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Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.

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heidnische Malaienstämme charakteristisch und wird auch noch von manchen christlichen Bewohnern der Philippinen geübt. Es besteht wesentlich in der primitivsten Bearbeitung des Bodens. Die grossen Waldbäume sowie das Unterholz werden umgehauen und dann, nach gehörigem Austrocknen durch die Sonnenwärme abgebrannt. Zwischen die Asche und die nur sehr flüchtig aufgewühlte Erde werden nun bald die einzelnen Reispflanzen in Büscheln ausgepflanzt oder auch selbst der Reis direct ausgesät. Manche der Körner oder Pflanzen gehen dabei natürlich zu Grunde; aber der Reis, der aufgeht und zur Reife kommt, gibt ihnen in diesen bevorzugten Gegenden nach mehreren an verschiedenen Orten vorgenommenen Zählungen das 250fache Korn. In wenig Jahren erschöpft sich dann der Boden dieses sogenannten "cainin", da sie weder Dünger einführen, noch mit den angebauten Früchten wechseln. Dann ziehen sie weiter, lassen sich auf dem ersten günstig aussehenden Platz nieder und beginnen die Arbeit des Umhauens und Säens von Neuem. Ihre Vorrathshäuser bauen sie auf Pfählen mitten in ihren Feldern. Es ist dieses System der "cainines" auch unter den Christen überall dort üblich, wo der dünngesäten Bevölkerung noch unbeschränkte Bodenfläche zum Anbau zur Verfügung steht; wo aber die Einwohner sich dichter drängen, da werden sie durch die Nothwendigkeit zu einem mehr sesshaften Leben und geregelterer Ausnützung derselben Grundstücke gezwungen. Es unterscheiden sich hierin die Christen durchaus nicht von ihren heidnischen Stammverwandten.

Was aber die Manobo's ganz besonders auszeichnet vor allen übrigen, mir aus eigener Anschauung bekannten philippinischen Stämmen, ist die Form ihres religiösen Aberglaubens. Auch sie huldigen im Wesentlichen dem gleichen Anitodienste, wie die Ygorrotes und Iraya's des Nordens; aber es tritt dieser Ahnencultus hier mehr in den Hintergrund gegen den Dienst, den sie anderen Göttern weihen. So halten sie den Donner für die Sprache des Blitzes, den sie in der Gestalt eines abentheuerlichen Thieres verehren; wenn der Blitz auf die Erde niederfährt und in die Bäume einschlägt, so soll das Thier nach ihrer Meinung mitunter einen seiner Zähne darin stecken lassen. Es sind alte, einer früheren Periode angehörige Steinbeile, die in ihrer Gestalt manchen der in unsern europäischen Pfahlbauten gefundenen ähnlich

heidnische Malaienstämme charakteristisch und wird auch noch von manchen christlichen Bewohnern der Philippinen geübt. Es besteht wesentlich in der primitivsten Bearbeitung des Bodens. Die grossen Waldbäume sowie das Unterholz werden umgehauen und dann, nach gehörigem Austrocknen durch die Sonnenwärme abgebrannt. Zwischen die Asche und die nur sehr flüchtig aufgewühlte Erde werden nun bald die einzelnen Reispflanzen in Büscheln ausgepflanzt oder auch selbst der Reis direct ausgesät. Manche der Körner oder Pflanzen gehen dabei natürlich zu Grunde; aber der Reis, der aufgeht und zur Reife kommt, gibt ihnen in diesen bevorzugten Gegenden nach mehreren an verschiedenen Orten vorgenommenen Zählungen das 250fache Korn. In wenig Jahren erschöpft sich dann der Boden dieses sogenannten “cainin”, da sie weder Dünger einführen, noch mit den angebauten Früchten wechseln. Dann ziehen sie weiter, lassen sich auf dem ersten günstig aussehenden Platz nieder und beginnen die Arbeit des Umhauens und Säens von Neuem. Ihre Vorrathshäuser bauen sie auf Pfählen mitten in ihren Feldern. Es ist dieses System der “cainines” auch unter den Christen überall dort üblich, wo der dünngesäten Bevölkerung noch unbeschränkte Bodenfläche zum Anbau zur Verfügung steht; wo aber die Einwohner sich dichter drängen, da werden sie durch die Nothwendigkeit zu einem mehr sesshaften Leben und geregelterer Ausnützung derselben Grundstücke gezwungen. Es unterscheiden sich hierin die Christen durchaus nicht von ihren heidnischen Stammverwandten.

Was aber die Manobo’s ganz besonders auszeichnet vor allen übrigen, mir aus eigener Anschauung bekannten philippinischen Stämmen, ist die Form ihres religiösen Aberglaubens. Auch sie huldigen im Wesentlichen dem gleichen Anitodienste, wie die Ygorrotes und Iraya’s des Nordens; aber es tritt dieser Ahnencultus hier mehr in den Hintergrund gegen den Dienst, den sie anderen Göttern weihen. So halten sie den Donner für die Sprache des Blitzes, den sie in der Gestalt eines abentheuerlichen Thieres verehren; wenn der Blitz auf die Erde niederfährt und in die Bäume einschlägt, so soll das Thier nach ihrer Meinung mitunter einen seiner Zähne darin stecken lassen. Es sind alte, einer früheren Periode angehörige Steinbeile, die in ihrer Gestalt manchen der in unsern europäischen Pfahlbauten gefundenen ähnlich

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                     verschiedenen Orten vorgenommenen Zählungen das 250fache Korn. In wenig
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                     anderen Göttern weihen. So halten sie den Donner für die Sprache des
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[64/0064] heidnische Malaienstämme charakteristisch und wird auch noch von manchen christlichen Bewohnern der Philippinen geübt. Es besteht wesentlich in der primitivsten Bearbeitung des Bodens. Die grossen Waldbäume sowie das Unterholz werden umgehauen und dann, nach gehörigem Austrocknen durch die Sonnenwärme abgebrannt. Zwischen die Asche und die nur sehr flüchtig aufgewühlte Erde werden nun bald die einzelnen Reispflanzen in Büscheln ausgepflanzt oder auch selbst der Reis direct ausgesät. Manche der Körner oder Pflanzen gehen dabei natürlich zu Grunde; aber der Reis, der aufgeht und zur Reife kommt, gibt ihnen in diesen bevorzugten Gegenden nach mehreren an verschiedenen Orten vorgenommenen Zählungen das 250fache Korn. In wenig Jahren erschöpft sich dann der Boden dieses sogenannten “cainin”, da sie weder Dünger einführen, noch mit den angebauten Früchten wechseln. Dann ziehen sie weiter, lassen sich auf dem ersten günstig aussehenden Platz nieder und beginnen die Arbeit des Umhauens und Säens von Neuem. Ihre Vorrathshäuser bauen sie auf Pfählen mitten in ihren Feldern. Es ist dieses System der “cainines” auch unter den Christen überall dort üblich, wo der dünngesäten Bevölkerung noch unbeschränkte Bodenfläche zum Anbau zur Verfügung steht; wo aber die Einwohner sich dichter drängen, da werden sie durch die Nothwendigkeit zu einem mehr sesshaften Leben und geregelterer Ausnützung derselben Grundstücke gezwungen. Es unterscheiden sich hierin die Christen durchaus nicht von ihren heidnischen Stammverwandten. Was aber die Manobo’s ganz besonders auszeichnet vor allen übrigen, mir aus eigener Anschauung bekannten philippinischen Stämmen, ist die Form ihres religiösen Aberglaubens. Auch sie huldigen im Wesentlichen dem gleichen Anitodienste, wie die Ygorrotes und Iraya’s des Nordens; aber es tritt dieser Ahnencultus hier mehr in den Hintergrund gegen den Dienst, den sie anderen Göttern weihen. So halten sie den Donner für die Sprache des Blitzes, den sie in der Gestalt eines abentheuerlichen Thieres verehren; wenn der Blitz auf die Erde niederfährt und in die Bäume einschlägt, so soll das Thier nach ihrer Meinung mitunter einen seiner Zähne darin stecken lassen. Es sind alte, einer früheren Periode angehörige Steinbeile, die in ihrer Gestalt manchen der in unsern europäischen Pfahlbauten gefundenen ähnlich

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Zitationshilfe: Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/64>, abgerufen am 22.11.2024.