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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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Auch das epische Werk muß als Dichtung eine Ganzheit pse_505.002
bilden. Diese Ganzheit ist schon durch das Weltbild gegeben, pse_505.003
vor allem aber durch die künstlerische Gestaltung. Hier pse_505.004
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und vor allem für den modernen Roman. Die allgemeinen pse_505.006
Grundlagen für die Ganzheit des dichterischen Werks sind pse_505.007
bereits ausführlich besprochen worden. Die Einzelheiten, soweit pse_505.008
sie die epische Dichtung betreffen, werden besser bei den pse_505.009
einzelnen epischen Arten betrachtet.

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Die epischen Arten

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Ein Blick auf die geschichtliche Entwicklung zeigt eine pse_505.012
Fülle epischer Arten. Wir fassen sie alle unter dem Namen pse_505.013
Epik zusammen, müssen aber daran erinnern, daß das Wort pse_505.014
"episch" auch -- mit Staiger -- eine Grundhaltung des dichterisch pse_505.015
schaffenden Menschen bezeichnet, nämlich das Zuschauen: pse_505.016
vom Ufer der Gegenwart auf den Strom des Vergänglichen. pse_505.017
Die sprachgebundene Tätigkeit, die aller epischen pse_505.018
Dichtung zugrunde liegt, ist das Erzählen als eine Urform pse_505.019
sprachkünstlerischen Schaffens mit den drei notwendigen pse_505.020
Seiten des Erzählers, des Zuhörers und des "erzählten" pse_505.021
Gegenstandes.

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Es ist eine Tatsache, daß sich die epischen Arten in der geschichtlichen pse_505.023
Wirklichkeit entfalten. Man denke an die Wirkung pse_505.024
der homerischen Epen, an die Vorbildhaftigkeit Vergils pse_505.025
im ganzen Mittelalter, an den Weg vom altgermanischen pse_505.026
Heldenlied zum mittelalterlichen Buchepos, an die Entwicklung pse_505.027
der deutschen Ballade seit Bürger und Herder, der europäischen pse_505.028
Novelle seit Boccaccio, an ihre deutsche Sonderform pse_505.029
im 19. Jahrhundert und an die Rückbesinnung auf die pse_505.030
strenge Form im 20. Jahrhundert, endlich an die Geschichte pse_505.031
des Romans, besonders seine Ausbildung im England des pse_505.032
18. Jahrhunderts und an die neuen Versuche des 20. Jahrhunderts.

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Antriebe zu einer geschichtlichen Entfaltung sind: 1. Die pse_505.035
Polarität zwischen persönlichem Schöpfertum und Tradition.

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Auch das epische Werk muß als Dichtung eine Ganzheit pse_505.002
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einzelnen epischen Arten betrachtet.

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Die epischen Arten

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Fülle epischer Arten. Wir fassen sie alle unter dem Namen pse_505.013
Epik zusammen, müssen aber daran erinnern, daß das Wort pse_505.014
»episch« auch — mit Staiger — eine Grundhaltung des dichterisch pse_505.015
schaffenden Menschen bezeichnet, nämlich das Zuschauen: pse_505.016
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Dichtung zugrunde liegt, ist das Erzählen als eine Urform pse_505.019
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Gegenstandes.

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Es ist eine Tatsache, daß sich die epischen Arten in der geschichtlichen pse_505.023
Wirklichkeit entfalten. Man denke an die Wirkung pse_505.024
der homerischen Epen, an die Vorbildhaftigkeit Vergils pse_505.025
im ganzen Mittelalter, an den Weg vom altgermanischen pse_505.026
Heldenlied zum mittelalterlichen Buchepos, an die Entwicklung pse_505.027
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Novelle seit Boccaccio, an ihre deutsche Sonderform pse_505.029
im 19. Jahrhundert und an die Rückbesinnung auf die pse_505.030
strenge Form im 20. Jahrhundert, endlich an die Geschichte pse_505.031
des Romans, besonders seine Ausbildung im England des pse_505.032
18. Jahrhunderts und an die neuen Versuche des 20. Jahrhunderts.

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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/521>, abgerufen am 24.11.2024.