den, der der Wiener Commission vorgezeichnet wurde, so sind unsere Zweifel über die Zweckmässigkeit dieses Weges dadurch gerechtfertiget, dass die Prager Commission auf die- sem Wege noch im Jahre 1859 die Wahrheit nicht gefunden hat, für welche wir mit dieser Schrift einstehen.
Wir glauben daher nur die Wahrheit zu sagen, wenn wir behaupten, dass Scanzoni's Opposition unsere Lehre un- erschüttert gelassen.
Wir wollen nun die Gegenprobe machen und wollen se- hen, ob der überlieferte Unsinn, den man bisher Aetiologie des Kindbettfiebers nannte, und welchen Scanzoni in beiden Auflagen seines Lehrbuches der Geburtshilfe ruminirt, ob der unseren Angriffen widerstehen wird, oder aber einem Kar- tenhause ähnlich zusammenstürzen wird.
Zuerst stossen wir auf die fehlerhafte Eintheilung der Entzündungen im Wochenbette, welche Scanzoni deshalb von früheren Schriftstellern abgeschrieben, weil auch ihm das Wesen des Puerperalfiebers unbekannt ist. Wir haben durch den Erfolg der Chlorwaschungen bewiesen, dass auch die Ent- zündungen im Wochenbette, welche Scanzoni nicht als Puer- peralfieber anerkennen will, in Folge der Resorption eines zersetzten Stoffes entstehen, folglich genuines Puerperalfieber sind, weil wir auch diese Fälle durch Chlorwaschungen ver- hütet. Mit demselben Factum können wir die ganze Aetiolo- gie der Entzündungen im Wochenbette, welche nicht Puer- peralfieber sind, über den Haufen werfen, denn würden diese Entzündungen in jenen aetiologischen Momenten begründet sein, welche Scanzoni für dieselben in Anspruch nimmt, so könnten diese Entzündungen durch Chlorwaschungen nicht verhütet werden, denn durch Chlorwaschungen kann zwar dasjenige Kindbettfieber verhütet werden, welches in Eolge der Resorption eines zersetzten Stoffes entsteht, aber die Wirksamkeit derjenigen aetiologischen Momente, denen Scan- zoni diese Entzündungen zuschreibt, kann durch Chlorwa- schungen nicht eingeschränkt werden. Unter anderen aetio-
den, der der Wiener Commission vorgezeichnet wurde, so sind unsere Zweifel über die Zweckmässigkeit dieses Weges dadurch gerechtfertiget, dass die Prager Commission auf die- sem Wege noch im Jahre 1859 die Wahrheit nicht gefunden hat, für welche wir mit dieser Schrift einstehen.
Wir glauben daher nur die Wahrheit zu sagen, wenn wir behaupten, dass Scanzoni’s Opposition unsere Lehre un- erschüttert gelassen.
Wir wollen nun die Gegenprobe machen und wollen se- hen, ob der überlieferte Unsinn, den man bisher Aetiologie des Kindbettfiebers nannte, und welchen Scanzoni in beiden Auflagen seines Lehrbuches der Geburtshilfe ruminirt, ob der unseren Angriffen widerstehen wird, oder aber einem Kar- tenhause ähnlich zusammenstürzen wird.
Zuerst stossen wir auf die fehlerhafte Eintheilung der Entzündungen im Wochenbette, welche Scanzoni deshalb von früheren Schriftstellern abgeschrieben, weil auch ihm das Wesen des Puerperalfiebers unbekannt ist. Wir haben durch den Erfolg der Chlorwaschungen bewiesen, dass auch die Ent- zündungen im Wochenbette, welche Scanzoni nicht als Puer- peralfieber anerkennen will, in Folge der Resorption eines zersetzten Stoffes entstehen, folglich genuines Puerperalfieber sind, weil wir auch diese Fälle durch Chlorwaschungen ver- hütet. Mit demselben Factum können wir die ganze Aetiolo- gie der Entzündungen im Wochenbette, welche nicht Puer- peralfieber sind, über den Haufen werfen, denn würden diese Entzündungen in jenen aetiologischen Momenten begründet sein, welche Scanzoni für dieselben in Anspruch nimmt, so könnten diese Entzündungen durch Chlorwaschungen nicht verhütet werden, denn durch Chlorwaschungen kann zwar dasjenige Kindbettfieber verhütet werden, welches in Eolge der Resorption eines zersetzten Stoffes entsteht, aber die Wirksamkeit derjenigen aetiologischen Momente, denen Scan- zoni diese Entzündungen zuschreibt, kann durch Chlorwa- schungen nicht eingeschränkt werden. Unter anderen aetio-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0368"n="356"/>
den, der der Wiener Commission vorgezeichnet wurde, so<lb/>
sind unsere Zweifel über die Zweckmässigkeit dieses Weges<lb/>
dadurch gerechtfertiget, dass die Prager Commission auf die-<lb/>
sem Wege noch im Jahre 1859 die Wahrheit nicht gefunden<lb/>
hat, für welche wir mit dieser Schrift einstehen.</p><lb/><p>Wir glauben daher nur die Wahrheit zu sagen, wenn<lb/>
wir behaupten, dass Scanzoni’s Opposition unsere Lehre un-<lb/>
erschüttert gelassen.</p><lb/><p>Wir wollen nun die Gegenprobe machen und wollen se-<lb/>
hen, ob der überlieferte Unsinn, den man bisher Aetiologie<lb/>
des Kindbettfiebers nannte, und welchen Scanzoni in beiden<lb/>
Auflagen seines Lehrbuches der Geburtshilfe ruminirt, ob der<lb/>
unseren Angriffen widerstehen wird, oder aber einem Kar-<lb/>
tenhause ähnlich zusammenstürzen wird.</p><lb/><p>Zuerst stossen wir auf die fehlerhafte Eintheilung der<lb/>
Entzündungen im Wochenbette, welche Scanzoni deshalb<lb/>
von früheren Schriftstellern abgeschrieben, weil auch ihm das<lb/>
Wesen des Puerperalfiebers unbekannt ist. Wir haben durch<lb/>
den Erfolg der Chlorwaschungen bewiesen, dass auch die Ent-<lb/>
zündungen im Wochenbette, welche Scanzoni nicht als Puer-<lb/>
peralfieber anerkennen will, in Folge der Resorption eines<lb/>
zersetzten Stoffes entstehen, folglich genuines Puerperalfieber<lb/>
sind, weil wir auch diese Fälle durch Chlorwaschungen ver-<lb/>
hütet. Mit demselben Factum können wir die ganze Aetiolo-<lb/>
gie der Entzündungen im Wochenbette, welche nicht Puer-<lb/>
peralfieber sind, über den Haufen werfen, denn würden diese<lb/>
Entzündungen in jenen aetiologischen Momenten begründet<lb/>
sein, welche Scanzoni für dieselben in Anspruch nimmt, so<lb/>
könnten diese Entzündungen durch Chlorwaschungen nicht<lb/>
verhütet werden, denn durch Chlorwaschungen kann zwar<lb/>
dasjenige Kindbettfieber verhütet werden, welches in Eolge<lb/>
der Resorption eines zersetzten Stoffes entsteht, aber die<lb/>
Wirksamkeit derjenigen aetiologischen Momente, denen Scan-<lb/>
zoni diese Entzündungen zuschreibt, kann durch Chlorwa-<lb/>
schungen nicht eingeschränkt werden. Unter anderen aetio-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[356/0368]
den, der der Wiener Commission vorgezeichnet wurde, so
sind unsere Zweifel über die Zweckmässigkeit dieses Weges
dadurch gerechtfertiget, dass die Prager Commission auf die-
sem Wege noch im Jahre 1859 die Wahrheit nicht gefunden
hat, für welche wir mit dieser Schrift einstehen.
Wir glauben daher nur die Wahrheit zu sagen, wenn
wir behaupten, dass Scanzoni’s Opposition unsere Lehre un-
erschüttert gelassen.
Wir wollen nun die Gegenprobe machen und wollen se-
hen, ob der überlieferte Unsinn, den man bisher Aetiologie
des Kindbettfiebers nannte, und welchen Scanzoni in beiden
Auflagen seines Lehrbuches der Geburtshilfe ruminirt, ob der
unseren Angriffen widerstehen wird, oder aber einem Kar-
tenhause ähnlich zusammenstürzen wird.
Zuerst stossen wir auf die fehlerhafte Eintheilung der
Entzündungen im Wochenbette, welche Scanzoni deshalb
von früheren Schriftstellern abgeschrieben, weil auch ihm das
Wesen des Puerperalfiebers unbekannt ist. Wir haben durch
den Erfolg der Chlorwaschungen bewiesen, dass auch die Ent-
zündungen im Wochenbette, welche Scanzoni nicht als Puer-
peralfieber anerkennen will, in Folge der Resorption eines
zersetzten Stoffes entstehen, folglich genuines Puerperalfieber
sind, weil wir auch diese Fälle durch Chlorwaschungen ver-
hütet. Mit demselben Factum können wir die ganze Aetiolo-
gie der Entzündungen im Wochenbette, welche nicht Puer-
peralfieber sind, über den Haufen werfen, denn würden diese
Entzündungen in jenen aetiologischen Momenten begründet
sein, welche Scanzoni für dieselben in Anspruch nimmt, so
könnten diese Entzündungen durch Chlorwaschungen nicht
verhütet werden, denn durch Chlorwaschungen kann zwar
dasjenige Kindbettfieber verhütet werden, welches in Eolge
der Resorption eines zersetzten Stoffes entsteht, aber die
Wirksamkeit derjenigen aetiologischen Momente, denen Scan-
zoni diese Entzündungen zuschreibt, kann durch Chlorwa-
schungen nicht eingeschränkt werden. Unter anderen aetio-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/368>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.