pse_410.001 In der Kunst also des Zusammenfügens von Wortgehalten pse_410.002 und von Lautungskräften, auch vor allem des Rhythmischen, pse_410.003 und dem Wecken der tiefen Töne, des Gemüthaften pse_410.004 in den Worten und Fügungen, gründet das Entstehen pse_410.005 des sprachlichen Bildes.
pse_410.006 Im Wortgehalt und dem darin enthaltenen Seelischen verbinden pse_410.007 sich Weltstücke, eben aus dem Wesen des Wortes, und pse_410.008 innerliche Stellungnahme zu ihnen zu einem sprachlich einheitlichen pse_410.009 und dichten Ganzen. In dieser sprachlichen Verdichtung pse_410.010 von Welterfassung und innerlicher Stellungnahme pse_410.011 dazu liegen auch Wandlungsmöglichkeiten der sprachlichen pse_410.012 Bilder in der Lyrik. Nicht nur im geschichtlichen, sondern pse_410.013 auch im phänomenologischen Sinn. Die Vollendung ist die pse_410.014 völlige Verschmelzung beider Bereiche, wie wir sie bei Goethe pse_410.015 finden, aber auch in dem eben betrachteten Mörikevers: "dem pse_410.016 Eindruck naher Wunderkräfte offen", wo im ganzen und in pse_410.017 jedem Wort beides da ist und nur mehr rational auseinandergelöst pse_410.018 werden könnte. Aber es kann auch der Wirklichkeitsgehalt pse_410.019 vorherrschen oder das rein Innerliche, es kann ein pse_410.020 Bruch zwischen Mensch und erfaßter Welt spürbar werden, pse_410.021 oder ein deutliches und bewußtes Sinndeuten des Erfahrenen pse_410.022 oder ein Überwuchern des Ideellen. Sehr wesentlich für ein pse_410.023 lyrisches Gedicht ist das Durchhalten eines bestimmten Bildes, pse_410.024 wenn auch in leichten Metamorphosen. Großartig das pse_410.025 Bild vom Wasserlauf in "Mahomets Gesang" von Goethe. pse_410.026 Damit entstehen dann Symbole, denn diese durchgehenden pse_410.027 Bilder werden durch die Wiederholung, durch das Hineinstellen pse_410.028 in immer neue Zusammenhänge, durch leichte Umformungen pse_410.029 und Wandlungen immer sinnschwerer, bis sich pse_410.030 in ihnen der ganze Gehalt verdichtet und offenbart: in ihnen pse_410.031 aufgehoben erscheint. Wunderbar kann man diese fortschreitende pse_410.032 Verdichtung bis zum Schmetterlingsbild in Goethes pse_410.033 "Seliger Sehnsucht" verfolgen. Werden diese Bilder immer pse_410.034 konzentrierter und knapper, so kann Unglaubliches an Sinnverdichtung pse_410.035 erreicht werden, aber die Weite des Symbols pse_410.036 und seine Lebendigkeit gehen verloren. "Himmliches Feuer", pse_410.037 "goldener Rauch" sind solche Gebilde bei Hölderlin. Sie bekommen pse_410.038 Zeichencharakter. Man spricht in diesem Sinne von
pse_410.001 In der Kunst also des Zusammenfügens von Wortgehalten pse_410.002 und von Lautungskräften, auch vor allem des Rhythmischen, pse_410.003 und dem Wecken der tiefen Töne, des Gemüthaften pse_410.004 in den Worten und Fügungen, gründet das Entstehen pse_410.005 des sprachlichen Bildes.
pse_410.006 Im Wortgehalt und dem darin enthaltenen Seelischen verbinden pse_410.007 sich Weltstücke, eben aus dem Wesen des Wortes, und pse_410.008 innerliche Stellungnahme zu ihnen zu einem sprachlich einheitlichen pse_410.009 und dichten Ganzen. In dieser sprachlichen Verdichtung pse_410.010 von Welterfassung und innerlicher Stellungnahme pse_410.011 dazu liegen auch Wandlungsmöglichkeiten der sprachlichen pse_410.012 Bilder in der Lyrik. Nicht nur im geschichtlichen, sondern pse_410.013 auch im phänomenologischen Sinn. Die Vollendung ist die pse_410.014 völlige Verschmelzung beider Bereiche, wie wir sie bei Goethe pse_410.015 finden, aber auch in dem eben betrachteten Mörikevers: »dem pse_410.016 Eindruck naher Wunderkräfte offen«, wo im ganzen und in pse_410.017 jedem Wort beides da ist und nur mehr rational auseinandergelöst pse_410.018 werden könnte. Aber es kann auch der Wirklichkeitsgehalt pse_410.019 vorherrschen oder das rein Innerliche, es kann ein pse_410.020 Bruch zwischen Mensch und erfaßter Welt spürbar werden, pse_410.021 oder ein deutliches und bewußtes Sinndeuten des Erfahrenen pse_410.022 oder ein Überwuchern des Ideellen. Sehr wesentlich für ein pse_410.023 lyrisches Gedicht ist das Durchhalten eines bestimmten Bildes, pse_410.024 wenn auch in leichten Metamorphosen. Großartig das pse_410.025 Bild vom Wasserlauf in »Mahomets Gesang« von Goethe. pse_410.026 Damit entstehen dann Symbole, denn diese durchgehenden pse_410.027 Bilder werden durch die Wiederholung, durch das Hineinstellen pse_410.028 in immer neue Zusammenhänge, durch leichte Umformungen pse_410.029 und Wandlungen immer sinnschwerer, bis sich pse_410.030 in ihnen der ganze Gehalt verdichtet und offenbart: in ihnen pse_410.031 aufgehoben erscheint. Wunderbar kann man diese fortschreitende pse_410.032 Verdichtung bis zum Schmetterlingsbild in Goethes pse_410.033 »Seliger Sehnsucht« verfolgen. Werden diese Bilder immer pse_410.034 konzentrierter und knapper, so kann Unglaubliches an Sinnverdichtung pse_410.035 erreicht werden, aber die Weite des Symbols pse_410.036 und seine Lebendigkeit gehen verloren. »Himmliches Feuer«, pse_410.037 »goldener Rauch« sind solche Gebilde bei Hölderlin. Sie bekommen pse_410.038 Zeichencharakter. Man spricht in diesem Sinne von
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In der Kunst also des Zusammenfügens von Wortgehalten pse_410.002
und von Lautungskräften, auch vor allem des Rhythmischen, pse_410.003
und dem Wecken der tiefen Töne, des Gemüthaften pse_410.004
in den Worten und Fügungen, gründet das Entstehen pse_410.005
des sprachlichen Bildes.
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Im Wortgehalt und dem darin enthaltenen Seelischen verbinden pse_410.007
sich Weltstücke, eben aus dem Wesen des Wortes, und pse_410.008
innerliche Stellungnahme zu ihnen zu einem sprachlich einheitlichen pse_410.009
und dichten Ganzen. In dieser sprachlichen Verdichtung pse_410.010
von Welterfassung und innerlicher Stellungnahme pse_410.011
dazu liegen auch Wandlungsmöglichkeiten der sprachlichen pse_410.012
Bilder in der Lyrik. Nicht nur im geschichtlichen, sondern pse_410.013
auch im phänomenologischen Sinn. Die Vollendung ist die pse_410.014
völlige Verschmelzung beider Bereiche, wie wir sie bei Goethe pse_410.015
finden, aber auch in dem eben betrachteten Mörikevers: »dem pse_410.016
Eindruck naher Wunderkräfte offen«, wo im ganzen und in pse_410.017
jedem Wort beides da ist und nur mehr rational auseinandergelöst pse_410.018
werden könnte. Aber es kann auch der Wirklichkeitsgehalt pse_410.019
vorherrschen oder das rein Innerliche, es kann ein pse_410.020
Bruch zwischen Mensch und erfaßter Welt spürbar werden, pse_410.021
oder ein deutliches und bewußtes Sinndeuten des Erfahrenen pse_410.022
oder ein Überwuchern des Ideellen. Sehr wesentlich für ein pse_410.023
lyrisches Gedicht ist das Durchhalten eines bestimmten Bildes, pse_410.024
wenn auch in leichten Metamorphosen. Großartig das pse_410.025
Bild vom Wasserlauf in »Mahomets Gesang« von Goethe. pse_410.026
Damit entstehen dann Symbole, denn diese durchgehenden pse_410.027
Bilder werden durch die Wiederholung, durch das Hineinstellen pse_410.028
in immer neue Zusammenhänge, durch leichte Umformungen pse_410.029
und Wandlungen immer sinnschwerer, bis sich pse_410.030
in ihnen der ganze Gehalt verdichtet und offenbart: in ihnen pse_410.031
aufgehoben erscheint. Wunderbar kann man diese fortschreitende pse_410.032
Verdichtung bis zum Schmetterlingsbild in Goethes pse_410.033
»Seliger Sehnsucht« verfolgen. Werden diese Bilder immer pse_410.034
konzentrierter und knapper, so kann Unglaubliches an Sinnverdichtung pse_410.035
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und seine Lebendigkeit gehen verloren. »Himmliches Feuer«, pse_410.037
»goldener Rauch« sind solche Gebilde bei Hölderlin. Sie bekommen pse_410.038
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/426>, abgerufen am 25.11.2024.
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