zu ergründen, ob dem so häufig in- und extensiv heftigen Auf- treten des Puerperalfiebers in der Gebäranstalt ein blos epide- mischer, in kosmischen und tellurischen Verhältnissen begrün- deter oder ein miasmatischer Einfluss zu Grunde liegt, welcher durch die Zusammenhäufung mehrerer Schwangern, Kreissen- den und Wöchnerinnen bedingt ist, oder ob sich endlich die Krankheit durch ein eigenes Contagium, durch eine Infection weiter fortpflanze, so scheint dem ehrfurchtsvoll Gefertigten zur Lösung dieser Frage folgender Weg als der passendste.
"1. Möge vor Allem eine Commission von Aerzten nieder- gesetzt werden, welche wenigstens durch ein ganzes Jahr nach einem zuvor entworfenen Plane die Entstehungsanlässe des Puerperalfiebers in- und ausserhalb der Gebäranstalt strenge prüft. Wünschenswerth wäre es hiebei, wenn die Mitglieder dieser Commission durch freie Wahl aus der Mitte Einer löbl. medicinischen Facultät zu Prag hervorgingen, wodurch das Resultat ihrer Untersuchungen als der Ausspruch der von einer gelehrten Körperschaft gewählten Vertrauensmänner betrachtet werden könnte, und so an Glaubwürdigkeit und überzeugender Kraft gegenüber dem ärztlichen und nichtärztlichen Publicum gewinnen müsste.
"2. Wäre das Erkrankungs- und Mortalitätsverhältniss der während derselben Zeit in der Stadt, ausserhalb des Gebär- hauses entbundenen Frauen zu erforschen, weshalb sämmt- liche angestellte und Privatärzte Prag's anzuweisen wären, gleichwie bei andern epidemisch auftretenden Krankheiten dem Bezirksvorstande die entsprechende Meldung zu thun, und diesem Rapporte eine kurze Kranken- und Geburtsge- schichte mit besonderer Rücksicht auf die Causalmomente der Erkrankung beizufügen.
"3. Zur Beantwortung der Frage, ob der Fortpflanzung und Weiterverbreitung der Krankheit eine Infection zu Grunde liegt, wären Versuche an weiblichen neu entbundenen Thieren (Kaninchen, Hunden, Katzen, Kühen) anzustellen, von welchen man einzelne theils in den mit Puerperalkranken belegten
zu ergründen, ob dem so häufig in- und extensiv heftigen Auf- treten des Puerperalfiebers in der Gebäranstalt ein blos epide- mischer, in kosmischen und tellurischen Verhältnissen begrün- deter oder ein miasmatischer Einfluss zu Grunde liegt, welcher durch die Zusammenhäufung mehrerer Schwangern, Kreissen- den und Wöchnerinnen bedingt ist, oder ob sich endlich die Krankheit durch ein eigenes Contagium, durch eine Infection weiter fortpflanze, so scheint dem ehrfurchtsvoll Gefertigten zur Lösung dieser Frage folgender Weg als der passendste.
»1. Möge vor Allem eine Commission von Aerzten nieder- gesetzt werden, welche wenigstens durch ein ganzes Jahr nach einem zuvor entworfenen Plane die Entstehungsanlässe des Puerperalfiebers in- und ausserhalb der Gebäranstalt strenge prüft. Wünschenswerth wäre es hiebei, wenn die Mitglieder dieser Commission durch freie Wahl aus der Mitte Einer löbl. medicinischen Facultät zu Prag hervorgingen, wodurch das Resultat ihrer Untersuchungen als der Ausspruch der von einer gelehrten Körperschaft gewählten Vertrauensmänner betrachtet werden könnte, und so an Glaubwürdigkeit und überzeugender Kraft gegenüber dem ärztlichen und nichtärztlichen Publicum gewinnen müsste.
»2. Wäre das Erkrankungs- und Mortalitätsverhältniss der während derselben Zeit in der Stadt, ausserhalb des Gebär- hauses entbundenen Frauen zu erforschen, weshalb sämmt- liche angestellte und Privatärzte Prag’s anzuweisen wären, gleichwie bei andern epidemisch auftretenden Krankheiten dem Bezirksvorstande die entsprechende Meldung zu thun, und diesem Rapporte eine kurze Kranken- und Geburtsge- schichte mit besonderer Rücksicht auf die Causalmomente der Erkrankung beizufügen.
»3. Zur Beantwortung der Frage, ob der Fortpflanzung und Weiterverbreitung der Krankheit eine Infection zu Grunde liegt, wären Versuche an weiblichen neu entbundenen Thieren (Kaninchen, Hunden, Katzen, Kühen) anzustellen, von welchen man einzelne theils in den mit Puerperalkranken belegten
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zu ergründen, ob dem so häufig in- und extensiv heftigen Auf-
treten des Puerperalfiebers in der Gebäranstalt ein blos epide-
mischer, in kosmischen und tellurischen Verhältnissen begrün-
deter oder ein miasmatischer Einfluss zu Grunde liegt, welcher
durch die Zusammenhäufung mehrerer Schwangern, Kreissen-
den und Wöchnerinnen bedingt ist, oder ob sich endlich die
Krankheit durch ein eigenes Contagium, durch eine Infection
weiter fortpflanze, so scheint dem ehrfurchtsvoll Gefertigten
zur Lösung dieser Frage folgender Weg als der passendste.
»1. Möge vor Allem eine Commission von Aerzten nieder-
gesetzt werden, welche wenigstens durch ein ganzes Jahr nach
einem zuvor entworfenen Plane die Entstehungsanlässe des
Puerperalfiebers in- und ausserhalb der Gebäranstalt strenge
prüft. Wünschenswerth wäre es hiebei, wenn die Mitglieder
dieser Commission durch freie Wahl aus der Mitte Einer löbl.
medicinischen Facultät zu Prag hervorgingen, wodurch das
Resultat ihrer Untersuchungen als der Ausspruch der von einer
gelehrten Körperschaft gewählten Vertrauensmänner betrachtet
werden könnte, und so an Glaubwürdigkeit und überzeugender
Kraft gegenüber dem ärztlichen und nichtärztlichen Publicum
gewinnen müsste.
»2. Wäre das Erkrankungs- und Mortalitätsverhältniss der
während derselben Zeit in der Stadt, ausserhalb des Gebär-
hauses entbundenen Frauen zu erforschen, weshalb sämmt-
liche angestellte und Privatärzte Prag’s anzuweisen wären,
gleichwie bei andern epidemisch auftretenden Krankheiten
dem Bezirksvorstande die entsprechende Meldung zu thun,
und diesem Rapporte eine kurze Kranken- und Geburtsge-
schichte mit besonderer Rücksicht auf die Causalmomente der
Erkrankung beizufügen.
»3. Zur Beantwortung der Frage, ob der Fortpflanzung
und Weiterverbreitung der Krankheit eine Infection zu Grunde
liegt, wären Versuche an weiblichen neu entbundenen Thieren
(Kaninchen, Hunden, Katzen, Kühen) anzustellen, von welchen
man einzelne theils in den mit Puerperalkranken belegten
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/358>, abgerufen am 22.11.2024.
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