Amsterdam von Tilanus sind es, welchen ich diese bestäti- genden Mittheilungen entnehme.
Um jedoch dieser Entdeckung ihre volle Giltigkeit zu gewinnen, werden hiermit alle Vorsteher geburtshilflicher Anstalten freundlichst ersucht, Versuche anzustellen, und die bestätigenden oder widerlegenden Resultate an die Redaction dieser Zeitschrift einzusenden!"
Dr. Carl Haller, damals Primararzt und provisorischer Directions-Adjunct, sagt in seinem "Aerztlichen Bericht über das k. k. allgemeine Krankenhaus in Wien und die damit verbundenen Anstalten: die k. k. Gebär-, Irren- und Findel- anstalt im Solarjahr 1848", *) nachdem er die Rapporte der beiden Abtheilungen gegeben, Folgendes: "Das Sterblichkeits- verhältniss auf den beiden grossen Gratisabtheilungen der Gebäranstalt ist fast ein gleiches, und muss in jeder Beziehung ein befriedigendes genannt werden.
Seit Jahren bestand jedoch eine bedenkliche Verschie- denheit. Die unter Leitung des Professors Klein befindliche I. Gebärklinik, welcher ausschliesslich alle männlichen Schüler zugewiesen sind, hatte eine auffallend grosse Sterblichkeit gegen Professors Bartsch Schule, an der sämmtliche Hebam- men den Unterricht erhalten.
Die Gründe dieser höchst beunruhigenden Erscheinung konnten nie mit Sicherheit ermittelt werden. Das grosse Ver- dienst ihrer Entdeckung gebührt dem emeritirten Assistenten der I. Gebärklinik, Dr. Semmelweis. Von der Vermuthung geleitet, dass die zahlreichen Erkrankungen und Todesfälle unter den Wöchnerinnen der I. Gebärklinik vielleicht zum grossen Theile in einer Einbringung von Leichengift durch das Touchiren der gleichzeitig in der Sectionskammer beschäf- tigten Studierenden und Geburtsärzte bedingt sein könnte,
*) Zeitschrift der k. k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien. 5. Jahrgang, 2. Band, Seite 536.
Amsterdam von Tilanus sind es, welchen ich diese bestäti- genden Mittheilungen entnehme.
Um jedoch dieser Entdeckung ihre volle Giltigkeit zu gewinnen, werden hiermit alle Vorsteher geburtshilflicher Anstalten freundlichst ersucht, Versuche anzustellen, und die bestätigenden oder widerlegenden Resultate an die Redaction dieser Zeitschrift einzusenden!«
Dr. Carl Haller, damals Primararzt und provisorischer Directions-Adjunct, sagt in seinem »Aerztlichen Bericht über das k. k. allgemeine Krankenhaus in Wien und die damit verbundenen Anstalten: die k. k. Gebär-, Irren- und Findel- anstalt im Solarjahr 1848«, *) nachdem er die Rapporte der beiden Abtheilungen gegeben, Folgendes: »Das Sterblichkeits- verhältniss auf den beiden grossen Gratisabtheilungen der Gebäranstalt ist fast ein gleiches, und muss in jeder Beziehung ein befriedigendes genannt werden.
Seit Jahren bestand jedoch eine bedenkliche Verschie- denheit. Die unter Leitung des Professors Klein befindliche I. Gebärklinik, welcher ausschliesslich alle männlichen Schüler zugewiesen sind, hatte eine auffallend grosse Sterblichkeit gegen Professors Bartsch Schule, an der sämmtliche Hebam- men den Unterricht erhalten.
Die Gründe dieser höchst beunruhigenden Erscheinung konnten nie mit Sicherheit ermittelt werden. Das grosse Ver- dienst ihrer Entdeckung gebührt dem emeritirten Assistenten der I. Gebärklinik, Dr. Semmelweis. Von der Vermuthung geleitet, dass die zahlreichen Erkrankungen und Todesfälle unter den Wöchnerinnen der I. Gebärklinik vielleicht zum grossen Theile in einer Einbringung von Leichengift durch das Touchiren der gleichzeitig in der Sectionskammer beschäf- tigten Studierenden und Geburtsärzte bedingt sein könnte,
*) Zeitschrift der k. k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien. 5. Jahrgang, 2. Band, Seite 536.
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Amsterdam von Tilanus sind es, welchen ich diese bestäti-
genden Mittheilungen entnehme.
Um jedoch dieser Entdeckung ihre volle Giltigkeit zu
gewinnen, werden hiermit alle Vorsteher geburtshilflicher
Anstalten freundlichst ersucht, Versuche anzustellen, und die
bestätigenden oder widerlegenden Resultate an die Redaction
dieser Zeitschrift einzusenden!«
Dr. Carl Haller, damals Primararzt und provisorischer
Directions-Adjunct, sagt in seinem »Aerztlichen Bericht über
das k. k. allgemeine Krankenhaus in Wien und die damit
verbundenen Anstalten: die k. k. Gebär-, Irren- und Findel-
anstalt im Solarjahr 1848«, *) nachdem er die Rapporte der
beiden Abtheilungen gegeben, Folgendes: »Das Sterblichkeits-
verhältniss auf den beiden grossen Gratisabtheilungen der
Gebäranstalt ist fast ein gleiches, und muss in jeder Beziehung
ein befriedigendes genannt werden.
Seit Jahren bestand jedoch eine bedenkliche Verschie-
denheit. Die unter Leitung des Professors Klein befindliche
I. Gebärklinik, welcher ausschliesslich alle männlichen Schüler
zugewiesen sind, hatte eine auffallend grosse Sterblichkeit
gegen Professors Bartsch Schule, an der sämmtliche Hebam-
men den Unterricht erhalten.
Die Gründe dieser höchst beunruhigenden Erscheinung
konnten nie mit Sicherheit ermittelt werden. Das grosse Ver-
dienst ihrer Entdeckung gebührt dem emeritirten Assistenten
der I. Gebärklinik, Dr. Semmelweis. Von der Vermuthung
geleitet, dass die zahlreichen Erkrankungen und Todesfälle
unter den Wöchnerinnen der I. Gebärklinik vielleicht zum
grossen Theile in einer Einbringung von Leichengift durch
das Touchiren der gleichzeitig in der Sectionskammer beschäf-
tigten Studierenden und Geburtsärzte bedingt sein könnte,
*) Zeitschrift der k. k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien. 5. Jahrgang,
2. Band, Seite 536.
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/292>, abgerufen am 25.11.2024.
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