pse_664.001 Menschen eine Dichtung gewertet haben. Man kann darstellen, pse_664.002 wie ein "Parzival" und eine "Ilias", ein "Ödipus", ein pse_664.003 "Hamlet" und ein "Faust" im Laufe der Zeiten beurteilt und pse_664.004 gewertet wurden, welche Maßstäbe die Menschen dafür pse_664.005 verwendet haben, und welche Menschen diese Werturteile pse_664.006 abgegeben haben. Solche Erkenntnisse verschaffen uns wertvolle pse_664.007 Einsichten in das geschichtliche Leben von Kunstwerken. pse_664.008 Die allgemeinen Einsichten, die sich daraus ergeben, pse_664.009 ergänzen wieder unser Bild von der Dichtung überhaupt.
pse_664.010 II pse_664.011 DIE DICHTUNG ALS GEBRAUCHSGUT
pse_664.012 Von der entwickelten Lage der heutigen Kulturmenschheit pse_664.013 aus, wo sich also im Zusammenhang mit den differenzierten pse_664.014 Wertungseinstellungen und Leistungsgruppen im Rahmen pse_664.015 der Gesamtkultur die einzelnen Kulturgebiete verhältnismäßig pse_664.016 selbständig ausgebildet haben, kann man sagen, daß pse_664.017 der Dichtung gegenüber die ästhetische Einstellung, wie wir pse_664.018 sie gefaßt haben, die richtige, adäquate, sachgemäße ist. Damit pse_664.019 ist keinem leeren Ästhetizismus das Wort geredet, weil pse_664.020 ja im ästhetischen Gebilde der Dichtung andere Werte eingefügt pse_664.021 sind, so daß, um die Dichtung in ihrer ganzen Fülle pse_664.022 zu erleben, auch Aufgeschlossenheit gegenüber den anderen pse_664.023 Wertgebieten nötig ist. Wir haben schon einmal gesagt: pse_664.024 je reicher in seiner inneren Struktur und je wesenhafter ein pse_664.025 Mensch ist, desto eher wird er Dichtung in ihrem Reichtum pse_664.026 und in ihrer Tiefe fassen können. Aber diese ästhetische Einstellung pse_664.027 mit Einfügung anderer Wertrichtungen ist nicht die pse_664.028 einzige Einstellung zur Dichtung. Und man muß etwas vorsichtig pse_664.029 sein mit der Feststellung, alle anderen denkbaren Einstellungen pse_664.030 seien falsch, unsachgemäß. Denn gerade in Frühstufen pse_664.031 einer Kultur, wo sich die einzelnen Wert- und Leistungsgebiete pse_664.032 noch nicht ausdifferenziert haben, kann man pse_664.033 auch kaum noch von einer ausgesprochen ästhetischen Einstellung
pse_664.001 Menschen eine Dichtung gewertet haben. Man kann darstellen, pse_664.002 wie ein »Parzival« und eine »Ilias«, ein »Ödipus«, ein pse_664.003 »Hamlet« und ein »Faust« im Laufe der Zeiten beurteilt und pse_664.004 gewertet wurden, welche Maßstäbe die Menschen dafür pse_664.005 verwendet haben, und welche Menschen diese Werturteile pse_664.006 abgegeben haben. Solche Erkenntnisse verschaffen uns wertvolle pse_664.007 Einsichten in das geschichtliche Leben von Kunstwerken. pse_664.008 Die allgemeinen Einsichten, die sich daraus ergeben, pse_664.009 ergänzen wieder unser Bild von der Dichtung überhaupt.
pse_664.010 II pse_664.011 DIE DICHTUNG ALS GEBRAUCHSGUT
pse_664.012 Von der entwickelten Lage der heutigen Kulturmenschheit pse_664.013 aus, wo sich also im Zusammenhang mit den differenzierten pse_664.014 Wertungseinstellungen und Leistungsgruppen im Rahmen pse_664.015 der Gesamtkultur die einzelnen Kulturgebiete verhältnismäßig pse_664.016 selbständig ausgebildet haben, kann man sagen, daß pse_664.017 der Dichtung gegenüber die ästhetische Einstellung, wie wir pse_664.018 sie gefaßt haben, die richtige, adäquate, sachgemäße ist. Damit pse_664.019 ist keinem leeren Ästhetizismus das Wort geredet, weil pse_664.020 ja im ästhetischen Gebilde der Dichtung andere Werte eingefügt pse_664.021 sind, so daß, um die Dichtung in ihrer ganzen Fülle pse_664.022 zu erleben, auch Aufgeschlossenheit gegenüber den anderen pse_664.023 Wertgebieten nötig ist. Wir haben schon einmal gesagt: pse_664.024 je reicher in seiner inneren Struktur und je wesenhafter ein pse_664.025 Mensch ist, desto eher wird er Dichtung in ihrem Reichtum pse_664.026 und in ihrer Tiefe fassen können. Aber diese ästhetische Einstellung pse_664.027 mit Einfügung anderer Wertrichtungen ist nicht die pse_664.028 einzige Einstellung zur Dichtung. Und man muß etwas vorsichtig pse_664.029 sein mit der Feststellung, alle anderen denkbaren Einstellungen pse_664.030 seien falsch, unsachgemäß. Denn gerade in Frühstufen pse_664.031 einer Kultur, wo sich die einzelnen Wert- und Leistungsgebiete pse_664.032 noch nicht ausdifferenziert haben, kann man pse_664.033 auch kaum noch von einer ausgesprochen ästhetischen Einstellung
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Wertungseinstellungen und Leistungsgruppen im Rahmen pse_664.015
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/680>, abgerufen am 24.11.2024.
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