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Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789.

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XXII. Ermunterung alles um Gottes und Jesu
Christi willen zu thun, zu lassen und zu leiden.

Leben wir, so leben wir dem Herrn! Ja dir
zu leben, mein gütigster Vater! bin ich mit aufrich-
tigem Herzen entschlossen. Du weißt es, wie sehr
ich wünsche, in allen meinen Unternehmungen dei-
nem göttlichen Willen gemäß zu wandeln; aber du
siehest auch, wie meine natürliche Neigung mich im-
merhin auf das zurückzieht, was irdisch und ver-
gänglich ist; wie ich allzuoft nur auf das sehe, was
zeitlichen Vortheil oder Ehre und sinnliches Vergnü-
gen verspricht. Wie oft meide ich das Böse, blos,
um nicht in Schande vor Menschen zu gerathen, und
wie viel habe ich Gutes verichter, nur um bey Men-
schen wohl zu stehen? Ach! erhebe doch, o Gott!
meine Seele über diese niedrige Gedenkungsart, und
erzeuge in mir die edeln Gesinnungen, die eines Nach-
folgers Jesu Christi deines Sohnes recht würdig sind.
Immer sey mein Herz und meine Hoffnung zu dir
hingerichtet. Du hast mir alle Kräfte meiner Natur
gegeben; nach deinem Willen sie zu gebrauchen ist
meine Pflicht; du hast mich durch Jesum zu deinem
Eigenthum aufs neue erkauft und mich durch deinen
Geist zu deiner Verherrlichung bereitet; nun mein
Gott, aus Liebe zu dir will ich allem entsagen, was
der Vernunft und dem Gewissen zuwider ist; aus Lie-
be zu dir und meinem göttlichen Mittler in allen Tu-
genden mich täglich üben; von dir den Beystand zu
nützlichen Arbeiten erbitten; von dir die Belohnung
meines Fleißes erwarten; dir für alles Gute immer-
hin danken, das ich durch den Gebrauch deiner Ge-
schöpfe auf so mannichfaltige Weise geniesse. Dazu

hat
XXII. Ermunterung alles um Gottes und Jeſu
Chriſti willen zu thun, zu laſſen und zu leiden.

Leben wir, ſo leben wir dem Herrn! Ja dir
zu leben, mein gütigſter Vater! bin ich mit aufrich-
tigem Herzen entſchloſſen. Du weißt es, wie ſehr
ich wünſche, in allen meinen Unternehmungen dei-
nem göttlichen Willen gemäß zu wandeln; aber du
ſieheſt auch, wie meine natürliche Neigung mich im-
merhin auf das zurückzieht, was irdiſch und ver-
gänglich iſt; wie ich allzuoft nur auf das ſehe, was
zeitlichen Vortheil oder Ehre und ſinnliches Vergnü-
gen verſpricht. Wie oft meide ich das Böſe, blos,
um nicht in Schande vor Menſchen zu gerathen, und
wie viel habe ich Gutes verichter, nur um bey Men-
ſchen wohl zu ſtehen? Ach! erhebe doch, o Gott!
meine Seele über dieſe niedrige Gedenkungsart, und
erzeuge in mir die edeln Geſinnungen, die eines Nach-
folgers Jeſu Chriſti deines Sohnes recht würdig ſind.
Immer ſey mein Herz und meine Hoffnung zu dir
hingerichtet. Du haſt mir alle Kräfte meiner Natur
gegeben; nach deinem Willen ſie zu gebrauchen iſt
meine Pflicht; du haſt mich durch Jeſum zu deinem
Eigenthum aufs neue erkauft und mich durch deinen
Geiſt zu deiner Verherrlichung bereitet; nun mein
Gott, aus Liebe zu dir will ich allem entſagen, was
der Vernunft und dem Gewiſſen zuwider iſt; aus Lie-
be zu dir und meinem göttlichen Mittler in allen Tu-
genden mich täglich üben; von dir den Beyſtand zu
nützlichen Arbeiten erbitten; von dir die Belohnung
meines Fleißes erwarten; dir für alles Gute immer-
hin danken, das ich durch den Gebrauch deiner Ge-
ſchöpfe auf ſo mannichfaltige Weiſe genieſſe. Dazu

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[54/0058] XXII. Ermunterung alles um Gottes und Jeſu Chriſti willen zu thun, zu laſſen und zu leiden. Leben wir, ſo leben wir dem Herrn! Ja dir zu leben, mein gütigſter Vater! bin ich mit aufrich- tigem Herzen entſchloſſen. Du weißt es, wie ſehr ich wünſche, in allen meinen Unternehmungen dei- nem göttlichen Willen gemäß zu wandeln; aber du ſieheſt auch, wie meine natürliche Neigung mich im- merhin auf das zurückzieht, was irdiſch und ver- gänglich iſt; wie ich allzuoft nur auf das ſehe, was zeitlichen Vortheil oder Ehre und ſinnliches Vergnü- gen verſpricht. Wie oft meide ich das Böſe, blos, um nicht in Schande vor Menſchen zu gerathen, und wie viel habe ich Gutes verichter, nur um bey Men- ſchen wohl zu ſtehen? Ach! erhebe doch, o Gott! meine Seele über dieſe niedrige Gedenkungsart, und erzeuge in mir die edeln Geſinnungen, die eines Nach- folgers Jeſu Chriſti deines Sohnes recht würdig ſind. Immer ſey mein Herz und meine Hoffnung zu dir hingerichtet. Du haſt mir alle Kräfte meiner Natur gegeben; nach deinem Willen ſie zu gebrauchen iſt meine Pflicht; du haſt mich durch Jeſum zu deinem Eigenthum aufs neue erkauft und mich durch deinen Geiſt zu deiner Verherrlichung bereitet; nun mein Gott, aus Liebe zu dir will ich allem entſagen, was der Vernunft und dem Gewiſſen zuwider iſt; aus Lie- be zu dir und meinem göttlichen Mittler in allen Tu- genden mich täglich üben; von dir den Beyſtand zu nützlichen Arbeiten erbitten; von dir die Belohnung meines Fleißes erwarten; dir für alles Gute immer- hin danken, das ich durch den Gebrauch deiner Ge- ſchöpfe auf ſo mannichfaltige Weiſe genieſſe. Dazu hat

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Zitationshilfe: Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seiler_christentum_1789/58>, abgerufen am 22.11.2024.