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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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Wie kann man Individuen vor Einflüssen, die sich über
ganze Länderstrecken ausbreiten, durch Schliessen der Ge-
bärhäuser schützen?

Sobald man weiss, dass das Kindbettfieber durch Ein-
bringung eines zersetzten Stoffes von aussen entstehe, ist die
Erklärung leicht gegeben. In der Maternite zu Paris wurden
schon Ende des vorigen Jahrhunderts vermöge des Unter-
richtssystems der Individuen zersetzte Stoffe eingeführt, in
Wien begann es mit dem Jahre 1823, von da ab wurden gleich-
zeitig in Wien und Paris den Individuen zersetzte Stoffe ein-
gebracht, in England, Schottland und Irland geschah dies
aus Gründen, welche wir oben sehr weitläufig auseinanderge-
setzt haben, nie in dieser Ausdehnung und daher der bessere
Gesundheitszustand. Die für eine Abtheilung schützende Kraft
des Wiener Vorzimmers und des Strassburger Zimmers mit
den Betten der Schülerinnen bestand darin, dass an einer
Seite dieser Zimmer den Individuen häufig, an der andern
aber seltener ein zersetzter Stoff von aussen eingebracht wurde.
Durch das Schliessen der Gebärhäuser werden die Individuen
dadurch gerettet, dass ihnen, wenn selbe ausserhalb des Ge-
bärhauses entbinden, seltener zersetzte Stoffe eingebracht
werden, als es der Fall gewesen wäre, falls sie im Gebärhause
geboren hätten.

Nicht atmosphärische Einflüsse sind es, welche, über
ganze Länderstrecken verbreitet, das Kindbettfieber hervor-
bringen, sondern über ganze Länderstrecken verbreitet wer-
den den Individuen von aussen zersetzte Stoffe eingebracht,
und deshalb kommt über ganze Länderstrecken verbreitet das
Kindbettfieber vor.

Zur Ehre der Geburtshelfer will ich glauben, dass noch
nie einer diese weltbekannten Daten mit der Lehre vom epi-
demischen Kindbettfieber in Einklang zu bringen versuchte,
denn ich kann nicht glauben, dass Jemand, dem es mit der
Wahrheit ernst ist, länger an die Lehre des epidemischen
Kindbettfiebers glauben kann, als bis zu dem Augenblicke, in

14 *

Wie kann man Individuen vor Einflüssen, die sich über
ganze Länderstrecken ausbreiten, durch Schliessen der Ge-
bärhäuser schützen?

Sobald man weiss, dass das Kindbettfieber durch Ein-
bringung eines zersetzten Stoffes von aussen entstehe, ist die
Erklärung leicht gegeben. In der Maternité zu Paris wurden
schon Ende des vorigen Jahrhunderts vermöge des Unter-
richtssystems der Individuen zersetzte Stoffe eingeführt, in
Wien begann es mit dem Jahre 1823, von da ab wurden gleich-
zeitig in Wien und Paris den Individuen zersetzte Stoffe ein-
gebracht, in England, Schottland und Irland geschah dies
aus Gründen, welche wir oben sehr weitläufig auseinanderge-
setzt haben, nie in dieser Ausdehnung und daher der bessere
Gesundheitszustand. Die für eine Abtheilung schützende Kraft
des Wiener Vorzimmers und des Strassburger Zimmers mit
den Betten der Schülerinnen bestand darin, dass an einer
Seite dieser Zimmer den Individuen häufig, an der andern
aber seltener ein zersetzter Stoff von aussen eingebracht wurde.
Durch das Schliessen der Gebärhäuser werden die Individuen
dadurch gerettet, dass ihnen, wenn selbe ausserhalb des Ge-
bärhauses entbinden, seltener zersetzte Stoffe eingebracht
werden, als es der Fall gewesen wäre, falls sie im Gebärhause
geboren hätten.

Nicht atmosphärische Einflüsse sind es, welche, über
ganze Länderstrecken verbreitet, das Kindbettfieber hervor-
bringen, sondern über ganze Länderstrecken verbreitet wer-
den den Individuen von aussen zersetzte Stoffe eingebracht,
und deshalb kommt über ganze Länderstrecken verbreitet das
Kindbettfieber vor.

Zur Ehre der Geburtshelfer will ich glauben, dass noch
nie einer diese weltbekannten Daten mit der Lehre vom epi-
demischen Kindbettfieber in Einklang zu bringen versuchte,
denn ich kann nicht glauben, dass Jemand, dem es mit der
Wahrheit ernst ist, länger an die Lehre des epidemischen
Kindbettfiebers glauben kann, als bis zu dem Augenblicke, in

14 *
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[211/0223] Wie kann man Individuen vor Einflüssen, die sich über ganze Länderstrecken ausbreiten, durch Schliessen der Ge- bärhäuser schützen? Sobald man weiss, dass das Kindbettfieber durch Ein- bringung eines zersetzten Stoffes von aussen entstehe, ist die Erklärung leicht gegeben. In der Maternité zu Paris wurden schon Ende des vorigen Jahrhunderts vermöge des Unter- richtssystems der Individuen zersetzte Stoffe eingeführt, in Wien begann es mit dem Jahre 1823, von da ab wurden gleich- zeitig in Wien und Paris den Individuen zersetzte Stoffe ein- gebracht, in England, Schottland und Irland geschah dies aus Gründen, welche wir oben sehr weitläufig auseinanderge- setzt haben, nie in dieser Ausdehnung und daher der bessere Gesundheitszustand. Die für eine Abtheilung schützende Kraft des Wiener Vorzimmers und des Strassburger Zimmers mit den Betten der Schülerinnen bestand darin, dass an einer Seite dieser Zimmer den Individuen häufig, an der andern aber seltener ein zersetzter Stoff von aussen eingebracht wurde. Durch das Schliessen der Gebärhäuser werden die Individuen dadurch gerettet, dass ihnen, wenn selbe ausserhalb des Ge- bärhauses entbinden, seltener zersetzte Stoffe eingebracht werden, als es der Fall gewesen wäre, falls sie im Gebärhause geboren hätten. Nicht atmosphärische Einflüsse sind es, welche, über ganze Länderstrecken verbreitet, das Kindbettfieber hervor- bringen, sondern über ganze Länderstrecken verbreitet wer- den den Individuen von aussen zersetzte Stoffe eingebracht, und deshalb kommt über ganze Länderstrecken verbreitet das Kindbettfieber vor. Zur Ehre der Geburtshelfer will ich glauben, dass noch nie einer diese weltbekannten Daten mit der Lehre vom epi- demischen Kindbettfieber in Einklang zu bringen versuchte, denn ich kann nicht glauben, dass Jemand, dem es mit der Wahrheit ernst ist, länger an die Lehre des epidemischen Kindbettfiebers glauben kann, als bis zu dem Augenblicke, in 14 *

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/223>, abgerufen am 24.11.2024.