während 5 Jahren an der Klinik für Hebammen grösser als an der Klinik für Aerzte. Die Durchschnittszahl des Plus der verpflegten Wöchnerinnen an der Klinik für Aerzte in diesen 12 Jahren betrug 598 jährlich.
Die Chlorwaschungen haben das constante Plus der Sterb- lichkeit an der Klinik für Aerzte aufgehoben.
Mein Satz: "Die Sterblichkeit der Wöchnerinnen ist in der Wiener Schule, in welcher Aerzte, die sich mit patholo- gisch-anatomischen Untersuchungen beschäften, unterrichtet werden, constant viel grösser, als in der Hebammenschule," bezieht sich auf die 6 Jahre, während welchen die I. Klinik ausschliesslich für Aerzte und die II. Klinik ausschliesslich für Hebammen bestimmt war, ohne Chlorwaschungen.
Wenn daher C. Braun diese Zeit ignorirt, und mit dem Winter 1849 beginnt, wo in Folge der Chlorwaschungen kein Unterschied mehr war in der Grösse der Sterblichkeit der bei- den Abtheilungen, wo die Grösse der absoluten und relativen Sterblichkeit zwischen beiden Abtheilungen schwankte, wo die zwölfjährige durchschnittliche Sterblichkeit an der I. Kli- nik 3,57 %, an der II. Klinik 3,06 % betrug, so hat C. Braun durch dieses Manöver nicht die Wahrheit meines Satzes um- gestossen, er hat einfach ein Falsum begangen.
C. Braun sagt, nach Semmelweis sollen die an der Hand klebenden Leichentheile die Eigenschaft haben, durch innere Exploration der Gebärenden, Puerperalfieber hervorzurufen; und diese meine Ansicht bekämpft er auf 6 Druckblättern, des- senungeachtet sagt er, als er über die desinficirende Eigen- schaft des Chlorkalkes zu sprechen kommt, der Chlorkalk schütze nicht gegen cadaveröse Infection, es müsse daher jedem Schüler auf das Gewissenhafteste anbefohlen werden, keine Gebärende oder Schwangere zu untersuchen, wenn er an dem- selben Tage einen Cadaver berührt hat.
Vor dem Jahre 1847 war mir die Eigenschaft, dass Cada- vertheile das Puerperalfieber hervorrufen, nicht bekannt, ich habe daher bei geburtshilflichen Untersuchungen keine Rück-
während 5 Jahren an der Klinik für Hebammen grösser als an der Klinik für Aerzte. Die Durchschnittszahl des Plus der verpflegten Wöchnerinnen an der Klinik für Aerzte in diesen 12 Jahren betrug 598 jährlich.
Die Chlorwaschungen haben das constante Plus der Sterb- lichkeit an der Klinik für Aerzte aufgehoben.
Mein Satz: »Die Sterblichkeit der Wöchnerinnen ist in der Wiener Schule, in welcher Aerzte, die sich mit patholo- gisch-anatomischen Untersuchungen beschäften, unterrichtet werden, constant viel grösser, als in der Hebammenschule,« bezieht sich auf die 6 Jahre, während welchen die I. Klinik ausschliesslich für Aerzte und die II. Klinik ausschliesslich für Hebammen bestimmt war, ohne Chlorwaschungen.
Wenn daher C. Braun diese Zeit ignorirt, und mit dem Winter 1849 beginnt, wo in Folge der Chlorwaschungen kein Unterschied mehr war in der Grösse der Sterblichkeit der bei- den Abtheilungen, wo die Grösse der absoluten und relativen Sterblichkeit zwischen beiden Abtheilungen schwankte, wo die zwölfjährige durchschnittliche Sterblichkeit an der I. Kli- nik 3,57 %, an der II. Klinik 3,06 % betrug, so hat C. Braun durch dieses Manöver nicht die Wahrheit meines Satzes um- gestossen, er hat einfach ein Falsum begangen.
C. Braun sagt, nach Semmelweis sollen die an der Hand klebenden Leichentheile die Eigenschaft haben, durch innere Exploration der Gebärenden, Puerperalfieber hervorzurufen; und diese meine Ansicht bekämpft er auf 6 Druckblättern, des- senungeachtet sagt er, als er über die desinficirende Eigen- schaft des Chlorkalkes zu sprechen kommt, der Chlorkalk schütze nicht gegen cadaveröse Infection, es müsse daher jedem Schüler auf das Gewissenhafteste anbefohlen werden, keine Gebärende oder Schwangere zu untersuchen, wenn er an dem- selben Tage einen Cadaver berührt hat.
Vor dem Jahre 1847 war mir die Eigenschaft, dass Cada- vertheile das Puerperalfieber hervorrufen, nicht bekannt, ich habe daher bei geburtshilflichen Untersuchungen keine Rück-
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während 5 Jahren an der Klinik für Hebammen grösser als
an der Klinik für Aerzte. Die Durchschnittszahl des Plus der
verpflegten Wöchnerinnen an der Klinik für Aerzte in diesen
12 Jahren betrug 598 jährlich.
Die Chlorwaschungen haben das constante Plus der Sterb-
lichkeit an der Klinik für Aerzte aufgehoben.
Mein Satz: »Die Sterblichkeit der Wöchnerinnen ist in
der Wiener Schule, in welcher Aerzte, die sich mit patholo-
gisch-anatomischen Untersuchungen beschäften, unterrichtet
werden, constant viel grösser, als in der Hebammenschule,«
bezieht sich auf die 6 Jahre, während welchen die I. Klinik
ausschliesslich für Aerzte und die II. Klinik ausschliesslich
für Hebammen bestimmt war, ohne Chlorwaschungen.
Wenn daher C. Braun diese Zeit ignorirt, und mit dem
Winter 1849 beginnt, wo in Folge der Chlorwaschungen kein
Unterschied mehr war in der Grösse der Sterblichkeit der bei-
den Abtheilungen, wo die Grösse der absoluten und relativen
Sterblichkeit zwischen beiden Abtheilungen schwankte, wo
die zwölfjährige durchschnittliche Sterblichkeit an der I. Kli-
nik 3,57 %, an der II. Klinik 3,06 % betrug, so hat C. Braun
durch dieses Manöver nicht die Wahrheit meines Satzes um-
gestossen, er hat einfach ein Falsum begangen.
C. Braun sagt, nach Semmelweis sollen die an der Hand
klebenden Leichentheile die Eigenschaft haben, durch innere
Exploration der Gebärenden, Puerperalfieber hervorzurufen;
und diese meine Ansicht bekämpft er auf 6 Druckblättern, des-
senungeachtet sagt er, als er über die desinficirende Eigen-
schaft des Chlorkalkes zu sprechen kommt, der Chlorkalk
schütze nicht gegen cadaveröse Infection, es müsse daher jedem
Schüler auf das Gewissenhafteste anbefohlen werden, keine
Gebärende oder Schwangere zu untersuchen, wenn er an dem-
selben Tage einen Cadaver berührt hat.
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/505>, abgerufen am 22.11.2024.
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