Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

dicin verräth, sich noch nicht die Aufgabe gestellt hat, diesem
Zweige speciell seine Talente zuzuwenden.

Vorläufig bleiben wir dabei, dass zu Zeiten und in Län-
dern, wo die von uns beschuldigte Aetiologie nicht thätig ist,
das Kindbettfieber, einzelne Fälle ausgenommen, nicht vor-
kommt.

"Wir wollen nur anführen, dass die Furcht vor dem
Wochenbettfieber nirgends so gross ist, wie in England und
Russland, was an und für sich auf grosse und mörderische
Epidemie hinweiset, welche die Bevölkerung und Aerzte so
entsetzen. In England und Russland wurden jedoch durch
lange Zeiträume keine Leichenöffnungen vorgenommen, und
insbesondere wird in England keine Leiche einer Puerpera
geöffnet."

Dass es ein Irrthum ist, wenn man glaubt, dass England
vorzugsweise vom Kindbettfieber heimgesucht sei, haben die
von uns veröffentlichten Rapporte englischer Gebärhäuser be-
wiesen; wir haben auch die Erklärung gegeben, warum die
Sterblichkeit am Kindbettfieber in England eine so geringe
sei, und wenn sich trotz der geringeren Sterblichkeit englische
Aerzte mehr vor Kindbettfieber fürchten, als die Aerzte an-
derswo, so ist das nur ein Beweis, dass die englischen Aerzte
gewissenhafter sind, als die Aerzte anderswo.

Und dass sich die Bevölkerung auch anderswo über das
Kindbettfieber entsetzt, das hat ja Scanzoni speciell von Wien
so ergreifend geschildert.

Wie sich das Kindbettfieber in Russland verhält, weiss
ich nicht, Hamernik würde mir daher einen grossen Dienst
erweisen, wenn er die Quellen angeben wollte, aus welchen
er seine Kenntnisse über das Vorkommen des Kindbettfiebers
in Russland geschöpft.

Dass er speciell über das Kindbettfieber in England sehr
genau unterrichtet ist, beweiset ja die Bemerkung, dass in
England keine Leiche einer Wöchnerin geöffnet wird.

dicin verräth, sich noch nicht die Aufgabe gestellt hat, diesem
Zweige speciell seine Talente zuzuwenden.

Vorläufig bleiben wir dabei, dass zu Zeiten und in Län-
dern, wo die von uns beschuldigte Aetiologie nicht thätig ist,
das Kindbettfieber, einzelne Fälle ausgenommen, nicht vor-
kommt.

»Wir wollen nur anführen, dass die Furcht vor dem
Wochenbettfieber nirgends so gross ist, wie in England und
Russland, was an und für sich auf grosse und mörderische
Epidemie hinweiset, welche die Bevölkerung und Aerzte so
entsetzen. In England und Russland wurden jedoch durch
lange Zeiträume keine Leichenöffnungen vorgenommen, und
insbesondere wird in England keine Leiche einer Puerpera
geöffnet.«

Dass es ein Irrthum ist, wenn man glaubt, dass England
vorzugsweise vom Kindbettfieber heimgesucht sei, haben die
von uns veröffentlichten Rapporte englischer Gebärhäuser be-
wiesen; wir haben auch die Erklärung gegeben, warum die
Sterblichkeit am Kindbettfieber in England eine so geringe
sei, und wenn sich trotz der geringeren Sterblichkeit englische
Aerzte mehr vor Kindbettfieber fürchten, als die Aerzte an-
derswo, so ist das nur ein Beweis, dass die englischen Aerzte
gewissenhafter sind, als die Aerzte anderswo.

Und dass sich die Bevölkerung auch anderswo über das
Kindbettfieber entsetzt, das hat ja Scanzoni speciell von Wien
so ergreifend geschildert.

Wie sich das Kindbettfieber in Russland verhält, weiss
ich nicht, Hamernik würde mir daher einen grossen Dienst
erweisen, wenn er die Quellen angeben wollte, aus welchen
er seine Kenntnisse über das Vorkommen des Kindbettfiebers
in Russland geschöpft.

Dass er speciell über das Kindbettfieber in England sehr
genau unterrichtet ist, beweiset ja die Bemerkung, dass in
England keine Leiche einer Wöchnerin geöffnet wird.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0432" n="420"/>
dicin verräth, sich noch nicht die Aufgabe gestellt hat, diesem<lb/>
Zweige speciell seine Talente zuzuwenden.</p><lb/>
        <p>Vorläufig bleiben wir dabei, dass zu Zeiten und in Län-<lb/>
dern, wo die von uns beschuldigte Aetiologie nicht thätig ist,<lb/>
das Kindbettfieber, einzelne Fälle ausgenommen, nicht vor-<lb/>
kommt.</p><lb/>
        <p>»Wir wollen nur anführen, dass die Furcht vor dem<lb/>
Wochenbettfieber nirgends so gross ist, wie in England und<lb/>
Russland, was an und für sich auf grosse und mörderische<lb/>
Epidemie hinweiset, welche die Bevölkerung und Aerzte so<lb/>
entsetzen. In England und Russland wurden jedoch durch<lb/>
lange Zeiträume keine Leichenöffnungen vorgenommen, und<lb/>
insbesondere wird in England keine Leiche einer Puerpera<lb/>
geöffnet.«</p><lb/>
        <p>Dass es ein Irrthum ist, wenn man glaubt, dass England<lb/>
vorzugsweise vom Kindbettfieber heimgesucht sei, haben die<lb/>
von uns veröffentlichten Rapporte englischer Gebärhäuser be-<lb/>
wiesen; wir haben auch die Erklärung gegeben, warum die<lb/>
Sterblichkeit am Kindbettfieber in England eine so geringe<lb/>
sei, und wenn sich trotz der geringeren Sterblichkeit englische<lb/>
Aerzte mehr vor Kindbettfieber fürchten, als die Aerzte an-<lb/>
derswo, so ist das nur ein Beweis, dass die englischen Aerzte<lb/>
gewissenhafter sind, als die Aerzte anderswo.</p><lb/>
        <p>Und dass sich die Bevölkerung auch anderswo über das<lb/>
Kindbettfieber entsetzt, das hat ja Scanzoni speciell von Wien<lb/>
so ergreifend geschildert.</p><lb/>
        <p>Wie sich das Kindbettfieber in Russland verhält, weiss<lb/>
ich nicht, Hamernik würde mir daher einen grossen Dienst<lb/>
erweisen, wenn er die Quellen angeben wollte, aus welchen<lb/>
er seine Kenntnisse über das Vorkommen des Kindbettfiebers<lb/>
in Russland geschöpft.</p><lb/>
        <p>Dass er speciell über das Kindbettfieber in England sehr<lb/>
genau unterrichtet ist, beweiset ja die Bemerkung, dass in<lb/>
England keine Leiche einer Wöchnerin geöffnet wird.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[420/0432] dicin verräth, sich noch nicht die Aufgabe gestellt hat, diesem Zweige speciell seine Talente zuzuwenden. Vorläufig bleiben wir dabei, dass zu Zeiten und in Län- dern, wo die von uns beschuldigte Aetiologie nicht thätig ist, das Kindbettfieber, einzelne Fälle ausgenommen, nicht vor- kommt. »Wir wollen nur anführen, dass die Furcht vor dem Wochenbettfieber nirgends so gross ist, wie in England und Russland, was an und für sich auf grosse und mörderische Epidemie hinweiset, welche die Bevölkerung und Aerzte so entsetzen. In England und Russland wurden jedoch durch lange Zeiträume keine Leichenöffnungen vorgenommen, und insbesondere wird in England keine Leiche einer Puerpera geöffnet.« Dass es ein Irrthum ist, wenn man glaubt, dass England vorzugsweise vom Kindbettfieber heimgesucht sei, haben die von uns veröffentlichten Rapporte englischer Gebärhäuser be- wiesen; wir haben auch die Erklärung gegeben, warum die Sterblichkeit am Kindbettfieber in England eine so geringe sei, und wenn sich trotz der geringeren Sterblichkeit englische Aerzte mehr vor Kindbettfieber fürchten, als die Aerzte an- derswo, so ist das nur ein Beweis, dass die englischen Aerzte gewissenhafter sind, als die Aerzte anderswo. Und dass sich die Bevölkerung auch anderswo über das Kindbettfieber entsetzt, das hat ja Scanzoni speciell von Wien so ergreifend geschildert. Wie sich das Kindbettfieber in Russland verhält, weiss ich nicht, Hamernik würde mir daher einen grossen Dienst erweisen, wenn er die Quellen angeben wollte, aus welchen er seine Kenntnisse über das Vorkommen des Kindbettfiebers in Russland geschöpft. Dass er speciell über das Kindbettfieber in England sehr genau unterrichtet ist, beweiset ja die Bemerkung, dass in England keine Leiche einer Wöchnerin geöffnet wird.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/432
Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/432>, abgerufen am 24.11.2024.