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Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789.

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XLV. Fünftes Morgengebet.

Allgegenwärtiger, allgewaltiger Gott! der du
Himmel und Erden erschaffen hast und alle Dinge
mit unerforschlicher Weisheit regierest, ich lode und
preise dich für den gnädigen Schutz, den du mir in
der vergangenen Nacht hast angedeihen lassen. Auch
in der Finsterniß warst du um mich und wendetest
alle Gefahren von mir (und den Meinigen) ab;
möchte ich doch diesen und alle andere Tage meines
Lebens recht oft daran gedenken, daß du mich über-
all umgiebst; daß keine Dunkelheit mich vor dir be-
deckt; daß dein allsehendes Auge sogar die verborgen-
sten Gedanken und Neigungen meines Herzens im
hellsten Lichte erblicket und prüft. Wo könnte ich
hingehen vor deinem Geiste; wo könnte ich hinflie-
hen, da du nicht wärest? Du bist nicht ein Gott,
der in der Ferne, sondern der auch in der Nähe
bey mir ist, der alle meine Gänge und Tritte kennt,
der es weiß, wenn ich sitze oder liege; der alle
Worte vernimmt, die aus meinem Munde gehen.
Dieß soll mich behutsam machen in allen meinen Unter-
nehmungen, gewissenhaft in allen meinen Entschliessun-
gen und Reden. Nie will ich etwas zu thun mich erküh-
nen, das dir meinem Gott misfällig wäre, noch weniger
etwas schändliches vor deinem Angesicht begehen.
Mit aller Treue will ich die Werke meines Berufs vol-
lenden; auch in der Einsamkeit mich daran erinnern,
daß du bey mir seyst. Ach erhalte in mir dieß An-
denken an deine Allgegenwart; erfülle mich durch
dasselbe mit Abscheu gegen die Sünde; erwecke
mich dadurch zur Ausübung alles Guten. Wie
getrost kann ich mich dann auf deinen Beystand ver-

las-
F 4
XLV. Fünftes Morgengebet.

Allgegenwärtiger, allgewaltiger Gott! der du
Himmel und Erden erſchaffen haſt und alle Dinge
mit unerforſchlicher Weisheit regiereſt, ich lode und
preiſe dich für den gnädigen Schutz, den du mir in
der vergangenen Nacht haſt angedeihen laſſen. Auch
in der Finſterniß warſt du um mich und wendeteſt
alle Gefahren von mir (und den Meinigen) ab;
möchte ich doch dieſen und alle andere Tage meines
Lebens recht oft daran gedenken, daß du mich über-
all umgiebſt; daß keine Dunkelheit mich vor dir be-
deckt; daß dein allſehendes Auge ſogar die verborgen-
ſten Gedanken und Neigungen meines Herzens im
hellſten Lichte erblicket und prüft. Wo könnte ich
hingehen vor deinem Geiſte; wo könnte ich hinflie-
hen, da du nicht wäreſt? Du biſt nicht ein Gott,
der in der Ferne, ſondern der auch in der Nähe
bey mir iſt, der alle meine Gänge und Tritte kennt,
der es weiß, wenn ich ſitze oder liege; der alle
Worte vernimmt, die aus meinem Munde gehen.
Dieß ſoll mich behutſam machen in allen meinen Unter-
nehmungen, gewiſſenhaft in allen meinen Entſchlieſſun-
gen und Reden. Nie will ich etwas zu thun mich erküh-
nen, das dir meinem Gott misfällig wäre, noch weniger
etwas ſchändliches vor deinem Angeſicht begehen.
Mit aller Treue will ich die Werke meines Berufs vol-
lenden; auch in der Einſamkeit mich daran erinnern,
daß du bey mir ſeyſt. Ach erhalte in mir dieß An-
denken an deine Allgegenwart; erfülle mich durch
daſſelbe mit Abſcheu gegen die Sünde; erwecke
mich dadurch zur Ausübung alles Guten. Wie
getroſt kann ich mich dann auf deinen Beyſtand ver-

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F 4
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[87/0091] XLV. Fünftes Morgengebet. Allgegenwärtiger, allgewaltiger Gott! der du Himmel und Erden erſchaffen haſt und alle Dinge mit unerforſchlicher Weisheit regiereſt, ich lode und preiſe dich für den gnädigen Schutz, den du mir in der vergangenen Nacht haſt angedeihen laſſen. Auch in der Finſterniß warſt du um mich und wendeteſt alle Gefahren von mir (und den Meinigen) ab; möchte ich doch dieſen und alle andere Tage meines Lebens recht oft daran gedenken, daß du mich über- all umgiebſt; daß keine Dunkelheit mich vor dir be- deckt; daß dein allſehendes Auge ſogar die verborgen- ſten Gedanken und Neigungen meines Herzens im hellſten Lichte erblicket und prüft. Wo könnte ich hingehen vor deinem Geiſte; wo könnte ich hinflie- hen, da du nicht wäreſt? Du biſt nicht ein Gott, der in der Ferne, ſondern der auch in der Nähe bey mir iſt, der alle meine Gänge und Tritte kennt, der es weiß, wenn ich ſitze oder liege; der alle Worte vernimmt, die aus meinem Munde gehen. Dieß ſoll mich behutſam machen in allen meinen Unter- nehmungen, gewiſſenhaft in allen meinen Entſchlieſſun- gen und Reden. Nie will ich etwas zu thun mich erküh- nen, das dir meinem Gott misfällig wäre, noch weniger etwas ſchändliches vor deinem Angeſicht begehen. Mit aller Treue will ich die Werke meines Berufs vol- lenden; auch in der Einſamkeit mich daran erinnern, daß du bey mir ſeyſt. Ach erhalte in mir dieß An- denken an deine Allgegenwart; erfülle mich durch daſſelbe mit Abſcheu gegen die Sünde; erwecke mich dadurch zur Ausübung alles Guten. Wie getroſt kann ich mich dann auf deinen Beyſtand ver- laſ- F 4

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Zitationshilfe: Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seiler_christentum_1789/91>, abgerufen am 22.11.2024.