bau des Tabacks und Handel mit demselben, ursprünglich gänzlich frei, wurde 1782 Monopol der Regierung, die die Anpflanzung desselben in einigen Provinzen untersagte, in anderen dagegen mit solchem Eifer betrieb, dass den Bewohnern dieser Provinzen fast zu gar keiner anderen Beschäftigung mehr Zeit blieb. Trotz des scheinbar Gehässigen solcher Zwangsmassregeln haben doch diese Tabacksprovinzen sich zu grossem Reichthum emporgeschwungen, der sich namentlich in ihren oft mit europäischem Luxus ausgestatteten Tribunalen
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