pse_318.001 sie sich in bezug auf alle eben erwähnten Seiten zu bestimmten pse_318.002 Dichtungstypen ausprägen. Schon das alles zeigt die unendliche pse_318.003 Vielfalt in dem Gefüge eines dichterischen Kunstwerks. pse_318.004 In irgendeiner Weise sind die jetzt erwähnten Seiten pse_318.005 an jeder Dichtung zu beobachten.
pse_318.006 Anders ist es mit drei Eigenschaften jeder Dichtung, die pse_318.007 immer in einem bestimmten Grade vorhanden sind. Schon pse_318.008 dadurch ergeben sich wieder viele Schattierungen. Das ist pse_318.009 zunächst die Vielgestaltigkeit. Sie ergibt sich aus der Fügung pse_318.010 der einzelnen Kräfte, die die Gestalt prägen. Es macht einen pse_318.011 Unterschied, ob in der Dichtung eine bestimmte Wortart pse_318.012 vorherrscht oder alle in gleicher Weise zusammenwirken; pse_318.013 ob eine breite oder rasche Satzbewegung bestimmend ist; pse_318.014 ob und welche Stilkräfte für die Sprachstruktur wesentlich pse_318.015 sind; auch im Aufbau können die Kräfte verschieden eingesetzt pse_318.016 werden: es herrscht nur eine Art der Glieder vor, etwa pse_318.017 Stimmungsgruppen oder Figuren, oder sie wirken alle zusammen. pse_318.018 Weiter: ob die Bindung oder die Gespanntheit in pse_318.019 der Gesamtanlage der Dichtung vorherrscht, ob der Bau pse_318.020 streng rational oder mehr wie ein Organismus gewachsen ist. pse_318.021 Weiter ist es wichtig, ob die Gestaltungsform sehr rein in pse_318.022 einer Dichtung heraustritt oder vermischt mit anderen usw. pse_318.023 Hier gibt es Grade von einer gewissen Eintönigkeit, da nur pse_318.024 ganz bestimmte Kräfte immer wieder eingesetzt werden, bis pse_318.025 zu höchster Buntheit und Fülle der aufbauenden Elemente, pse_318.026 wobei wieder Disparatheit oder Zusammenklang in verschiedenster pse_318.027 Stärke das Bild der Struktur einer Dichtung rein von pse_318.028 der Form her bereichern.
pse_318.029 Jede Dichtung formt im sprachlich-geistigen Bereich ein pse_318.030 Stück Welt. Das zeigt alle möglichen Grade von Weltfülle.pse_318.031 Hier unterscheiden sich die Dichtungen schon nach ihrem pse_318.032 Umfang: ein Roman oder ein großes Drama kann eine viel pse_318.033 breitere und mannigfaltigere Welt vor uns aufbauen als pse_318.034 ein kleines lyrisches Gedicht. Denn in einem solchen wird pse_318.035 eher auf engstem geistigem Raum in die Tiefe gelotet. Aber pse_318.036 auch innerhalb der umfangreichen Dichtungsarten gibt es pse_318.037 große Unterschiede. Die antike und die französisch-klassische pse_318.038 Tragödie zeigt einen streng umgrenzten einheitlichen Weltausschnitt,
pse_318.001 sie sich in bezug auf alle eben erwähnten Seiten zu bestimmten pse_318.002 Dichtungstypen ausprägen. Schon das alles zeigt die unendliche pse_318.003 Vielfalt in dem Gefüge eines dichterischen Kunstwerks. pse_318.004 In irgendeiner Weise sind die jetzt erwähnten Seiten pse_318.005 an jeder Dichtung zu beobachten.
pse_318.006 Anders ist es mit drei Eigenschaften jeder Dichtung, die pse_318.007 immer in einem bestimmten Grade vorhanden sind. Schon pse_318.008 dadurch ergeben sich wieder viele Schattierungen. Das ist pse_318.009 zunächst die Vielgestaltigkeit. Sie ergibt sich aus der Fügung pse_318.010 der einzelnen Kräfte, die die Gestalt prägen. Es macht einen pse_318.011 Unterschied, ob in der Dichtung eine bestimmte Wortart pse_318.012 vorherrscht oder alle in gleicher Weise zusammenwirken; pse_318.013 ob eine breite oder rasche Satzbewegung bestimmend ist; pse_318.014 ob und welche Stilkräfte für die Sprachstruktur wesentlich pse_318.015 sind; auch im Aufbau können die Kräfte verschieden eingesetzt pse_318.016 werden: es herrscht nur eine Art der Glieder vor, etwa pse_318.017 Stimmungsgruppen oder Figuren, oder sie wirken alle zusammen. pse_318.018 Weiter: ob die Bindung oder die Gespanntheit in pse_318.019 der Gesamtanlage der Dichtung vorherrscht, ob der Bau pse_318.020 streng rational oder mehr wie ein Organismus gewachsen ist. pse_318.021 Weiter ist es wichtig, ob die Gestaltungsform sehr rein in pse_318.022 einer Dichtung heraustritt oder vermischt mit anderen usw. pse_318.023 Hier gibt es Grade von einer gewissen Eintönigkeit, da nur pse_318.024 ganz bestimmte Kräfte immer wieder eingesetzt werden, bis pse_318.025 zu höchster Buntheit und Fülle der aufbauenden Elemente, pse_318.026 wobei wieder Disparatheit oder Zusammenklang in verschiedenster pse_318.027 Stärke das Bild der Struktur einer Dichtung rein von pse_318.028 der Form her bereichern.
pse_318.029 Jede Dichtung formt im sprachlich-geistigen Bereich ein pse_318.030 Stück Welt. Das zeigt alle möglichen Grade von Weltfülle.pse_318.031 Hier unterscheiden sich die Dichtungen schon nach ihrem pse_318.032 Umfang: ein Roman oder ein großes Drama kann eine viel pse_318.033 breitere und mannigfaltigere Welt vor uns aufbauen als pse_318.034 ein kleines lyrisches Gedicht. Denn in einem solchen wird pse_318.035 eher auf engstem geistigem Raum in die Tiefe gelotet. Aber pse_318.036 auch innerhalb der umfangreichen Dichtungsarten gibt es pse_318.037 große Unterschiede. Die antike und die französisch-klassische pse_318.038 Tragödie zeigt einen streng umgrenzten einheitlichen Weltausschnitt,
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vorherrscht oder alle in gleicher Weise zusammenwirken; pse_318.013
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Hier gibt es Grade von einer gewissen Eintönigkeit, da nur pse_318.024
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Jede Dichtung formt im sprachlich-geistigen Bereich ein pse_318.030
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/334>, abgerufen am 22.11.2024.
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