Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.bald in den einzelnen Dörfern dieselbe Stellung, welche vor ihnen der Lehnsherr, noch früher aber der "Datto" eingenommen hatte. Auch hinter ihnen stand immer die militairische Macht der Regierung, um deren Politik sich der Eingeborne wenig kümmerte, deren Strenge aber manches Dorf kennen lernte, wenn es sich gegen die zu harte Bedrückung von Seiten seiner neuen Herren in Kutte und Talar auflehnte. Auch die altgewohnte rein persönliche Seite des Verkehres zwischen dem Herrn und Diener fehlte nicht. Den Bau eines Conventes oder einer Kirche, oder selbst jede im Dorfe vorgenommene Arbeit sahen die Bewohner wie einen persönlich dem Priester geleisteten Dienst an; und sie arbeiteten willig für ihn, da der Glanz, welcher sich durch die Zahl seiner Diener, die Pracht seiner Wohnung und seiner Messgewänder, den Luxus seiner Gelage über ihr Dorf verbreitete, ihren Ehrgeiz vollständig befriedigte. Nicht selten sind die Fälle, in denen ein Priester seinen "sacopes" im Kampf wirklich voranging. Wie früher den "bagani" im kriegerischen Kleide, so liessen sich nun die Bewohner den "Datto" im farbigen Messgewand gerne gefallen. So wurde, unbewusst oder bewusst, jedenfalls in glücklicher Weise das alte einheimische Clanwesen der Heiden zur Basis der jetzt herrschenden christlichen bürgerlichen Ordnung gemacht. bald in den einzelnen Dörfern dieselbe Stellung, welche vor ihnen der Lehnsherr, noch früher aber der “Datto” eingenommen hatte. Auch hinter ihnen stand immer die militairische Macht der Regierung, um deren Politik sich der Eingeborne wenig kümmerte, deren Strenge aber manches Dorf kennen lernte, wenn es sich gegen die zu harte Bedrückung von Seiten seiner neuen Herren in Kutte und Talar auflehnte. Auch die altgewohnte rein persönliche Seite des Verkehres zwischen dem Herrn und Diener fehlte nicht. Den Bau eines Conventes oder einer Kirche, oder selbst jede im Dorfe vorgenommene Arbeit sahen die Bewohner wie einen persönlich dem Priester geleisteten Dienst an; und sie arbeiteten willig für ihn, da der Glanz, welcher sich durch die Zahl seiner Diener, die Pracht seiner Wohnung und seiner Messgewänder, den Luxus seiner Gelage über ihr Dorf verbreitete, ihren Ehrgeiz vollständig befriedigte. Nicht selten sind die Fälle, in denen ein Priester seinen “sacopes” im Kampf wirklich voranging. Wie früher den “bagani” im kriegerischen Kleide, so liessen sich nun die Bewohner den “Datto” im farbigen Messgewand gerne gefallen. So wurde, unbewusst oder bewusst, jedenfalls in glücklicher Weise das alte einheimische Clanwesen der Heiden zur Basis der jetzt herrschenden christlichen bürgerlichen Ordnung gemacht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0078" n="78"/> bald in den einzelnen Dörfern dieselbe Stellung, welche vor ihnen der Lehnsherr, noch früher aber der “Datto” eingenommen hatte. Auch hinter ihnen stand immer die militairische Macht der Regierung, um deren Politik sich der Eingeborne wenig kümmerte, deren Strenge aber manches Dorf kennen lernte, wenn es sich gegen die zu harte Bedrückung von Seiten seiner neuen Herren in Kutte und Talar auflehnte. Auch die altgewohnte rein persönliche Seite des Verkehres zwischen dem Herrn und Diener fehlte nicht. Den Bau eines Conventes oder einer Kirche, oder selbst jede im Dorfe vorgenommene Arbeit sahen die Bewohner wie einen persönlich dem Priester geleisteten Dienst an; und sie arbeiteten willig für ihn, da der Glanz, welcher sich durch die Zahl seiner Diener, die Pracht seiner Wohnung und seiner Messgewänder, den Luxus seiner Gelage über ihr Dorf verbreitete, ihren Ehrgeiz vollständig befriedigte. Nicht selten sind die Fälle, in denen ein Priester seinen “sacopes” im Kampf wirklich voranging. Wie früher den “bagani” im kriegerischen Kleide, so liessen sich nun die Bewohner den “Datto” im farbigen Messgewand gerne gefallen. So wurde, unbewusst oder bewusst, jedenfalls in glücklicher Weise das alte einheimische Clanwesen der Heiden zur Basis der jetzt herrschenden christlichen bürgerlichen Ordnung gemacht. </p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0078]
bald in den einzelnen Dörfern dieselbe Stellung, welche vor ihnen der Lehnsherr, noch früher aber der “Datto” eingenommen hatte. Auch hinter ihnen stand immer die militairische Macht der Regierung, um deren Politik sich der Eingeborne wenig kümmerte, deren Strenge aber manches Dorf kennen lernte, wenn es sich gegen die zu harte Bedrückung von Seiten seiner neuen Herren in Kutte und Talar auflehnte. Auch die altgewohnte rein persönliche Seite des Verkehres zwischen dem Herrn und Diener fehlte nicht. Den Bau eines Conventes oder einer Kirche, oder selbst jede im Dorfe vorgenommene Arbeit sahen die Bewohner wie einen persönlich dem Priester geleisteten Dienst an; und sie arbeiteten willig für ihn, da der Glanz, welcher sich durch die Zahl seiner Diener, die Pracht seiner Wohnung und seiner Messgewänder, den Luxus seiner Gelage über ihr Dorf verbreitete, ihren Ehrgeiz vollständig befriedigte. Nicht selten sind die Fälle, in denen ein Priester seinen “sacopes” im Kampf wirklich voranging. Wie früher den “bagani” im kriegerischen Kleide, so liessen sich nun die Bewohner den “Datto” im farbigen Messgewand gerne gefallen. So wurde, unbewusst oder bewusst, jedenfalls in glücklicher Weise das alte einheimische Clanwesen der Heiden zur Basis der jetzt herrschenden christlichen bürgerlichen Ordnung gemacht.
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Zitationshilfe: | Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/78>, abgerufen am 16.02.2025. |