"2. Damit die Candidaten nicht leicht von anatomischen Arbeiten zur Klinik kommen konnten, bestimmte ich für den Sommer und für den Winter die Morgenstunden von 7 bis 9 für die Abhaltung der Klinik.
"3. Richtete ich mein Augenmerk auf sorgfältige Reini- gung der Wäsche, wobei auch bei der zweiten Epidemie die Einrichtung getroffen wurde, dass die vor die Genitalien zu legenden Compressen selbst ausser dem Hause gewaschen wurden.
"4. Sehr leicht denkbar erschien es mir ferner, dass beim Waschen der Wöchnerinnen an den Geburtstheilen mit dem Schwamme, wenn z. B. die eine an Puerperalgeschwüren litt, dieser Zustand auch auf die anderen Wöchnerinnen übertra- gen werden kann. Deswegen traf ich die Einrichtung, zur Reinigung der Geburtstheile bei den Wöchnerinnen keine Schwämme mehr, sondern nur Spritzen zu gebrauchen, denn während erstere mit den Geburtstheilen leicht in Contact kom- men, ist dieses bei den letzteren nicht leicht möglich.
"5. Suchte ich die schwerer Erkrankten aus der Gebär- anstalt zu entfernen, indem ich selbe ins Krankenhaus trans- ferirte. Diese Massregel war jedoch auch andererseits durch Mangel an Raum geboten. Dass es jedenfalls zweckmässig ist, in physischer und moralischer Beziehung die Anhäufung solcher Kranken in den Gebäranstalten zu verhindern, muss Jedermann einleuchten.
"6. Aus der oben ausgesprochenen Ansicht geht nun fer- ner hervor, dass bei Eintritt zahlreicherer Erkrankungen an einer Gebäranstalt ein Wechsel der Localitäten, so wie der ganzen Fournitur eines Spitals ein vorzügliches Mittel ge- nannt werden muss, um die Ausbreitung der Krankheit zu hemmen.
"Daher schien es mir zweckmässig, bei Errichtung neuer derartiger Anstalten die Baulichkeit so einzurichten, dass z. B. hier in loco eine jede geburtshilfliche Klinik ein eige-
»2. Damit die Candidaten nicht leicht von anatomischen Arbeiten zur Klinik kommen konnten, bestimmte ich für den Sommer und für den Winter die Morgenstunden von 7 bis 9 für die Abhaltung der Klinik.
»3. Richtete ich mein Augenmerk auf sorgfältige Reini- gung der Wäsche, wobei auch bei der zweiten Epidemie die Einrichtung getroffen wurde, dass die vor die Genitalien zu legenden Compressen selbst ausser dem Hause gewaschen wurden.
»4. Sehr leicht denkbar erschien es mir ferner, dass beim Waschen der Wöchnerinnen an den Geburtstheilen mit dem Schwamme, wenn z. B. die eine an Puerperalgeschwüren litt, dieser Zustand auch auf die anderen Wöchnerinnen übertra- gen werden kann. Deswegen traf ich die Einrichtung, zur Reinigung der Geburtstheile bei den Wöchnerinnen keine Schwämme mehr, sondern nur Spritzen zu gebrauchen, denn während erstere mit den Geburtstheilen leicht in Contact kom- men, ist dieses bei den letzteren nicht leicht möglich.
»5. Suchte ich die schwerer Erkrankten aus der Gebär- anstalt zu entfernen, indem ich selbe ins Krankenhaus trans- ferirte. Diese Massregel war jedoch auch andererseits durch Mangel an Raum geboten. Dass es jedenfalls zweckmässig ist, in physischer und moralischer Beziehung die Anhäufung solcher Kranken in den Gebäranstalten zu verhindern, muss Jedermann einleuchten.
»6. Aus der oben ausgesprochenen Ansicht geht nun fer- ner hervor, dass bei Eintritt zahlreicherer Erkrankungen an einer Gebäranstalt ein Wechsel der Localitäten, so wie der ganzen Fournitur eines Spitals ein vorzügliches Mittel ge- nannt werden muss, um die Ausbreitung der Krankheit zu hemmen.
»Daher schien es mir zweckmässig, bei Errichtung neuer derartiger Anstalten die Baulichkeit so einzurichten, dass z. B. hier in loco eine jede geburtshilfliche Klinik ein eige-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0163"n="151"/><p>»2. Damit die Candidaten nicht leicht von anatomischen<lb/>
Arbeiten zur Klinik kommen konnten, bestimmte ich für den<lb/>
Sommer und für den Winter die Morgenstunden von 7 bis 9<lb/>
für die Abhaltung der Klinik.</p><lb/><p>»3. Richtete ich mein Augenmerk auf sorgfältige Reini-<lb/>
gung der Wäsche, wobei auch bei der zweiten Epidemie die<lb/>
Einrichtung getroffen wurde, dass die vor die Genitalien zu<lb/>
legenden Compressen selbst ausser dem Hause gewaschen<lb/>
wurden.</p><lb/><p>»4. Sehr leicht denkbar erschien es mir ferner, dass beim<lb/>
Waschen der Wöchnerinnen an den Geburtstheilen mit dem<lb/>
Schwamme, wenn z. B. die eine an Puerperalgeschwüren litt,<lb/>
dieser Zustand auch auf die anderen Wöchnerinnen übertra-<lb/>
gen werden kann. Deswegen traf ich die Einrichtung, zur<lb/>
Reinigung der Geburtstheile bei den Wöchnerinnen keine<lb/>
Schwämme mehr, sondern nur Spritzen zu gebrauchen, denn<lb/>
während erstere mit den Geburtstheilen leicht in Contact kom-<lb/>
men, ist dieses bei den letzteren nicht leicht möglich.</p><lb/><p>»5. Suchte ich die schwerer Erkrankten aus der Gebär-<lb/>
anstalt zu entfernen, indem ich selbe ins Krankenhaus trans-<lb/>
ferirte. Diese Massregel war jedoch auch andererseits durch<lb/>
Mangel an Raum geboten. Dass es jedenfalls zweckmässig<lb/>
ist, in physischer und moralischer Beziehung die Anhäufung<lb/>
solcher Kranken in den Gebäranstalten zu verhindern, muss<lb/>
Jedermann einleuchten.</p><lb/><p>»6. Aus der oben ausgesprochenen Ansicht geht nun fer-<lb/>
ner hervor, dass bei Eintritt zahlreicherer Erkrankungen an<lb/>
einer Gebäranstalt ein Wechsel der Localitäten, so wie der<lb/>
ganzen Fournitur eines Spitals ein vorzügliches Mittel ge-<lb/>
nannt werden muss, um die Ausbreitung der Krankheit zu<lb/>
hemmen.</p><lb/><p>»Daher schien es mir zweckmässig, bei Errichtung neuer<lb/>
derartiger Anstalten die Baulichkeit so einzurichten, dass<lb/>
z. B. hier in loco eine jede geburtshilfliche Klinik ein eige-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[151/0163]
»2. Damit die Candidaten nicht leicht von anatomischen
Arbeiten zur Klinik kommen konnten, bestimmte ich für den
Sommer und für den Winter die Morgenstunden von 7 bis 9
für die Abhaltung der Klinik.
»3. Richtete ich mein Augenmerk auf sorgfältige Reini-
gung der Wäsche, wobei auch bei der zweiten Epidemie die
Einrichtung getroffen wurde, dass die vor die Genitalien zu
legenden Compressen selbst ausser dem Hause gewaschen
wurden.
»4. Sehr leicht denkbar erschien es mir ferner, dass beim
Waschen der Wöchnerinnen an den Geburtstheilen mit dem
Schwamme, wenn z. B. die eine an Puerperalgeschwüren litt,
dieser Zustand auch auf die anderen Wöchnerinnen übertra-
gen werden kann. Deswegen traf ich die Einrichtung, zur
Reinigung der Geburtstheile bei den Wöchnerinnen keine
Schwämme mehr, sondern nur Spritzen zu gebrauchen, denn
während erstere mit den Geburtstheilen leicht in Contact kom-
men, ist dieses bei den letzteren nicht leicht möglich.
»5. Suchte ich die schwerer Erkrankten aus der Gebär-
anstalt zu entfernen, indem ich selbe ins Krankenhaus trans-
ferirte. Diese Massregel war jedoch auch andererseits durch
Mangel an Raum geboten. Dass es jedenfalls zweckmässig
ist, in physischer und moralischer Beziehung die Anhäufung
solcher Kranken in den Gebäranstalten zu verhindern, muss
Jedermann einleuchten.
»6. Aus der oben ausgesprochenen Ansicht geht nun fer-
ner hervor, dass bei Eintritt zahlreicherer Erkrankungen an
einer Gebäranstalt ein Wechsel der Localitäten, so wie der
ganzen Fournitur eines Spitals ein vorzügliches Mittel ge-
nannt werden muss, um die Ausbreitung der Krankheit zu
hemmen.
»Daher schien es mir zweckmässig, bei Errichtung neuer
derartiger Anstalten die Baulichkeit so einzurichten, dass
z. B. hier in loco eine jede geburtshilfliche Klinik ein eige-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/163>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.