pse_594.001 daher in seiner Gesamtbedeutsamkeit besonders hervorgehoben; pse_594.002 er schafft eine bestimmte Atmosphäre, die durch Entdinglichung, pse_594.003 d. h. durch Absehen von allen konkreten Gegenständen, pse_594.004 ins Wesenhafte hinaufreicht.
pse_594.005 Es gibt auch die Möglichkeit von Doppelräumen auf der pse_594.006 Bühne, wodurch das Dramatische unmittelbar greifbar wird. pse_594.007 Die einfachste Form finden wir im Theaterspiel im "Hamlet", pse_594.008 wo die Gespaltenheit eines Menschen -- Claudius ist zuschauender pse_594.009 König und dargestellter Verbrecher -- markant versinnbildlicht pse_594.010 wird. Im Barockfestspiel wird auch noch der pse_594.011 Zuschauerraum in das Ganze einbezogen, die ganze Welt als pse_594.012 Spiel vor Gott dem Herrn wird erlebbar. Im romantischen pse_594.013 Spiel (Tiecks "Gestiefelter Kater") taucht die Frage auf: was pse_594.014 ist Schein? was ist Sein? Gleichzeitig neben- oder übereinander pse_594.015 gebaute Bühnenräume ermöglichen schärfste dramatische pse_594.016 Entgegensetzung.
pse_594.017 Von den sichtbaren Vorgängen sind besonders zwei wichtig: pse_594.018 zunächst große Veränderungen im Bühnenbild, also etwa das pse_594.019 Zusammenstürzen von Gebäuden, plötzliche Verwandlungen pse_594.020 wie im Barockstück und im Zauberstück und Geistererscheinungen; pse_594.021 dann die Bedeutung des Lichts. Schon die Farbensymbolik pse_594.022 spielt hier herein, etwa die grellroten Tapeten im pse_594.023 Palast des Hasses in Raimunds "Der Bauer als Millionär". Die pse_594.024 Gesamtwirkung von Licht und Dunkel gehört auch hierher; pse_594.025 entweder durchwegs Licht oder durchwegs Dunkel oder pse_594.026 Wechsel, entweder allmählicher ins Helle oder Dunkle oder pse_594.027 plötzlicher. Licht hat stärkste symbolische Wirkungen.
pse_594.028 Auch die Schauspieler wirken als Schaubares. Mit ihnen pse_594.029 tritt das Menschliche in den Sehraum ein und wird die Darstellung pse_594.030 vollkommen. Ihre Maske oder ihre Mimik, durch pse_594.031 Bühnenanweisungen knapp gekennzeichnet, schafft schon im pse_594.032 Lesen eine Untermalung; besonders wirkungsvoll kann das pse_594.033 Gebärdenspiel sein, es wird leicht symbolisch wie das Knien pse_594.034 Ottokars oder das Händewaschen der Lady Macbeth. Es kann pse_594.035 die Sprache ganz verdrängen und im stummen Spiel das pse_594.036 Dramatische weiterführen. Grillparzer ist Meister der Darstellung pse_594.037 durch Gebärden. Von größter Einprägsamkeit ist es, pse_594.038 wenn der alte Grutz in Schönherrs "Erde" am Schluß des
pse_594.001 daher in seiner Gesamtbedeutsamkeit besonders hervorgehoben; pse_594.002 er schafft eine bestimmte Atmosphäre, die durch Entdinglichung, pse_594.003 d. h. durch Absehen von allen konkreten Gegenständen, pse_594.004 ins Wesenhafte hinaufreicht.
pse_594.005 Es gibt auch die Möglichkeit von Doppelräumen auf der pse_594.006 Bühne, wodurch das Dramatische unmittelbar greifbar wird. pse_594.007 Die einfachste Form finden wir im Theaterspiel im »Hamlet«, pse_594.008 wo die Gespaltenheit eines Menschen — Claudius ist zuschauender pse_594.009 König und dargestellter Verbrecher — markant versinnbildlicht pse_594.010 wird. Im Barockfestspiel wird auch noch der pse_594.011 Zuschauerraum in das Ganze einbezogen, die ganze Welt als pse_594.012 Spiel vor Gott dem Herrn wird erlebbar. Im romantischen pse_594.013 Spiel (Tiecks »Gestiefelter Kater«) taucht die Frage auf: was pse_594.014 ist Schein? was ist Sein? Gleichzeitig neben- oder übereinander pse_594.015 gebaute Bühnenräume ermöglichen schärfste dramatische pse_594.016 Entgegensetzung.
pse_594.017 Von den sichtbaren Vorgängen sind besonders zwei wichtig: pse_594.018 zunächst große Veränderungen im Bühnenbild, also etwa das pse_594.019 Zusammenstürzen von Gebäuden, plötzliche Verwandlungen pse_594.020 wie im Barockstück und im Zauberstück und Geistererscheinungen; pse_594.021 dann die Bedeutung des Lichts. Schon die Farbensymbolik pse_594.022 spielt hier herein, etwa die grellroten Tapeten im pse_594.023 Palast des Hasses in Raimunds »Der Bauer als Millionär«. Die pse_594.024 Gesamtwirkung von Licht und Dunkel gehört auch hierher; pse_594.025 entweder durchwegs Licht oder durchwegs Dunkel oder pse_594.026 Wechsel, entweder allmählicher ins Helle oder Dunkle oder pse_594.027 plötzlicher. Licht hat stärkste symbolische Wirkungen.
pse_594.028 Auch die Schauspieler wirken als Schaubares. Mit ihnen pse_594.029 tritt das Menschliche in den Sehraum ein und wird die Darstellung pse_594.030 vollkommen. Ihre Maske oder ihre Mimik, durch pse_594.031 Bühnenanweisungen knapp gekennzeichnet, schafft schon im pse_594.032 Lesen eine Untermalung; besonders wirkungsvoll kann das pse_594.033 Gebärdenspiel sein, es wird leicht symbolisch wie das Knien pse_594.034 Ottokars oder das Händewaschen der Lady Macbeth. Es kann pse_594.035 die Sprache ganz verdrängen und im stummen Spiel das pse_594.036 Dramatische weiterführen. Grillparzer ist Meister der Darstellung pse_594.037 durch Gebärden. Von größter Einprägsamkeit ist es, pse_594.038 wenn der alte Grutz in Schönherrs »Erde« am Schluß des
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d. h. durch Absehen von allen konkreten Gegenständen, pse_594.004
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Zuschauerraum in das Ganze einbezogen, die ganze Welt als pse_594.012
Spiel vor Gott dem Herrn wird erlebbar. Im romantischen pse_594.013
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gebaute Bühnenräume ermöglichen schärfste dramatische pse_594.016
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Palast des Hasses in Raimunds »Der Bauer als Millionär«. Die pse_594.024
Gesamtwirkung von Licht und Dunkel gehört auch hierher; pse_594.025
entweder durchwegs Licht oder durchwegs Dunkel oder pse_594.026
Wechsel, entweder allmählicher ins Helle oder Dunkle oder pse_594.027
plötzlicher. Licht hat stärkste symbolische Wirkungen.
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Auch die Schauspieler wirken als Schaubares. Mit ihnen pse_594.029
tritt das Menschliche in den Sehraum ein und wird die Darstellung pse_594.030
vollkommen. Ihre Maske oder ihre Mimik, durch pse_594.031
Bühnenanweisungen knapp gekennzeichnet, schafft schon im pse_594.032
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Gebärdenspiel sein, es wird leicht symbolisch wie das Knien pse_594.034
Ottokars oder das Händewaschen der Lady Macbeth. Es kann pse_594.035
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/610>, abgerufen am 22.11.2024.
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