pse_678.001 Schattierungen und Grade haben, wird aber pse_678.002 immer das Tiefste unseres Menschseins betreffen. Der Vorgang pse_678.003 einer solchen Begegnung beginnt damit, daß sich die pse_678.004 Dichtung in der ersten Berührung mit ihr geradezu befremdend pse_678.005 aufdrängt, wir fühlen uns zum Kunstwerk hin entrückt, pse_678.006 wir vergessen die Welt um uns und finden nachher nur pse_678.007 schwer in sie zurück. Dabei führt diese Begegnung nicht zu pse_678.008 Zerstreuung, sondern zu Verdichtung auf das eigene Sein pse_678.009 durch das Werk. Nach der Art der Dichtung entfaltet sich pse_678.010 das Kunsterlebnis in verschiedener Weise innerhalb bestimmter pse_678.011 Grenzen. Die flüchtigste Art ist die Unterhaltung, die den pse_678.012 Ernst zurückdrängt und eine leichte Heiterkeit und Gelöstheit pse_678.013 erzeugt. Die höchste, zugleich aufwühlendste Art ist die Erhebung pse_678.014 in allen Spielarten, zu denen auch durchaus die hohe pse_678.015 Heiterkeit gehört.
pse_678.016 Möglichkeiten und Grenzen dichterischer Wirkung
pse_678.017 Mit der Überlegung über die Art einer Begegnung mit pse_678.018 Dichtung ist die Voraussetzung gegeben, die Wirkung einer pse_678.019 Dichtung genauer zu bestimmen. Nochmals sei betont, daß pse_678.020 es sich auch hier nicht um den Zweck der Dichtung handelt, pse_678.021 der in einer bestimmten Wirkung läge, sondern um eine notwendige pse_678.022 Folge ihres Daseins und Soseins. Sie steht im menschlichen pse_678.023 Bereich: sie bildet sich in ihm und sie wirkt sich in ihm pse_678.024 aus.
pse_678.025 1. Wir fragen zuerst, in welcher Richtung die Wirkung pse_678.026 geht. Dabei muß das Wort Wirkung möglichst weit gefaßt pse_678.027 sein. Es gibt, genau besehen, auch eine engere Fassung. Jedes pse_678.028 Dasein einer Dichtung kann in dreifacher Brechung bestimmt pse_678.029 werden: sie stellt etwas vor uns hin in einer bestimmten pse_678.030 künstlerischen Formung; sie erregt dadurch in irgendeiner pse_678.031 Weise das menschliche Gemüt: das wäre die Wirkung im pse_678.032 engeren und unmittelbaren Sinn; und endlich erhellt sie dadurch pse_678.033 Weltzusammenhänge und Welttiefen. Aber alle drei pse_678.034 Entfaltungsweisen ihres Daseins bedeuten zugleich ein Wirken pse_678.035 im weiteren Sinn: die Vorstellung wird für uns zu einer
pse_678.001 Schattierungen und Grade haben, wird aber pse_678.002 immer das Tiefste unseres Menschseins betreffen. Der Vorgang pse_678.003 einer solchen Begegnung beginnt damit, daß sich die pse_678.004 Dichtung in der ersten Berührung mit ihr geradezu befremdend pse_678.005 aufdrängt, wir fühlen uns zum Kunstwerk hin entrückt, pse_678.006 wir vergessen die Welt um uns und finden nachher nur pse_678.007 schwer in sie zurück. Dabei führt diese Begegnung nicht zu pse_678.008 Zerstreuung, sondern zu Verdichtung auf das eigene Sein pse_678.009 durch das Werk. Nach der Art der Dichtung entfaltet sich pse_678.010 das Kunsterlebnis in verschiedener Weise innerhalb bestimmter pse_678.011 Grenzen. Die flüchtigste Art ist die Unterhaltung, die den pse_678.012 Ernst zurückdrängt und eine leichte Heiterkeit und Gelöstheit pse_678.013 erzeugt. Die höchste, zugleich aufwühlendste Art ist die Erhebung pse_678.014 in allen Spielarten, zu denen auch durchaus die hohe pse_678.015 Heiterkeit gehört.
pse_678.016 Möglichkeiten und Grenzen dichterischer Wirkung
pse_678.017 Mit der Überlegung über die Art einer Begegnung mit pse_678.018 Dichtung ist die Voraussetzung gegeben, die Wirkung einer pse_678.019 Dichtung genauer zu bestimmen. Nochmals sei betont, daß pse_678.020 es sich auch hier nicht um den Zweck der Dichtung handelt, pse_678.021 der in einer bestimmten Wirkung läge, sondern um eine notwendige pse_678.022 Folge ihres Daseins und Soseins. Sie steht im menschlichen pse_678.023 Bereich: sie bildet sich in ihm und sie wirkt sich in ihm pse_678.024 aus.
pse_678.025 1. Wir fragen zuerst, in welcher Richtung die Wirkung pse_678.026 geht. Dabei muß das Wort Wirkung möglichst weit gefaßt pse_678.027 sein. Es gibt, genau besehen, auch eine engere Fassung. Jedes pse_678.028 Dasein einer Dichtung kann in dreifacher Brechung bestimmt pse_678.029 werden: sie stellt etwas vor uns hin in einer bestimmten pse_678.030 künstlerischen Formung; sie erregt dadurch in irgendeiner pse_678.031 Weise das menschliche Gemüt: das wäre die Wirkung im pse_678.032 engeren und unmittelbaren Sinn; und endlich erhellt sie dadurch pse_678.033 Weltzusammenhänge und Welttiefen. Aber alle drei pse_678.034 Entfaltungsweisen ihres Daseins bedeuten zugleich ein Wirken pse_678.035 im weiteren Sinn: die Vorstellung wird für uns zu einer
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Zerstreuung, sondern zu Verdichtung auf das eigene Sein pse_678.009
durch das Werk. Nach der Art der Dichtung entfaltet sich pse_678.010
das Kunsterlebnis in verschiedener Weise innerhalb bestimmter pse_678.011
Grenzen. Die flüchtigste Art ist die Unterhaltung, die den pse_678.012
Ernst zurückdrängt und eine leichte Heiterkeit und Gelöstheit pse_678.013
erzeugt. Die höchste, zugleich aufwühlendste Art ist die Erhebung pse_678.014
in allen Spielarten, zu denen auch durchaus die hohe pse_678.015
Heiterkeit gehört.
pse_678.016
Möglichkeiten und Grenzen dichterischer Wirkung pse_678.017
Mit der Überlegung über die Art einer Begegnung mit pse_678.018
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es sich auch hier nicht um den Zweck der Dichtung handelt, pse_678.021
der in einer bestimmten Wirkung läge, sondern um eine notwendige pse_678.022
Folge ihres Daseins und Soseins. Sie steht im menschlichen pse_678.023
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1. Wir fragen zuerst, in welcher Richtung die Wirkung pse_678.026
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sein. Es gibt, genau besehen, auch eine engere Fassung. Jedes pse_678.028
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künstlerischen Formung; sie erregt dadurch in irgendeiner pse_678.031
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
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David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/694>, abgerufen am 23.11.2024.
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