pse_394.001 im Verlauf der wenigen Verse wird aus dem Gegenstand in pse_394.002 bestimmter Beleuchtung ein Bild, in dem nun das Leben pse_394.003 selbst durchscheint. Dieses Sehen und Deuten ist aber menschliches pse_394.004 Dazutun, menschliche Art, die Dinge zu ergreifen. Das pse_394.005 lyrische Ich ist weiter in der sprachlich-künstlerischen Leistung pse_394.006 besonders greifbar: schon der erste Vers zeigt das: er ist pse_394.007 alles eher als Sachdarstellung. Die zwei rhythmischen Hebungen pse_394.008 am Anfang "aufsteigt", das Herausheben des Wortes pse_394.009 "auf" durch die rhythmische Sonderstellung und durch die pse_394.010 markante Stellung an der Spitze, die starke Spannung im Gehalt pse_394.011 von "auf" und "fallend", wodurch auch die Hebungsintensität pse_394.012 der zweiten Vershälfte vermindert wird, der a- pse_394.013 Klang, der den Vers beherrscht, das alles zeigt in der Kunst, pse_394.014 mit der hier ein sprachliches Bild von höchster Eindringlichkeit pse_394.015 ersteht, die innere Kraft, mit der hier ein Mensch das pse_394.016 Ding ergreift, sofort in seine Sphäre rückt und ihm damit pse_394.017 einen tieferen Sinn gibt. Wenn also auch hier das unmittelbare pse_394.018 Welterlebnis eines Menschen selbst Gestalt wird, die beiden pse_394.019 Gedichte von Mörike und Meyer unterscheiden sich -- im pse_394.020 Rahmen der lyrischen Gattung -- doch sehr. Dort das Aufsteigen pse_394.021 vom Erleben der Lampe über das liebevolle Ergreifen pse_394.022 der Einzelheiten zum Ideal der Schönheit, die am Schluß im pse_394.023 Kunstgebilde sich enthüllt; hier die Verdichtung eines Stükkes pse_394.024 Wirklichkeit im sprachlichen Neuaufbau nur einer Seite, pse_394.025 aber mit um so größerer Intensität, bis dieses Gebilde zum pse_394.026 Symbol des Lebens, genauer eines Zuges am Leben wird, also pse_394.027 gleichsam zurückgebogen in die Welt.
pse_394.028 Die Form des Dinggedichts löst sich gleichsam auf diesem pse_394.029 Weg vom Gedicht Mörikes zu dem Meyers deutlich heraus. pse_394.030 Das eindringende Anschauen und Betrachten eines Stückes pse_394.031 der Wirklichkeit verbindet sich zum Unterschied vom bloß pse_394.032 beschreibenden, didaktischen Gedicht mit der Deutung des pse_394.033 Weltstücks. Das Dinggedicht widmet sich vor allem dem pse_394.034 ruhenden, in sich geschlossenen Ding. Auch das Tier kann das pse_394.035 sein. Der Panther in Rilkes Gedicht bewegt sich zwar, aber pse_394.036 diese Bewegung hat kein Ziel, sie führt im Kreis oder -- wie pse_394.037 in der letzten Strophe -- ins Nichts, das lebendige Strömen und pse_394.038 Sich-Fortbewegen fehlt, auch der Käfig mit den Stäben umschließt
pse_394.001 im Verlauf der wenigen Verse wird aus dem Gegenstand in pse_394.002 bestimmter Beleuchtung ein Bild, in dem nun das Leben pse_394.003 selbst durchscheint. Dieses Sehen und Deuten ist aber menschliches pse_394.004 Dazutun, menschliche Art, die Dinge zu ergreifen. Das pse_394.005 lyrische Ich ist weiter in der sprachlich-künstlerischen Leistung pse_394.006 besonders greifbar: schon der erste Vers zeigt das: er ist pse_394.007 alles eher als Sachdarstellung. Die zwei rhythmischen Hebungen pse_394.008 am Anfang »aufsteigt«, das Herausheben des Wortes pse_394.009 »auf« durch die rhythmische Sonderstellung und durch die pse_394.010 markante Stellung an der Spitze, die starke Spannung im Gehalt pse_394.011 von »auf« und »fallend«, wodurch auch die Hebungsintensität pse_394.012 der zweiten Vershälfte vermindert wird, der a- pse_394.013 Klang, der den Vers beherrscht, das alles zeigt in der Kunst, pse_394.014 mit der hier ein sprachliches Bild von höchster Eindringlichkeit pse_394.015 ersteht, die innere Kraft, mit der hier ein Mensch das pse_394.016 Ding ergreift, sofort in seine Sphäre rückt und ihm damit pse_394.017 einen tieferen Sinn gibt. Wenn also auch hier das unmittelbare pse_394.018 Welterlebnis eines Menschen selbst Gestalt wird, die beiden pse_394.019 Gedichte von Mörike und Meyer unterscheiden sich — im pse_394.020 Rahmen der lyrischen Gattung — doch sehr. Dort das Aufsteigen pse_394.021 vom Erleben der Lampe über das liebevolle Ergreifen pse_394.022 der Einzelheiten zum Ideal der Schönheit, die am Schluß im pse_394.023 Kunstgebilde sich enthüllt; hier die Verdichtung eines Stükkes pse_394.024 Wirklichkeit im sprachlichen Neuaufbau nur einer Seite, pse_394.025 aber mit um so größerer Intensität, bis dieses Gebilde zum pse_394.026 Symbol des Lebens, genauer eines Zuges am Leben wird, also pse_394.027 gleichsam zurückgebogen in die Welt.
pse_394.028 Die Form des Dinggedichts löst sich gleichsam auf diesem pse_394.029 Weg vom Gedicht Mörikes zu dem Meyers deutlich heraus. pse_394.030 Das eindringende Anschauen und Betrachten eines Stückes pse_394.031 der Wirklichkeit verbindet sich zum Unterschied vom bloß pse_394.032 beschreibenden, didaktischen Gedicht mit der Deutung des pse_394.033 Weltstücks. Das Dinggedicht widmet sich vor allem dem pse_394.034 ruhenden, in sich geschlossenen Ding. Auch das Tier kann das pse_394.035 sein. Der Panther in Rilkes Gedicht bewegt sich zwar, aber pse_394.036 diese Bewegung hat kein Ziel, sie führt im Kreis oder — wie pse_394.037 in der letzten Strophe — ins Nichts, das lebendige Strömen und pse_394.038 Sich-Fortbewegen fehlt, auch der Käfig mit den Stäben umschließt
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selbst durchscheint. Dieses Sehen und Deuten ist aber menschliches pse_394.004
Dazutun, menschliche Art, die Dinge zu ergreifen. Das pse_394.005
lyrische Ich ist weiter in der sprachlich-künstlerischen Leistung pse_394.006
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am Anfang »aufsteigt«, das Herausheben des Wortes pse_394.009
»auf« durch die rhythmische Sonderstellung und durch die pse_394.010
markante Stellung an der Spitze, die starke Spannung im Gehalt pse_394.011
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Die Form des Dinggedichts löst sich gleichsam auf diesem pse_394.029
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/410>, abgerufen am 22.11.2024.
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