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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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Menschlichen wird der symbolische Gehalt greifbar. Man pse_077.002
könnte von einem metaphorischen Symbol sprechen. Einen pse_077.003
Schritt weiter führen uns die Gestalten Vergils und Beatricens pse_077.004
in Dantes "Divina Commedia". Während Vergil noch als pse_077.005
menschliche Gestalt allein wirksam bleibt, ohne daß unbedingt pse_077.006
die menschliche Vernunft als tieferer Sinn miterlebt pse_077.007
werden muß, wirkt Beatrice etwas blaß, wenn nicht ihr pse_077.008
tieferer Sinn, die göttliche Liebe etwa, zugleich auch lebendig pse_077.009
wird. Hier weisen eben bestimmte Züge der Symbolgestalt pse_077.010
deutlich auf den tieferen Sinn, ohne den diese Züge leer pse_077.011
wären. Man spricht vom transzendenten Symbol. Wenn pse_077.012
solche Züge eines dichterischen Gebildes sich im Lauf der pse_077.013
Tradition fest ausgebildet haben, wenn sie also von vornherein pse_077.014
auf einen Sinn hinweisen, entsteht die Allegorie. Wir pse_077.015
finden sie vor allem im religiösen Spiel, so besonders bei pse_077.016
Calderon. Auch in Hofmannsthals "Jedermann" und "Welttheater" pse_077.017
treten sie auf. "Glaube", "Mammon", "Buhle" usw. pse_077.018
sind im Stück nur sinnvoll als personenhafter Hinweis auf pse_077.019
Glauben, Reichtum, Liebesleidenschaft usw. Je leerer diese pse_077.020
Gestalten als Menschen sind, desto nüchterner wird die pse_077.021
Allegorie. Aber große Dichter vermögen diesen allegorischen pse_077.022
Gestalten, die also ihren Sinn ausschließlich im Hinweis auf pse_077.023
etwas anderes haben, solches Leben zu geben, daß sie trotzdem pse_077.024
dichterisch sehr wertvoll sind, so vor allem Calderon, pse_077.025
Dante, Hofmannsthal, Goethe.

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Die Bedeutung der Symbolik im Gesamt eines dichterischen pse_077.027
Kunstwerks haben wir später zu betrachten.

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All das, was wir über das Merkmal der Verwesentlichung pse_077.029
gesagt haben, also über das Hinausgreifen der Dichtung über pse_077.030
den bloßen Wirklichkeitszusammenhang, ermöglicht ein pse_077.031
erstes Mal, Andeutungen von Wertunterschieden innerhalb pse_077.032
des Bereiches der Dichtkunst zu machen. Denn zweifellos -- pse_077.033
ein Ergebnis innerer Erfahrung -- sind Dichtungen um so pse_077.034
wertvoller, je enthüllender sie sind und je tiefer sie uns in die pse_077.035
ewigen Geheimnisse blicken lassen. Das hat mit ihrem Umfang pse_077.036
kaum etwas zu tun, wohl aber mit ihrer künstlerischen pse_077.037
Gestaltung, wie wir später immer wieder erkennen werden.

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in Dantes »Divina Commedia«. Während Vergil noch als pse_077.005
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Tradition fest ausgebildet haben, wenn sie also von vornherein pse_077.014
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Calderón. Auch in Hofmannsthals »Jedermann« und »Welttheater« pse_077.017
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dichterisch sehr wertvoll sind, so vor allem Calderón, pse_077.025
Dante, Hofmannsthal, Goethe.

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Die Bedeutung der Symbolik im Gesamt eines dichterischen pse_077.027
Kunstwerks haben wir später zu betrachten.

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All das, was wir über das Merkmal der Verwesentlichung pse_077.029
gesagt haben, also über das Hinausgreifen der Dichtung über pse_077.030
den bloßen Wirklichkeitszusammenhang, ermöglicht ein pse_077.031
erstes Mal, Andeutungen von Wertunterschieden innerhalb pse_077.032
des Bereiches der Dichtkunst zu machen. Denn zweifellos — pse_077.033
ein Ergebnis innerer Erfahrung — sind Dichtungen um so pse_077.034
wertvoller, je enthüllender sie sind und je tiefer sie uns in die pse_077.035
ewigen Geheimnisse blicken lassen. Das hat mit ihrem Umfang pse_077.036
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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/93>, abgerufen am 23.11.2024.