einer Operation an einem an Erysipel oder am Typhus er- krankten Individuum soll der Chirurg so sorgfältig als nur möglich seine Hände waschen und seinen Anzug gänzlich än- dern, bevor er zu irgend einer Geburt geht; hiebei muss man ja die Handschuhe nicht ausser Acht lassen, da ja Hände und Arme die das Gift zunächst übertragenden Theile des Kör- pers sind.
"Sobald aber unglücklicherweise die Krankheit in eines Arztes Praxis sich festgesetzt hat, so sollte er sich 2--3 Wochen gänzlich von seinem Wohnorte entfernen, vollends seine Kleidung ändern, die sorgfältigsten Waschungen vor- nehmen und jedweden Krankheitsfall vermeiden, der die Quelle thierischen Giftes sein könnte.
"Eine ähnliche Mittheilung, die Roberton macht, erregte ungemeines Aufsehen in England. Eine Hebamme, die im Kreise der von der Wohlthätigkeitsgesellschaft verpflegten Gebärenden und Wöchnerinnen eine sehr ausgebreitete Praxis hatte, hatte das Unglück, eine von ihr entbundene Frau am Puerperalfieber sterben zu sehen. In dem darauffolgenden Monate (December 1830) war sie in weit auseinander gelege- nen Stadttheilen bei 30 Geburten thätig, 16 von diesen Wöch- nerinnen wurden vom Puerperalfieber befallen und starben. Dieser Umstand war um so auffallender, als beiläufig 380 Ge- burtsfälle vorfielen, die von derselben Gesellschaft nur durch Hebammen besorgt wurden, und die, mit alleiniger Aus- nahme der früher erwähnten, ohne alle Störungen im Wo- chenbette vorübergingen. Die Aerzte der Anstalt drangen darauf, dass die Hebamme sich auf's Land begebe, und ihre Praxis für einige Zeit aussetze; kurze Zeit nach diesem Be- schlusse zeigte sich das Puerperalfieber an vielen Punkten der Stadt und in der Praxis von anderen Hebammen und Aerzten. Bis Juni wüthete es in einer Ausdehnung und mit einer Hef- tigkeit, die in Manchester kaum je vorgekommen war.
"Roberton nimmt es nicht auf sich, zu erklären, auf welche Art die Uebertragung der Krankheit in dem Falle der
einer Operation an einem an Erysipel oder am Typhus er- krankten Individuum soll der Chirurg so sorgfältig als nur möglich seine Hände waschen und seinen Anzug gänzlich än- dern, bevor er zu irgend einer Geburt geht; hiebei muss man ja die Handschuhe nicht ausser Acht lassen, da ja Hände und Arme die das Gift zunächst übertragenden Theile des Kör- pers sind.
»Sobald aber unglücklicherweise die Krankheit in eines Arztes Praxis sich festgesetzt hat, so sollte er sich 2—3 Wochen gänzlich von seinem Wohnorte entfernen, vollends seine Kleidung ändern, die sorgfältigsten Waschungen vor- nehmen und jedweden Krankheitsfall vermeiden, der die Quelle thierischen Giftes sein könnte.
»Eine ähnliche Mittheilung, die Roberton macht, erregte ungemeines Aufsehen in England. Eine Hebamme, die im Kreise der von der Wohlthätigkeitsgesellschaft verpflegten Gebärenden und Wöchnerinnen eine sehr ausgebreitete Praxis hatte, hatte das Unglück, eine von ihr entbundene Frau am Puerperalfieber sterben zu sehen. In dem darauffolgenden Monate (December 1830) war sie in weit auseinander gelege- nen Stadttheilen bei 30 Geburten thätig, 16 von diesen Wöch- nerinnen wurden vom Puerperalfieber befallen und starben. Dieser Umstand war um so auffallender, als beiläufig 380 Ge- burtsfälle vorfielen, die von derselben Gesellschaft nur durch Hebammen besorgt wurden, und die, mit alleiniger Aus- nahme der früher erwähnten, ohne alle Störungen im Wo- chenbette vorübergingen. Die Aerzte der Anstalt drangen darauf, dass die Hebamme sich auf’s Land begebe, und ihre Praxis für einige Zeit aussetze; kurze Zeit nach diesem Be- schlusse zeigte sich das Puerperalfieber an vielen Punkten der Stadt und in der Praxis von anderen Hebammen und Aerzten. Bis Juni wüthete es in einer Ausdehnung und mit einer Hef- tigkeit, die in Manchester kaum je vorgekommen war.
»Roberton nimmt es nicht auf sich, zu erklären, auf welche Art die Uebertragung der Krankheit in dem Falle der
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einer Operation an einem an Erysipel oder am Typhus er-
krankten Individuum soll der Chirurg so sorgfältig als nur
möglich seine Hände waschen und seinen Anzug gänzlich än-
dern, bevor er zu irgend einer Geburt geht; hiebei muss man
ja die Handschuhe nicht ausser Acht lassen, da ja Hände und
Arme die das Gift zunächst übertragenden Theile des Kör-
pers sind.
»Sobald aber unglücklicherweise die Krankheit in eines
Arztes Praxis sich festgesetzt hat, so sollte er sich 2—3
Wochen gänzlich von seinem Wohnorte entfernen, vollends
seine Kleidung ändern, die sorgfältigsten Waschungen vor-
nehmen und jedweden Krankheitsfall vermeiden, der die Quelle
thierischen Giftes sein könnte.
»Eine ähnliche Mittheilung, die Roberton macht, erregte
ungemeines Aufsehen in England. Eine Hebamme, die im
Kreise der von der Wohlthätigkeitsgesellschaft verpflegten
Gebärenden und Wöchnerinnen eine sehr ausgebreitete Praxis
hatte, hatte das Unglück, eine von ihr entbundene Frau am
Puerperalfieber sterben zu sehen. In dem darauffolgenden
Monate (December 1830) war sie in weit auseinander gelege-
nen Stadttheilen bei 30 Geburten thätig, 16 von diesen Wöch-
nerinnen wurden vom Puerperalfieber befallen und starben.
Dieser Umstand war um so auffallender, als beiläufig 380 Ge-
burtsfälle vorfielen, die von derselben Gesellschaft nur durch
Hebammen besorgt wurden, und die, mit alleiniger Aus-
nahme der früher erwähnten, ohne alle Störungen im Wo-
chenbette vorübergingen. Die Aerzte der Anstalt drangen
darauf, dass die Hebamme sich auf’s Land begebe, und ihre
Praxis für einige Zeit aussetze; kurze Zeit nach diesem Be-
schlusse zeigte sich das Puerperalfieber an vielen Punkten der
Stadt und in der Praxis von anderen Hebammen und Aerzten.
Bis Juni wüthete es in einer Ausdehnung und mit einer Hef-
tigkeit, die in Manchester kaum je vorgekommen war.
»Roberton nimmt es nicht auf sich, zu erklären, auf
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/201>, abgerufen am 22.11.2024.
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