gerer Gesundheitszustand erzielt wurde, so sind wir mit ihm sehr einverstanden, vorausgesetzt, dass Scanzoni zu den rein zu haltenden Utensilien auch den untersuchenden Finger zählt, wo nicht, so glauben wir, dass in dem neuen Gebäude das Puerperalfieber fortwüthen wird, wie uns das vom Strassbur- ger Gebärhaus bekannt ist.
Wenn Scanzoni sagt, dass der Hospitalbrand, der Ty- phus, die Dysenterie durch Miasma entstehen, folglich auch das Puerperalfieber, weil eine verhältnissmässig grosse An- zahl, meist der armen Classe angehöriger, die Reinhaltung ihres Körpers in der Regel vernachlässigender Frauen im Wo- chenzimmer untergebracht sind, in welchem die Luft durch die ununterbrochene Secretion der Lochien, durch die daselbst stattfindenden Excretionen der Mütter und Kinder verunrei- niget wird, so lassen wir uns in keine Erörterung über die Entstehung des Hospitalbrandes, des Typhus und der Dy- senterie ein, glauben aber, dass diese Umstände kein Puer- peralmiasma erzeugen, weil alle diese Umstände an der I. Ge- bärklinik zu Wien im Jahre 1848 vorhanden waren, und sich doch kein Puerperalmiasma entwickelt hat, denn wir verloren nur 45 Wöchnerinnen.
Wenn Scanzoni aber sagt, dass sich in dem Zimmer eine oder mehrere bereits erkrankte Wöchnerinnen befinden kön- nen, welche durch den oft ununterbrochenen Ausfluss jauchiger, übelriechender Secrete aus den Genitalien die Luft verunrei- nigen, so sind wir mit ihm vollkommen einverstanden, wenn er glaubt, dass dadurch bei den Gesunden das Puerperalfieber erzeugt werden könne, nur glauben wir nicht, dass ein so entstandenes Puerperalfieber miasmatischen Ursprungs sei.
Natürlich, sagt Scanzoni, steigern sich diese Nachtheile mit der Menge der in einem Zimmer untergebrachten Kran- ken, und wir kennen kein widersinnigeres, ja strafwürdigeres Gebahren, als wenn Vorstände von Gebäranstalten eigene Ge- mächer zur Aufnahme der erkrankten Wöchnerinnen bestim-
gerer Gesundheitszustand erzielt wurde, so sind wir mit ihm sehr einverstanden, vorausgesetzt, dass Scanzoni zu den rein zu haltenden Utensilien auch den untersuchenden Finger zählt, wo nicht, so glauben wir, dass in dem neuen Gebäude das Puerperalfieber fortwüthen wird, wie uns das vom Strassbur- ger Gebärhaus bekannt ist.
Wenn Scanzoni sagt, dass der Hospitalbrand, der Ty- phus, die Dysenterie durch Miasma entstehen, folglich auch das Puerperalfieber, weil eine verhältnissmässig grosse An- zahl, meist der armen Classe angehöriger, die Reinhaltung ihres Körpers in der Regel vernachlässigender Frauen im Wo- chenzimmer untergebracht sind, in welchem die Luft durch die ununterbrochene Secretion der Lochien, durch die daselbst stattfindenden Excretionen der Mütter und Kinder verunrei- niget wird, so lassen wir uns in keine Erörterung über die Entstehung des Hospitalbrandes, des Typhus und der Dy- senterie ein, glauben aber, dass diese Umstände kein Puer- peralmiasma erzeugen, weil alle diese Umstände an der I. Ge- bärklinik zu Wien im Jahre 1848 vorhanden waren, und sich doch kein Puerperalmiasma entwickelt hat, denn wir verloren nur 45 Wöchnerinnen.
Wenn Scanzoni aber sagt, dass sich in dem Zimmer eine oder mehrere bereits erkrankte Wöchnerinnen befinden kön- nen, welche durch den oft ununterbrochenen Ausfluss jauchiger, übelriechender Secrete aus den Genitalien die Luft verunrei- nigen, so sind wir mit ihm vollkommen einverstanden, wenn er glaubt, dass dadurch bei den Gesunden das Puerperalfieber erzeugt werden könne, nur glauben wir nicht, dass ein so entstandenes Puerperalfieber miasmatischen Ursprungs sei.
Natürlich, sagt Scanzoni, steigern sich diese Nachtheile mit der Menge der in einem Zimmer untergebrachten Kran- ken, und wir kennen kein widersinnigeres, ja strafwürdigeres Gebahren, als wenn Vorstände von Gebäranstalten eigene Ge- mächer zur Aufnahme der erkrankten Wöchnerinnen bestim-
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gerer Gesundheitszustand erzielt wurde, so sind wir mit ihm
sehr einverstanden, vorausgesetzt, dass Scanzoni zu den rein
zu haltenden Utensilien auch den untersuchenden Finger zählt,
wo nicht, so glauben wir, dass in dem neuen Gebäude das
Puerperalfieber fortwüthen wird, wie uns das vom Strassbur-
ger Gebärhaus bekannt ist.
Wenn Scanzoni sagt, dass der Hospitalbrand, der Ty-
phus, die Dysenterie durch Miasma entstehen, folglich auch
das Puerperalfieber, weil eine verhältnissmässig grosse An-
zahl, meist der armen Classe angehöriger, die Reinhaltung
ihres Körpers in der Regel vernachlässigender Frauen im Wo-
chenzimmer untergebracht sind, in welchem die Luft durch
die ununterbrochene Secretion der Lochien, durch die daselbst
stattfindenden Excretionen der Mütter und Kinder verunrei-
niget wird, so lassen wir uns in keine Erörterung über die
Entstehung des Hospitalbrandes, des Typhus und der Dy-
senterie ein, glauben aber, dass diese Umstände kein Puer-
peralmiasma erzeugen, weil alle diese Umstände an der I. Ge-
bärklinik zu Wien im Jahre 1848 vorhanden waren, und sich
doch kein Puerperalmiasma entwickelt hat, denn wir verloren
nur 45 Wöchnerinnen.
Wenn Scanzoni aber sagt, dass sich in dem Zimmer eine
oder mehrere bereits erkrankte Wöchnerinnen befinden kön-
nen, welche durch den oft ununterbrochenen Ausfluss jauchiger,
übelriechender Secrete aus den Genitalien die Luft verunrei-
nigen, so sind wir mit ihm vollkommen einverstanden, wenn
er glaubt, dass dadurch bei den Gesunden das Puerperalfieber
erzeugt werden könne, nur glauben wir nicht, dass ein so
entstandenes Puerperalfieber miasmatischen Ursprungs sei.
Natürlich, sagt Scanzoni, steigern sich diese Nachtheile
mit der Menge der in einem Zimmer untergebrachten Kran-
ken, und wir kennen kein widersinnigeres, ja strafwürdigeres
Gebahren, als wenn Vorstände von Gebäranstalten eigene Ge-
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/404>, abgerufen am 24.11.2024.
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