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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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Gestaltens, 3. von den Arten der sprachkünstlerisch pse_349.002
geformten Wirklichkeit, 4. von der Ausbildung geschichtlicher pse_349.003
Gattungen und Arten, 5. von der Bildung von Typen.

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Die grundlegenden menschlichen Haltungen

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Wir meinen die menschlichen Haltungen, die sich aus dem pse_349.006
Betroffensein von der Welt ergeben. Der Mensch reagiert verschieden pse_349.007
auf die im Erleben ihm begegnende Wirklichkeit. pse_349.008
Man kann das auf die verschiedenen seelischen Grundhaltungen pse_349.009
aufteilen. Der eine Mensch antwortet mit seinem Begehrungsvermögen, pse_349.010
als das "Wesen, welches will" (Schiller), der pse_349.011
andere mit seinem Erkenntnisvermögen, als das Wesen, das pse_349.012
erkennt und überschaut, ein dritter unmittelbar mit dem Gefühl, pse_349.013
als das Wesen, das sich im Fühlen ausspricht. Man kann pse_349.014
mit einiger Vorsicht in diesen Haltungen schon Wege zum pse_349.015
Drama, zum Epos und zur Lyrik finden. Auch was wir gerade pse_349.016
früher von Spoerri erwähnt haben, hat mit diesen inneren pse_349.017
Haltungen zu tun. Aber vor allem Staiger hat diese menschlichen pse_349.018
Grundhaltungen herausgearbeitet, die zu bestimmten pse_349.019
dichterischen Gestaltungsweisen gehören. In diesem Sinne pse_349.020
verwendet er die Ausdrücke lyrisch, episch, dramatisch. Nie pse_349.021
meint Staiger damit die tatsächlichen, in der Dichtungsgeschichte pse_349.022
auftretenden Gattungen, sondern er sucht gleichsam pse_349.023
nach der platonischen Idee dieser Gestaltungsweisen, nach pse_349.024
ihrem tiefsten Wesen, und er sucht es in menschlichen Grundhaltungen, pse_349.025
also auf anthropologischem Wege. Wie sich diese pse_349.026
Grundhaltungen dann in konkreten Dichtungen auswirken pse_349.027
und zeigen, ist eine weitere Frage der Poetik, die Staiger in pse_349.028
seinem Buch nur am Rande betrachtet. Daß Staiger die Worte pse_349.029
lyrisch, episch und dramatisch in diesem anthropologischen pse_349.030
Sinne nimmt und damit vielfach in Widerspruch zur üblichen pse_349.031
Verwendung, auch in der Wissenschaft, gerät, muß zur pse_349.032
Kenntnis genommen werden; er versteht mit ihnen eben pse_349.033
diese Grundhaltungen in ihrer Auswirkung in der dichterischen pse_349.034
Gestalt.

pse_349.035
Dabei zeigt sich, daß diese Grundhaltungen mit dem Zeiterleben

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Gestaltens, 3. von den Arten der sprachkünstlerisch pse_349.002
geformten Wirklichkeit, 4. von der Ausbildung geschichtlicher pse_349.003
Gattungen und Arten, 5. von der Bildung von Typen.

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Die grundlegenden menschlichen Haltungen

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Wir meinen die menschlichen Haltungen, die sich aus dem pse_349.006
Betroffensein von der Welt ergeben. Der Mensch reagiert verschieden pse_349.007
auf die im Erleben ihm begegnende Wirklichkeit. pse_349.008
Man kann das auf die verschiedenen seelischen Grundhaltungen pse_349.009
aufteilen. Der eine Mensch antwortet mit seinem Begehrungsvermögen, pse_349.010
als das »Wesen, welches will« (Schiller), der pse_349.011
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erkennt und überschaut, ein dritter unmittelbar mit dem Gefühl, pse_349.013
als das Wesen, das sich im Fühlen ausspricht. Man kann pse_349.014
mit einiger Vorsicht in diesen Haltungen schon Wege zum pse_349.015
Drama, zum Epos und zur Lyrik finden. Auch was wir gerade pse_349.016
früher von Spoerri erwähnt haben, hat mit diesen inneren pse_349.017
Haltungen zu tun. Aber vor allem Staiger hat diese menschlichen pse_349.018
Grundhaltungen herausgearbeitet, die zu bestimmten pse_349.019
dichterischen Gestaltungsweisen gehören. In diesem Sinne pse_349.020
verwendet er die Ausdrücke lyrisch, episch, dramatisch. Nie pse_349.021
meint Staiger damit die tatsächlichen, in der Dichtungsgeschichte pse_349.022
auftretenden Gattungen, sondern er sucht gleichsam pse_349.023
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ihrem tiefsten Wesen, und er sucht es in menschlichen Grundhaltungen, pse_349.025
also auf anthropologischem Wege. Wie sich diese pse_349.026
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und zeigen, ist eine weitere Frage der Poetik, die Staiger in pse_349.028
seinem Buch nur am Rande betrachtet. Daß Staiger die Worte pse_349.029
lyrisch, episch und dramatisch in diesem anthropologischen pse_349.030
Sinne nimmt und damit vielfach in Widerspruch zur üblichen pse_349.031
Verwendung, auch in der Wissenschaft, gerät, muß zur pse_349.032
Kenntnis genommen werden; er versteht mit ihnen eben pse_349.033
diese Grundhaltungen in ihrer Auswirkung in der dichterischen pse_349.034
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Dabei zeigt sich, daß diese Grundhaltungen mit dem Zeiterleben

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[349/0365] pse_349.001 Gestaltens, 3. von den Arten der sprachkünstlerisch pse_349.002 geformten Wirklichkeit, 4. von der Ausbildung geschichtlicher pse_349.003 Gattungen und Arten, 5. von der Bildung von Typen. pse_349.004 Die grundlegenden menschlichen Haltungen pse_349.005 Wir meinen die menschlichen Haltungen, die sich aus dem pse_349.006 Betroffensein von der Welt ergeben. Der Mensch reagiert verschieden pse_349.007 auf die im Erleben ihm begegnende Wirklichkeit. pse_349.008 Man kann das auf die verschiedenen seelischen Grundhaltungen pse_349.009 aufteilen. Der eine Mensch antwortet mit seinem Begehrungsvermögen, pse_349.010 als das »Wesen, welches will« (Schiller), der pse_349.011 andere mit seinem Erkenntnisvermögen, als das Wesen, das pse_349.012 erkennt und überschaut, ein dritter unmittelbar mit dem Gefühl, pse_349.013 als das Wesen, das sich im Fühlen ausspricht. Man kann pse_349.014 mit einiger Vorsicht in diesen Haltungen schon Wege zum pse_349.015 Drama, zum Epos und zur Lyrik finden. Auch was wir gerade pse_349.016 früher von Spoerri erwähnt haben, hat mit diesen inneren pse_349.017 Haltungen zu tun. Aber vor allem Staiger hat diese menschlichen pse_349.018 Grundhaltungen herausgearbeitet, die zu bestimmten pse_349.019 dichterischen Gestaltungsweisen gehören. In diesem Sinne pse_349.020 verwendet er die Ausdrücke lyrisch, episch, dramatisch. Nie pse_349.021 meint Staiger damit die tatsächlichen, in der Dichtungsgeschichte pse_349.022 auftretenden Gattungen, sondern er sucht gleichsam pse_349.023 nach der platonischen Idee dieser Gestaltungsweisen, nach pse_349.024 ihrem tiefsten Wesen, und er sucht es in menschlichen Grundhaltungen, pse_349.025 also auf anthropologischem Wege. Wie sich diese pse_349.026 Grundhaltungen dann in konkreten Dichtungen auswirken pse_349.027 und zeigen, ist eine weitere Frage der Poetik, die Staiger in pse_349.028 seinem Buch nur am Rande betrachtet. Daß Staiger die Worte pse_349.029 lyrisch, episch und dramatisch in diesem anthropologischen pse_349.030 Sinne nimmt und damit vielfach in Widerspruch zur üblichen pse_349.031 Verwendung, auch in der Wissenschaft, gerät, muß zur pse_349.032 Kenntnis genommen werden; er versteht mit ihnen eben pse_349.033 diese Grundhaltungen in ihrer Auswirkung in der dichterischen pse_349.034 Gestalt. pse_349.035 Dabei zeigt sich, daß diese Grundhaltungen mit dem Zeiterleben

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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/365>, abgerufen am 22.11.2024.