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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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zustande der Wöchnerinnen der I. Gebärklinik während des
durch Tabelle Nr. I repräsentirten Zeitraumes zuzuschreiben
gewesen. Die Academie der Medicin zu Paris ist daher im
Irrthum, wenn sie glaubt, dass die Verhältnisse der Pariser
und der Wiener Hebammenschule dieselben seien. In Bezug
auf das Puerperalfieber sind die Verhältnisse beider Schulen
wesentlich verschieden, und daher der wesentlich verschiedene
Gesundheitszustand beider Schulen.

In Dubois' Klinik und an der I. Klinik in Wien sind die
Verhältnisse in Bezug auf das Puerperalfieber identisch, und
deshalb eine identische Sterblichkeit.

Dass der Chlorkalk die cadaverösen Molecüle nicht zu zer-
stören im Stande ist, darüber haben wir leider im Jahre 1847
und 1848 an der I. Gebärklinik zu Wien die ersten traurigen
Erfahrungen gemacht.

Die Academie der Medicin zu Paris*) hat im Jahre 1858
in ihren Sitzungen vom 23. Februar bis 6. Juli das Puerperal-
fieber abermals zum Gegenstande einer Discussion gemacht,
aber das dürre Stroh, was dabei zu Tage gefördert wurde,
wollen wir ungedroschen lassen, Körner sind nicht herauszu-
klopfen; wir begnügen uns einen Ausspruch Dubois' anzufüh-
ren, wollen aber früher Dubois' wissenschaftliche Stellung er-
wähnen, wie selbe uns von Arneth, Seite 67, geschildert wird.
"In der Geburtshilfe stellen Frankreichs Gelehrte eigentlich
keine Republik dar, ein Einziger scheint zu herrschen. Ihm
senken sich alle Fahnen. Seine Ansicht wünscht man bei allen
neu auftauchenden Erscheinungen zu wissen. Männer, die
selbst so viel geleistet, verkünden, ihre Arbeiten seien die
Frucht seiner Lehren, und stellen seinen Namen hin, wo
sie meinen eine besonders kühne, gegen das französische
Herkommen verstossende Ansicht geäussert zu haben. Selbst
in der Academie lauscht man athemlos seiner Worte; durch
ihn gewinnen dem Auslande entlehnte, seinen Landsleuten

*) Monatschrift für Geburtskunde 1858, Octoberheft.

zustande der Wöchnerinnen der I. Gebärklinik während des
durch Tabelle Nr. I repräsentirten Zeitraumes zuzuschreiben
gewesen. Die Academie der Medicin zu Paris ist daher im
Irrthum, wenn sie glaubt, dass die Verhältnisse der Pariser
und der Wiener Hebammenschule dieselben seien. In Bezug
auf das Puerperalfieber sind die Verhältnisse beider Schulen
wesentlich verschieden, und daher der wesentlich verschiedene
Gesundheitszustand beider Schulen.

In Dubois’ Klinik und an der I. Klinik in Wien sind die
Verhältnisse in Bezug auf das Puerperalfieber identisch, und
deshalb eine identische Sterblichkeit.

Dass der Chlorkalk die cadaverösen Molecüle nicht zu zer-
stören im Stande ist, darüber haben wir leider im Jahre 1847
und 1848 an der I. Gebärklinik zu Wien die ersten traurigen
Erfahrungen gemacht.

Die Academie der Medicin zu Paris*) hat im Jahre 1858
in ihren Sitzungen vom 23. Februar bis 6. Juli das Puerperal-
fieber abermals zum Gegenstande einer Discussion gemacht,
aber das dürre Stroh, was dabei zu Tage gefördert wurde,
wollen wir ungedroschen lassen, Körner sind nicht herauszu-
klopfen; wir begnügen uns einen Ausspruch Dubois’ anzufüh-
ren, wollen aber früher Dubois’ wissenschaftliche Stellung er-
wähnen, wie selbe uns von Arneth, Seite 67, geschildert wird.
»In der Geburtshilfe stellen Frankreichs Gelehrte eigentlich
keine Republik dar, ein Einziger scheint zu herrschen. Ihm
senken sich alle Fahnen. Seine Ansicht wünscht man bei allen
neu auftauchenden Erscheinungen zu wissen. Männer, die
selbst so viel geleistet, verkünden, ihre Arbeiten seien die
Frucht seiner Lehren, und stellen seinen Namen hin, wo
sie meinen eine besonders kühne, gegen das französische
Herkommen verstossende Ansicht geäussert zu haben. Selbst
in der Academie lauscht man athemlos seiner Worte; durch
ihn gewinnen dem Auslande entlehnte, seinen Landsleuten

*) Monatschrift für Geburtskunde 1858, Octoberheft.
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[457/0469] zustande der Wöchnerinnen der I. Gebärklinik während des durch Tabelle Nr. I repräsentirten Zeitraumes zuzuschreiben gewesen. Die Academie der Medicin zu Paris ist daher im Irrthum, wenn sie glaubt, dass die Verhältnisse der Pariser und der Wiener Hebammenschule dieselben seien. In Bezug auf das Puerperalfieber sind die Verhältnisse beider Schulen wesentlich verschieden, und daher der wesentlich verschiedene Gesundheitszustand beider Schulen. In Dubois’ Klinik und an der I. Klinik in Wien sind die Verhältnisse in Bezug auf das Puerperalfieber identisch, und deshalb eine identische Sterblichkeit. Dass der Chlorkalk die cadaverösen Molecüle nicht zu zer- stören im Stande ist, darüber haben wir leider im Jahre 1847 und 1848 an der I. Gebärklinik zu Wien die ersten traurigen Erfahrungen gemacht. Die Academie der Medicin zu Paris *) hat im Jahre 1858 in ihren Sitzungen vom 23. Februar bis 6. Juli das Puerperal- fieber abermals zum Gegenstande einer Discussion gemacht, aber das dürre Stroh, was dabei zu Tage gefördert wurde, wollen wir ungedroschen lassen, Körner sind nicht herauszu- klopfen; wir begnügen uns einen Ausspruch Dubois’ anzufüh- ren, wollen aber früher Dubois’ wissenschaftliche Stellung er- wähnen, wie selbe uns von Arneth, Seite 67, geschildert wird. »In der Geburtshilfe stellen Frankreichs Gelehrte eigentlich keine Republik dar, ein Einziger scheint zu herrschen. Ihm senken sich alle Fahnen. Seine Ansicht wünscht man bei allen neu auftauchenden Erscheinungen zu wissen. Männer, die selbst so viel geleistet, verkünden, ihre Arbeiten seien die Frucht seiner Lehren, und stellen seinen Namen hin, wo sie meinen eine besonders kühne, gegen das französische Herkommen verstossende Ansicht geäussert zu haben. Selbst in der Academie lauscht man athemlos seiner Worte; durch ihn gewinnen dem Auslande entlehnte, seinen Landsleuten *) Monatschrift für Geburtskunde 1858, Octoberheft.

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/469>, abgerufen am 22.11.2024.