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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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und der Komödie; das Spiel im engeren Sinn nennt er pse_621.002
Geschehnisdrama, es sind das Historie, Wunderspiele, Lustspiele. pse_621.003
Daran schließt er die Weihespiele. Jede der Unterarten pse_621.004
gliedert er wieder zweifach auf. Aber je strenger eine solche pse_621.005
Systematik wird, desto schwerer sind die tatsächlichen Grenzen pse_621.006
zwischen den Gruppen festzulegen: logische Division pse_621.007
versagt im Bereich der Kunst. Vor allem muß man sich pse_621.008
hüten, formale und inhaltliche Gesichtspunkte zu vermengen.

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Wir versuchen nun zunächst eine Übersicht nach der Art pse_621.011
der Darbietung (a), dann eine nach den Gestaltungskräften pse_621.012
(b) zu geben, und daran schließen wir einige besondere Formen, pse_621.013
die sich im Laufe der Geschichte herausgebildet haben pse_621.014
(c); am wichtigsten aber wird die Betrachtung der vier Hauptformen pse_621.015
der Tragödie, Komödie, des Lustspiels und des pse_621.016
Schauspiels sein; bei dieser Scheidung handelt es sich um die pse_621.017
menschlich-dichterische Auffassungsweise der Welt.

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a) Im Hinblick auf die Darbietung steht natürlich das pse_621.019
Bühnenspiel im Vordergrund. Es stellt ein bestimmtes Gefüge pse_621.020
schaubarer und hörbarer Darbietung dar. Die Art, wie diese pse_621.021
Kräfte strukturiert sind, könnte zu weiteren Scheidungen pse_621.022
führen: Schaustück, Sprechdrama usw. In der neuen Form pse_621.023
des Hörspiels wird alles Sichtbare ausgeschaltet, alles Hörbare pse_621.024
aber um so stärker eingesetzt: die verschiedensten Geräusche, pse_621.025
dann die musikalische Untermalung, vor allem aber die pse_621.026
Sprache. Geräusche und Musik schaffen eher nur die Atmosphäre, pse_621.027
das Entscheidende ist hier die Sprache. Man kann beinahe pse_621.028
sagen, daß im Hörspiel die Form gefunden worden ist, pse_621.029
das Drama rein auf die Kunst der Sprache aufzubauen. Das pse_621.030
Lesedrama ist eine Dichtung, die nur dem besinnlichen Lesen pse_621.031
allen Gehalt offenbart.

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Eine besondere Form ist der Film. Eine kurze Besinnung pse_621.033
wird zeigen, ob wir ihn überhaupt in den Bereich der Dichtung pse_621.034
einreihen können. Er verdankt seine rasche Entwicklung pse_621.035
drei Entdeckungen: dem Einstellungswechsel der Kamera, pse_621.036
der Nahaufnahme und der Montage. Der Zuschauer empfängt pse_621.037
damit trotz der Zweidimensionalität der Leinwand eine pse_621.038
Raumvorstellung, die an Greifbarkeit die der Bühne übertrifft.

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und der Komödie; das Spiel im engeren Sinn nennt er pse_621.002
Geschehnisdrama, es sind das Historie, Wunderspiele, Lustspiele. pse_621.003
Daran schließt er die Weihespiele. Jede der Unterarten pse_621.004
gliedert er wieder zweifach auf. Aber je strenger eine solche pse_621.005
Systematik wird, desto schwerer sind die tatsächlichen Grenzen pse_621.006
zwischen den Gruppen festzulegen: logische Division pse_621.007
versagt im Bereich der Kunst. Vor allem muß man sich pse_621.008
hüten, formale und inhaltliche Gesichtspunkte zu vermengen.

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Wir versuchen nun zunächst eine Übersicht nach der Art pse_621.011
der Darbietung (a), dann eine nach den Gestaltungskräften pse_621.012
(b) zu geben, und daran schließen wir einige besondere Formen, pse_621.013
die sich im Laufe der Geschichte herausgebildet haben pse_621.014
(c); am wichtigsten aber wird die Betrachtung der vier Hauptformen pse_621.015
der Tragödie, Komödie, des Lustspiels und des pse_621.016
Schauspiels sein; bei dieser Scheidung handelt es sich um die pse_621.017
menschlich-dichterische Auffassungsweise der Welt.

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a) Im Hinblick auf die Darbietung steht natürlich das pse_621.019
Bühnenspiel im Vordergrund. Es stellt ein bestimmtes Gefüge pse_621.020
schaubarer und hörbarer Darbietung dar. Die Art, wie diese pse_621.021
Kräfte strukturiert sind, könnte zu weiteren Scheidungen pse_621.022
führen: Schaustück, Sprechdrama usw. In der neuen Form pse_621.023
des Hörspiels wird alles Sichtbare ausgeschaltet, alles Hörbare pse_621.024
aber um so stärker eingesetzt: die verschiedensten Geräusche, pse_621.025
dann die musikalische Untermalung, vor allem aber die pse_621.026
Sprache. Geräusche und Musik schaffen eher nur die Atmosphäre, pse_621.027
das Entscheidende ist hier die Sprache. Man kann beinahe pse_621.028
sagen, daß im Hörspiel die Form gefunden worden ist, pse_621.029
das Drama rein auf die Kunst der Sprache aufzubauen. Das pse_621.030
Lesedrama ist eine Dichtung, die nur dem besinnlichen Lesen pse_621.031
allen Gehalt offenbart.

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Eine besondere Form ist der Film. Eine kurze Besinnung pse_621.033
wird zeigen, ob wir ihn überhaupt in den Bereich der Dichtung pse_621.034
einreihen können. Er verdankt seine rasche Entwicklung pse_621.035
drei Entdeckungen: dem Einstellungswechsel der Kamera, pse_621.036
der Nahaufnahme und der Montage. Der Zuschauer empfängt pse_621.037
damit trotz der Zweidimensionalität der Leinwand eine pse_621.038
Raumvorstellung, die an Greifbarkeit die der Bühne übertrifft.

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[621/0637] pse_621.001 und der Komödie; das Spiel im engeren Sinn nennt er pse_621.002 Geschehnisdrama, es sind das Historie, Wunderspiele, Lustspiele. pse_621.003 Daran schließt er die Weihespiele. Jede der Unterarten pse_621.004 gliedert er wieder zweifach auf. Aber je strenger eine solche pse_621.005 Systematik wird, desto schwerer sind die tatsächlichen Grenzen pse_621.006 zwischen den Gruppen festzulegen: logische Division pse_621.007 versagt im Bereich der Kunst. Vor allem muß man sich pse_621.008 hüten, formale und inhaltliche Gesichtspunkte zu vermengen. pse_621.009 pse_621.010 Wir versuchen nun zunächst eine Übersicht nach der Art pse_621.011 der Darbietung (a), dann eine nach den Gestaltungskräften pse_621.012 (b) zu geben, und daran schließen wir einige besondere Formen, pse_621.013 die sich im Laufe der Geschichte herausgebildet haben pse_621.014 (c); am wichtigsten aber wird die Betrachtung der vier Hauptformen pse_621.015 der Tragödie, Komödie, des Lustspiels und des pse_621.016 Schauspiels sein; bei dieser Scheidung handelt es sich um die pse_621.017 menschlich-dichterische Auffassungsweise der Welt. pse_621.018 a) Im Hinblick auf die Darbietung steht natürlich das pse_621.019 Bühnenspiel im Vordergrund. Es stellt ein bestimmtes Gefüge pse_621.020 schaubarer und hörbarer Darbietung dar. Die Art, wie diese pse_621.021 Kräfte strukturiert sind, könnte zu weiteren Scheidungen pse_621.022 führen: Schaustück, Sprechdrama usw. In der neuen Form pse_621.023 des Hörspiels wird alles Sichtbare ausgeschaltet, alles Hörbare pse_621.024 aber um so stärker eingesetzt: die verschiedensten Geräusche, pse_621.025 dann die musikalische Untermalung, vor allem aber die pse_621.026 Sprache. Geräusche und Musik schaffen eher nur die Atmosphäre, pse_621.027 das Entscheidende ist hier die Sprache. Man kann beinahe pse_621.028 sagen, daß im Hörspiel die Form gefunden worden ist, pse_621.029 das Drama rein auf die Kunst der Sprache aufzubauen. Das pse_621.030 Lesedrama ist eine Dichtung, die nur dem besinnlichen Lesen pse_621.031 allen Gehalt offenbart. pse_621.032 Eine besondere Form ist der Film. Eine kurze Besinnung pse_621.033 wird zeigen, ob wir ihn überhaupt in den Bereich der Dichtung pse_621.034 einreihen können. Er verdankt seine rasche Entwicklung pse_621.035 drei Entdeckungen: dem Einstellungswechsel der Kamera, pse_621.036 der Nahaufnahme und der Montage. Der Zuschauer empfängt pse_621.037 damit trotz der Zweidimensionalität der Leinwand eine pse_621.038 Raumvorstellung, die an Greifbarkeit die der Bühne übertrifft.

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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/637>, abgerufen am 22.11.2024.