Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

es, daß ich noch weit schärfere Züchtigungen verdienet
hätte, wenn du nach der Strenge mit mir verfahren
wolltest. Jch verehre mit demüthigem Dank deine
Gelindigkeit und preise dich auch für die Trübsale,
die du mir aufzulegen beschlossen hast. Sie sollen
mir eine Erinnerung an meine Fehler, und eine
Warnung vor künftigen Sünden seyn. Du ziehest
mich durch sie zurück aus den eiteln Zerstreuungen,
die der Seele öfters so gefährlich sind; du erweckest
in meinem Herzen die Sehnsucht nach dir; flößest die
Lust zum Gebet mir ein und lehrest mich bessere Freu-
den suchen, als die sind, welche die Welt geben kann.
O ich danke dir, daß du mich demüthigest, damit
ich in der Tugend desto eifriger und vollkommener
werde. Verlaß mich nur nicht mit deiner göttlichen
Hülfe; gieb mir den Geist der Freuden, daß ich mit
unerschrockenem getrosten Muthe alle Widerwärtig-
keiten erdulde. Die Versicherung deiner Gnade er-
fülle meine Seele mit froher Hoffnung; dein Friede
verbreite sich über mein ganzes Herz, daß ich auch
im Leiden, durch den Glauben gestärkt, heiter und
frölich sey. So rühme ich mich auch der Trübsale,
weil Trübsal Geduld bringt, Geduld giebt Erfahrung,
Erfahrung giebt Hoffnung und Hoffnung läßt mich
zu schanden werden. Das Gefühl der Liebe Gottes
ist ausgegossen in mein Herz. Was kann mir wahr-
haftig schaden, was kann mir die Liebe Gottes ent-
reissen? Trübsal oder Gefahr? Hunger oder Verfol-
gung? Jch bin gewiß, daß weder Tod noch Leben,
weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Ho-
hes noch Tiefes mir rauben wird, die Liebe Gottes,
die er durch Jesum mir versichert hat. Was betrübst

du

es, daß ich noch weit ſchärfere Züchtigungen verdienet
hätte, wenn du nach der Strenge mit mir verfahren
wollteſt. Jch verehre mit demüthigem Dank deine
Gelindigkeit und preiſe dich auch für die Trübſale,
die du mir aufzulegen beſchloſſen haſt. Sie ſollen
mir eine Erinnerung an meine Fehler, und eine
Warnung vor künftigen Sünden ſeyn. Du zieheſt
mich durch ſie zurück aus den eiteln Zerſtreuungen,
die der Seele öfters ſo gefährlich ſind; du erweckeſt
in meinem Herzen die Sehnſucht nach dir; flößeſt die
Luſt zum Gebet mir ein und lehreſt mich beſſere Freu-
den ſuchen, als die ſind, welche die Welt geben kann.
O ich danke dir, daß du mich demüthigeſt, damit
ich in der Tugend deſto eifriger und vollkommener
werde. Verlaß mich nur nicht mit deiner göttlichen
Hülfe; gieb mir den Geiſt der Freuden, daß ich mit
unerſchrockenem getroſten Muthe alle Widerwärtig-
keiten erdulde. Die Verſicherung deiner Gnade er-
fülle meine Seele mit froher Hoffnung; dein Friede
verbreite ſich über mein ganzes Herz, daß ich auch
im Leiden, durch den Glauben geſtärkt, heiter und
frölich ſey. So rühme ich mich auch der Trübſale,
weil Trübſal Geduld bringt, Geduld giebt Erfahrung,
Erfahrung giebt Hoffnung und Hoffnung läßt mich
zu ſchanden werden. Das Gefühl der Liebe Gottes
iſt ausgegoſſen in mein Herz. Was kann mir wahr-
haftig ſchaden, was kann mir die Liebe Gottes ent-
reiſſen? Trübſal oder Gefahr? Hunger oder Verfol-
gung? Jch bin gewiß, daß weder Tod noch Leben,
weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Ho-
hes noch Tiefes mir rauben wird, die Liebe Gottes,
die er durch Jeſum mir verſichert hat. Was betrübſt

du
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0068" n="64"/>
es, daß ich noch weit &#x017F;chärfere Züchtigungen verdienet<lb/>
hätte, wenn du nach der Strenge mit mir verfahren<lb/>
wollte&#x017F;t. Jch verehre mit demüthigem Dank deine<lb/>
Gelindigkeit und prei&#x017F;e dich auch für die Trüb&#x017F;ale,<lb/>
die du mir aufzulegen be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en ha&#x017F;t. Sie &#x017F;ollen<lb/>
mir eine Erinnerung an meine Fehler, und eine<lb/>
Warnung vor künftigen Sünden &#x017F;eyn. Du ziehe&#x017F;t<lb/>
mich durch &#x017F;ie zurück aus den eiteln Zer&#x017F;treuungen,<lb/>
die der Seele öfters &#x017F;o gefährlich &#x017F;ind; du erwecke&#x017F;t<lb/>
in meinem Herzen die Sehn&#x017F;ucht nach dir; flöße&#x017F;t die<lb/>
Lu&#x017F;t zum Gebet mir ein und lehre&#x017F;t mich be&#x017F;&#x017F;ere Freu-<lb/>
den &#x017F;uchen, als die &#x017F;ind, welche die Welt geben kann.<lb/>
O ich danke dir, daß du mich demüthige&#x017F;t, damit<lb/>
ich in der Tugend de&#x017F;to eifriger und vollkommener<lb/>
werde. Verlaß mich nur nicht mit deiner göttlichen<lb/>
Hülfe; gieb mir den Gei&#x017F;t der Freuden, daß ich mit<lb/>
uner&#x017F;chrockenem getro&#x017F;ten Muthe alle Widerwärtig-<lb/>
keiten erdulde. Die Ver&#x017F;icherung deiner Gnade er-<lb/>
fülle meine Seele mit froher Hoffnung; dein Friede<lb/>
verbreite &#x017F;ich über mein ganzes Herz, daß ich auch<lb/>
im Leiden, durch den Glauben ge&#x017F;tärkt, heiter und<lb/>
frölich &#x017F;ey. So rühme ich mich auch der Trüb&#x017F;ale,<lb/>
weil Trüb&#x017F;al Geduld bringt, Geduld giebt Erfahrung,<lb/>
Erfahrung giebt Hoffnung und Hoffnung läßt mich<lb/>
zu &#x017F;chanden werden. Das Gefühl der Liebe Gottes<lb/>
i&#x017F;t ausgego&#x017F;&#x017F;en in mein Herz. Was kann mir wahr-<lb/>
haftig &#x017F;chaden, was kann mir die Liebe Gottes ent-<lb/>
rei&#x017F;&#x017F;en? Trüb&#x017F;al oder Gefahr? Hunger oder Verfol-<lb/>
gung? Jch bin gewiß, daß weder Tod noch Leben,<lb/>
weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Ho-<lb/>
hes noch Tiefes mir rauben wird, die Liebe Gottes,<lb/>
die er durch Je&#x017F;um mir ver&#x017F;ichert hat. Was betrüb&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">du</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0068] es, daß ich noch weit ſchärfere Züchtigungen verdienet hätte, wenn du nach der Strenge mit mir verfahren wollteſt. Jch verehre mit demüthigem Dank deine Gelindigkeit und preiſe dich auch für die Trübſale, die du mir aufzulegen beſchloſſen haſt. Sie ſollen mir eine Erinnerung an meine Fehler, und eine Warnung vor künftigen Sünden ſeyn. Du zieheſt mich durch ſie zurück aus den eiteln Zerſtreuungen, die der Seele öfters ſo gefährlich ſind; du erweckeſt in meinem Herzen die Sehnſucht nach dir; flößeſt die Luſt zum Gebet mir ein und lehreſt mich beſſere Freu- den ſuchen, als die ſind, welche die Welt geben kann. O ich danke dir, daß du mich demüthigeſt, damit ich in der Tugend deſto eifriger und vollkommener werde. Verlaß mich nur nicht mit deiner göttlichen Hülfe; gieb mir den Geiſt der Freuden, daß ich mit unerſchrockenem getroſten Muthe alle Widerwärtig- keiten erdulde. Die Verſicherung deiner Gnade er- fülle meine Seele mit froher Hoffnung; dein Friede verbreite ſich über mein ganzes Herz, daß ich auch im Leiden, durch den Glauben geſtärkt, heiter und frölich ſey. So rühme ich mich auch der Trübſale, weil Trübſal Geduld bringt, Geduld giebt Erfahrung, Erfahrung giebt Hoffnung und Hoffnung läßt mich zu ſchanden werden. Das Gefühl der Liebe Gottes iſt ausgegoſſen in mein Herz. Was kann mir wahr- haftig ſchaden, was kann mir die Liebe Gottes ent- reiſſen? Trübſal oder Gefahr? Hunger oder Verfol- gung? Jch bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Ho- hes noch Tiefes mir rauben wird, die Liebe Gottes, die er durch Jeſum mir verſichert hat. Was betrübſt du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/seiler_christentum_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/seiler_christentum_1789/68
Zitationshilfe: Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seiler_christentum_1789/68>, abgerufen am 22.11.2024.