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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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fieber und beim chirurgischen Fieber hervorbringt, das ist ein
resorbirter zersetzter thierisch-organischer Stoff.


Die zweite Antwort kam vom Professor Michaelis
aus Kiel.

Dr. Schwarz, Michaelis Schüler, war Ende d. J. 1847
auf dem praktisch-geburtshilflichen Curse an der I. Gebär-
klinik, und schrieb an Michaelis die in Wien gemachten
Beobachtungen, worauf als Antwort folgender Brief einlief:

Herrn Dr. Herm. Schwarz in Wien.

"Ihr Brief vom 21. December 1847 hat mein höchstes
Interesse erregt. Ich war wieder in der grössten Noth. Unsere
Anstalt war in Folge des Puerperalfiebers vom 1. Juli bis
1. November geschlossen. Die drei zuerst wieder Aufgenom-
menen erkrankten, eine starb und zwei wurden nur eben
gerettet. Wir wollten also die Anstalt schon wieder schliessen.
Indessen besserte sich der Gesundheitszustand wieder; zwei
neu Erkrankte wurden leicht geheilt, nur eine starb noch im
Februar. Seitdem sind alle gesund. Ihre Mittheilungen gaben
mir zuerst wieder einigen Muth; der Beweis der Wirksam-
keit der Chlorwaschungen, so weit er in Wien geführt ist, ist
schon aus der grossen Anzahl von Bedeutung. Ich führte sie
sogleich in der Anstalt ein, und Niemand, Candidaten noch
Hebammen, dürfen seitdem untersuchen, ohne dass sie sich
mit Chlor gewaschen haben. Auch gebraucht es schon eine
Hebamme in der Stadt, die mehrere Frauen entband, die
später am Puerperalfieber litten.

Nach Kopenhagen habe ich Abschrift Ihres Briefes ge-
schickt. Aus eigener Erfahrung, die so gering ist, dem grossen
Wiener Experiment gegenüber sprechen zu wollen, würde
anmassend sein.

Dennoch kann ich nicht unterlassen, Ihnen einiges mit-
zutheilen, dessen Zusammenhang man in kleinerer Weise
gerade leichter übersehen kann.

fieber und beim chirurgischen Fieber hervorbringt, das ist ein
resorbirter zersetzter thierisch-organischer Stoff.


Die zweite Antwort kam vom Professor Michaelis
aus Kiel.

Dr. Schwarz, Michaelis Schüler, war Ende d. J. 1847
auf dem praktisch-geburtshilflichen Curse an der I. Gebär-
klinik, und schrieb an Michaelis die in Wien gemachten
Beobachtungen, worauf als Antwort folgender Brief einlief:

Herrn Dr. Herm. Schwarz in Wien.

»Ihr Brief vom 21. December 1847 hat mein höchstes
Interesse erregt. Ich war wieder in der grössten Noth. Unsere
Anstalt war in Folge des Puerperalfiebers vom 1. Juli bis
1. November geschlossen. Die drei zuerst wieder Aufgenom-
menen erkrankten, eine starb und zwei wurden nur eben
gerettet. Wir wollten also die Anstalt schon wieder schliessen.
Indessen besserte sich der Gesundheitszustand wieder; zwei
neu Erkrankte wurden leicht geheilt, nur eine starb noch im
Februar. Seitdem sind alle gesund. Ihre Mittheilungen gaben
mir zuerst wieder einigen Muth; der Beweis der Wirksam-
keit der Chlorwaschungen, so weit er in Wien geführt ist, ist
schon aus der grossen Anzahl von Bedeutung. Ich führte sie
sogleich in der Anstalt ein, und Niemand, Candidaten noch
Hebammen, dürfen seitdem untersuchen, ohne dass sie sich
mit Chlor gewaschen haben. Auch gebraucht es schon eine
Hebamme in der Stadt, die mehrere Frauen entband, die
später am Puerperalfieber litten.

Nach Kopenhagen habe ich Abschrift Ihres Briefes ge-
schickt. Aus eigener Erfahrung, die so gering ist, dem grossen
Wiener Experiment gegenüber sprechen zu wollen, würde
anmassend sein.

Dennoch kann ich nicht unterlassen, Ihnen einiges mit-
zutheilen, dessen Zusammenhang man in kleinerer Weise
gerade leichter übersehen kann.

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[286/0298] fieber und beim chirurgischen Fieber hervorbringt, das ist ein resorbirter zersetzter thierisch-organischer Stoff. Die zweite Antwort kam vom Professor Michaelis aus Kiel. Dr. Schwarz, Michaelis Schüler, war Ende d. J. 1847 auf dem praktisch-geburtshilflichen Curse an der I. Gebär- klinik, und schrieb an Michaelis die in Wien gemachten Beobachtungen, worauf als Antwort folgender Brief einlief: Herrn Dr. Herm. Schwarz in Wien. »Ihr Brief vom 21. December 1847 hat mein höchstes Interesse erregt. Ich war wieder in der grössten Noth. Unsere Anstalt war in Folge des Puerperalfiebers vom 1. Juli bis 1. November geschlossen. Die drei zuerst wieder Aufgenom- menen erkrankten, eine starb und zwei wurden nur eben gerettet. Wir wollten also die Anstalt schon wieder schliessen. Indessen besserte sich der Gesundheitszustand wieder; zwei neu Erkrankte wurden leicht geheilt, nur eine starb noch im Februar. Seitdem sind alle gesund. Ihre Mittheilungen gaben mir zuerst wieder einigen Muth; der Beweis der Wirksam- keit der Chlorwaschungen, so weit er in Wien geführt ist, ist schon aus der grossen Anzahl von Bedeutung. Ich führte sie sogleich in der Anstalt ein, und Niemand, Candidaten noch Hebammen, dürfen seitdem untersuchen, ohne dass sie sich mit Chlor gewaschen haben. Auch gebraucht es schon eine Hebamme in der Stadt, die mehrere Frauen entband, die später am Puerperalfieber litten. Nach Kopenhagen habe ich Abschrift Ihres Briefes ge- schickt. Aus eigener Erfahrung, die so gering ist, dem grossen Wiener Experiment gegenüber sprechen zu wollen, würde anmassend sein. Dennoch kann ich nicht unterlassen, Ihnen einiges mit- zutheilen, dessen Zusammenhang man in kleinerer Weise gerade leichter übersehen kann.

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/298>, abgerufen am 25.11.2024.