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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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einer grossen Sterblichkeit in Verbindung bringe, sondern
desshalb, weil mir der Leser das, was ich von wohlerfahrenen
Assistenten sagen werde, glauben müsste, während er sich
überzeugen kann von dem, was ich von Dr. Spaeth erzähle.

Wer mit der geburtshilflichen Literatur vertraut ist, wird
wissen, dass Dr. Spaeth Arbeiten gemacht, bei welchen er
sich seine Hände mit zersetzten Stoffen verunreinigen musste;
als Gegner meiner Lehre setzte ich Zweifel in die strenge
Beaufsichtigung und strenge eigene Beobachtung der Chlor-
waschungen, dadurch ist die Möglichkeit von Infectionen ge-
geben, und was wir nur als möglich nachgewiesen, das erzählt
uns Chiari als wirklich geschehen. Nachdem Chiari erzählt,
wie zweimal in der Prager Gebärklinik für Aerzte dadurch
Puerperal-Epidemien ausgebrochen seien, dass die Genitalien
zweier Kreissen der gangraenös wurden, sagt er: "Und auch an
der hiesigen Klinik für Hebammen wurde in diesem Herbste
eine ähnliche Beobachtung gemacht, wie mir mein Freund
Dr. Spaeth vertraulich mittheilte." (Seite 150, Zeile 9.)

Wenn C. Braun sagt, dass an der Hebammenschule nicht
leicht eine Leicheninfection möglich sei, so hat ihm Dr. Zipfel
schon längst gründlich widerlegt.

C. Braun sagt, diese Thatsachen, nämlich die 7 % der
I. Klinik und die 12 % der II. Klinik trotz Chlorwaschungen,
mussten die Hypothese der cadaverösen Infection vollends er-
schüttern und ihn ermahnen, sich noch nach anderen aetio-
logischen Momenten umzusehen. C. Braun hat sich umgese-
hen und noch 29 aetiologische Momente des Kindbettfiebers
gefunden. Wir werden später Gelegenheit haben nachzuwei-
sen, dass die Mehrzahl dieser Momente gar keine aetiologischen
Momente des Kindbettfiebers sind, und die, welche wirklich
aetiologische Momente des Kindbettfiebers sind, sind es nur
dadurch, dass durch selbe entweder ein zersetzter Stoff im er-
griffenen Individuum entsteht, oder dadurch, dass durch selbe
ein zersetzter Stoff den Individuen von aussen eingebracht
wird.

einer grossen Sterblichkeit in Verbindung bringe, sondern
desshalb, weil mir der Leser das, was ich von wohlerfahrenen
Assistenten sagen werde, glauben müsste, während er sich
überzeugen kann von dem, was ich von Dr. Spaeth erzähle.

Wer mit der geburtshilflichen Literatur vertraut ist, wird
wissen, dass Dr. Spaeth Arbeiten gemacht, bei welchen er
sich seine Hände mit zersetzten Stoffen verunreinigen musste;
als Gegner meiner Lehre setzte ich Zweifel in die strenge
Beaufsichtigung und strenge eigene Beobachtung der Chlor-
waschungen, dadurch ist die Möglichkeit von Infectionen ge-
geben, und was wir nur als möglich nachgewiesen, das erzählt
uns Chiari als wirklich geschehen. Nachdem Chiari erzählt,
wie zweimal in der Prager Gebärklinik für Aerzte dadurch
Puerperal-Epidemien ausgebrochen seien, dass die Genitalien
zweier Kreissen der gangraenös wurden, sagt er: »Und auch an
der hiesigen Klinik für Hebammen wurde in diesem Herbste
eine ähnliche Beobachtung gemacht, wie mir mein Freund
Dr. Spaeth vertraulich mittheilte.« (Seite 150, Zeile 9.)

Wenn C. Braun sagt, dass an der Hebammenschule nicht
leicht eine Leicheninfection möglich sei, so hat ihm Dr. Zipfel
schon längst gründlich widerlegt.

C. Braun sagt, diese Thatsachen, nämlich die 7 % der
I. Klinik und die 12 % der II. Klinik trotz Chlorwaschungen,
mussten die Hypothese der cadaverösen Infection vollends er-
schüttern und ihn ermahnen, sich noch nach anderen aetio-
logischen Momenten umzusehen. C. Braun hat sich umgese-
hen und noch 29 aetiologische Momente des Kindbettfiebers
gefunden. Wir werden später Gelegenheit haben nachzuwei-
sen, dass die Mehrzahl dieser Momente gar keine aetiologischen
Momente des Kindbettfiebers sind, und die, welche wirklich
aetiologische Momente des Kindbettfiebers sind, sind es nur
dadurch, dass durch selbe entweder ein zersetzter Stoff im er-
griffenen Individuum entsteht, oder dadurch, dass durch selbe
ein zersetzter Stoff den Individuen von aussen eingebracht
wird.

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[496/0508] einer grossen Sterblichkeit in Verbindung bringe, sondern desshalb, weil mir der Leser das, was ich von wohlerfahrenen Assistenten sagen werde, glauben müsste, während er sich überzeugen kann von dem, was ich von Dr. Spaeth erzähle. Wer mit der geburtshilflichen Literatur vertraut ist, wird wissen, dass Dr. Spaeth Arbeiten gemacht, bei welchen er sich seine Hände mit zersetzten Stoffen verunreinigen musste; als Gegner meiner Lehre setzte ich Zweifel in die strenge Beaufsichtigung und strenge eigene Beobachtung der Chlor- waschungen, dadurch ist die Möglichkeit von Infectionen ge- geben, und was wir nur als möglich nachgewiesen, das erzählt uns Chiari als wirklich geschehen. Nachdem Chiari erzählt, wie zweimal in der Prager Gebärklinik für Aerzte dadurch Puerperal-Epidemien ausgebrochen seien, dass die Genitalien zweier Kreissen der gangraenös wurden, sagt er: »Und auch an der hiesigen Klinik für Hebammen wurde in diesem Herbste eine ähnliche Beobachtung gemacht, wie mir mein Freund Dr. Spaeth vertraulich mittheilte.« (Seite 150, Zeile 9.) Wenn C. Braun sagt, dass an der Hebammenschule nicht leicht eine Leicheninfection möglich sei, so hat ihm Dr. Zipfel schon längst gründlich widerlegt. C. Braun sagt, diese Thatsachen, nämlich die 7 % der I. Klinik und die 12 % der II. Klinik trotz Chlorwaschungen, mussten die Hypothese der cadaverösen Infection vollends er- schüttern und ihn ermahnen, sich noch nach anderen aetio- logischen Momenten umzusehen. C. Braun hat sich umgese- hen und noch 29 aetiologische Momente des Kindbettfiebers gefunden. Wir werden später Gelegenheit haben nachzuwei- sen, dass die Mehrzahl dieser Momente gar keine aetiologischen Momente des Kindbettfiebers sind, und die, welche wirklich aetiologische Momente des Kindbettfiebers sind, sind es nur dadurch, dass durch selbe entweder ein zersetzter Stoff im er- griffenen Individuum entsteht, oder dadurch, dass durch selbe ein zersetzter Stoff den Individuen von aussen eingebracht wird.

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/508>, abgerufen am 22.11.2024.