III. Dieser eingebrachte Stoff muss eine locale Entzün- dung, von da durch Eiterbildung in den Lymphgefässen und Venen-Pyaemie hervorbringen. Nie haben wir bei einer Section einen solchen Process im Bereiche derjenigen Theile der Genitalien gesehen, welche vor der Geburt mit dem Finger erreichbar sind. "Wir haben schon zu oft gesagt, wie das Puerperalfieber entsteht, als dass es nöthig wäre, es noch- mals zu sagen."
Endlich sagt Seyfert, wenn dem so wäre, so müsste ja auf der Frauenabtheilung Pyaemie viel häufiger sein, als im Gebärhaus, denn auf Frauenabtheilungen kommen wunde Stellen in der Scheide und am Muttermunde viel häufiger vor, ihm sei aber kein einziger Fall bekannt, wo auf diese Art Pyaemie auf der Frauenabtheilung eingeimpft worden wäre.
"Was die Pyaemien auf Frauenabtheilungen anbelangt, so habe ich darüber keine Erfahrungen. Ich habe, wie ich schon einmal erzählt, nie eine gynaecologische Abtheilung besucht, ich habe meine gynaecologischen Studien in der Todtenkam- mer gemacht, ich habe durch 6 Jahre selbst eine gynaecolo- gische Abtheilung geleitet, jedoch zu einer Zeit, wo ich schon wusste, was zu thun, um keine Veranlassung zu Infectionen zu geben, bin aber überzeugt, dass die innere Fläche der Ge- bärmutter, und die Gebärmutter während der Schwangerschaft. während der Geburt, während des Wochenbettes geeigneter ist zur Resorption, als die wunden Stellen, und der Uterus im nicht puerperalen Zustande, dass demnach die Infection im Gebärhause leichter gelingt, als auf einer Frauenabtheilung; wenn Seyfert sagt, er habe nie eine Infection auf der Frauen- abtheilung beobachtet, so beweiset ja das nur, dass er ein schlechter Beobachter ist, er sagt ja dasselbe vom Gebärhause, und wir haben ihm ja doch 75 Infectionsfälle von Aussen inner- halb 15 Monaten nachgewiesen.
Dadurch, dass ein Blinder die Farben nicht sieht, ist ja die Nichtexistenz der Farben nicht bewiesen.
III. Dieser eingebrachte Stoff muss eine locale Entzün- dung, von da durch Eiterbildung in den Lymphgefässen und Venen-Pyaemie hervorbringen. Nie haben wir bei einer Section einen solchen Process im Bereiche derjenigen Theile der Genitalien gesehen, welche vor der Geburt mit dem Finger erreichbar sind. »Wir haben schon zu oft gesagt, wie das Puerperalfieber entsteht, als dass es nöthig wäre, es noch- mals zu sagen.«
Endlich sagt Seyfert, wenn dem so wäre, so müsste ja auf der Frauenabtheilung Pyaemie viel häufiger sein, als im Gebärhaus, denn auf Frauenabtheilungen kommen wunde Stellen in der Scheide und am Muttermunde viel häufiger vor, ihm sei aber kein einziger Fall bekannt, wo auf diese Art Pyaemie auf der Frauenabtheilung eingeimpft worden wäre.
»Was die Pyaemien auf Frauenabtheilungen anbelangt, so habe ich darüber keine Erfahrungen. Ich habe, wie ich schon einmal erzählt, nie eine gynaecologische Abtheilung besucht, ich habe meine gynaecologischen Studien in der Todtenkam- mer gemacht, ich habe durch 6 Jahre selbst eine gynaecolo- gische Abtheilung geleitet, jedoch zu einer Zeit, wo ich schon wusste, was zu thun, um keine Veranlassung zu Infectionen zu geben, bin aber überzeugt, dass die innere Fläche der Ge- bärmutter, und die Gebärmutter während der Schwangerschaft. während der Geburt, während des Wochenbettes geeigneter ist zur Resorption, als die wunden Stellen, und der Uterus im nicht puerperalen Zustande, dass demnach die Infection im Gebärhause leichter gelingt, als auf einer Frauenabtheilung; wenn Seyfert sagt, er habe nie eine Infection auf der Frauen- abtheilung beobachtet, so beweiset ja das nur, dass er ein schlechter Beobachter ist, er sagt ja dasselbe vom Gebärhause, und wir haben ihm ja doch 75 Infectionsfälle von Aussen inner- halb 15 Monaten nachgewiesen.
Dadurch, dass ein Blinder die Farben nicht sieht, ist ja die Nichtexistenz der Farben nicht bewiesen.
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III. Dieser eingebrachte Stoff muss eine locale Entzün-
dung, von da durch Eiterbildung in den Lymphgefässen
und Venen-Pyaemie hervorbringen. Nie haben wir bei einer
Section einen solchen Process im Bereiche derjenigen Theile
der Genitalien gesehen, welche vor der Geburt mit dem
Finger erreichbar sind. »Wir haben schon zu oft gesagt, wie
das Puerperalfieber entsteht, als dass es nöthig wäre, es noch-
mals zu sagen.«
Endlich sagt Seyfert, wenn dem so wäre, so müsste ja
auf der Frauenabtheilung Pyaemie viel häufiger sein, als im
Gebärhaus, denn auf Frauenabtheilungen kommen wunde
Stellen in der Scheide und am Muttermunde viel häufiger vor,
ihm sei aber kein einziger Fall bekannt, wo auf diese Art
Pyaemie auf der Frauenabtheilung eingeimpft worden wäre.
»Was die Pyaemien auf Frauenabtheilungen anbelangt, so
habe ich darüber keine Erfahrungen. Ich habe, wie ich schon
einmal erzählt, nie eine gynaecologische Abtheilung besucht,
ich habe meine gynaecologischen Studien in der Todtenkam-
mer gemacht, ich habe durch 6 Jahre selbst eine gynaecolo-
gische Abtheilung geleitet, jedoch zu einer Zeit, wo ich schon
wusste, was zu thun, um keine Veranlassung zu Infectionen
zu geben, bin aber überzeugt, dass die innere Fläche der Ge-
bärmutter, und die Gebärmutter während der Schwangerschaft.
während der Geburt, während des Wochenbettes geeigneter
ist zur Resorption, als die wunden Stellen, und der Uterus im
nicht puerperalen Zustande, dass demnach die Infection im
Gebärhause leichter gelingt, als auf einer Frauenabtheilung;
wenn Seyfert sagt, er habe nie eine Infection auf der Frauen-
abtheilung beobachtet, so beweiset ja das nur, dass er ein
schlechter Beobachter ist, er sagt ja dasselbe vom Gebärhause,
und wir haben ihm ja doch 75 Infectionsfälle von Aussen inner-
halb 15 Monaten nachgewiesen.
Dadurch, dass ein Blinder die Farben nicht sieht, ist ja
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/439>, abgerufen am 24.11.2024.
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