pse_199.001 hin gestreift. Eine genaue Besprechung wäre Sache einer pse_199.002 Versgeschichte oder eigentlichen Verslehre. Der Hexameter pse_199.003 ist in seinen Regeln sowohl als auch in seinem Grundcharakter pse_199.004 und seiner ideellen Stelle auf dem Weg zur höchsten Rhythmisierungsform pse_199.005 schon erwähnt worden. Die Grundform ist pse_199.006 klar: längere Taktreihen daktylischen und trochäischen Gepräges. pse_199.007 Aber gerade sie läßt großen Stilreichtum zu. Wir pse_199.008 heben zwei Grenzformen heraus:
pse_199.009
Bang bewegte sich Hermann und winkte dem geistlichen Freunde,pse_199.010 Daß er ins Mittel sich schlüge, sogleich zu verscheuchen den Irrtum.
pse_199.011 (Goethe, Hermann und Dorothea)
pse_199.012
Hier haben wir die strenge Form, wie sie sich aus der Auseinandersetzung pse_199.013 mit der antiken Verskunst im Deutschen pse_199.014 ausgebildet hat: Fortlauf der Bewegung und trotzdem Geschlossenheit pse_199.015 durch den klaren metrischen Aufbau mit deutlicher pse_199.016 Schlußwirkung. Der Versbau bestimmt, der Satzablauf pse_199.017 fügt sich ihm aber ein, daraus das ruhige Strömen: ein pse_199.018 rein epischer Vers.
pse_199.019
Und es führten das nächtliche Heer die Sünden der hohenpse_199.020 Und weitgrenzenden Seelen, die dich in der himmlischen Schönheit,pse_199.021 Fromme Tugend, sahn, doch deinem Lächeln nicht folgten.
pse_199.022 (Klopstock, Messias)
pse_199.023
Die metrische Geschlossenheit des strengen Hexameters ist pse_199.024 nicht mehr da, die Satzbewegung und deren Sinneinschnitte pse_199.025 bestimmen den Ablauf. Er wird heftiger bewegt, vor allem pse_199.026 treten nicht mehr sechs Hebungen gleich stark hervor, sondern pse_199.027 weniger, aber heftiger. Der Vers verliert den epischen pse_199.028 Charakter, er ist mehr lyrisch und dramatisch. Dazwischen pse_199.029 liegen verschiedene Arten. Auch der Alexandriner, der im pse_199.030 Deutschen weniger wichtig ist, hat ein deutliches Eigengepräge. pse_199.031 In seiner klassischen französischen Form, also vor pse_199.032 allem im 17. Jahrhundert, ist er ein 12- oder 13-Silbler rein pse_199.033 alternierender Art mit scharfem Einschnitt nach der dritten pse_199.034 Hebung; nur der dritte und sechste Takt müssen mit der pse_199.035 Prosabetonung übereinstimmen:
pse_199.036
O ciel! Oenone est morte, et Phedre veut mourir.
(Racine, Phedre)
pse_199.001 hin gestreift. Eine genaue Besprechung wäre Sache einer pse_199.002 Versgeschichte oder eigentlichen Verslehre. Der Hexameter pse_199.003 ist in seinen Regeln sowohl als auch in seinem Grundcharakter pse_199.004 und seiner ideellen Stelle auf dem Weg zur höchsten Rhythmisierungsform pse_199.005 schon erwähnt worden. Die Grundform ist pse_199.006 klar: längere Taktreihen daktylischen und trochäischen Gepräges. pse_199.007 Aber gerade sie läßt großen Stilreichtum zu. Wir pse_199.008 heben zwei Grenzformen heraus:
pse_199.009
Bang bewegte sich Hermann und winkte dem geistlichen Freunde,pse_199.010 Daß er ins Mittel sich schlüge, sogleich zu verscheuchen den Irrtum.
pse_199.011 (Goethe, Hermann und Dorothea)
pse_199.012
Hier haben wir die strenge Form, wie sie sich aus der Auseinandersetzung pse_199.013 mit der antiken Verskunst im Deutschen pse_199.014 ausgebildet hat: Fortlauf der Bewegung und trotzdem Geschlossenheit pse_199.015 durch den klaren metrischen Aufbau mit deutlicher pse_199.016 Schlußwirkung. Der Versbau bestimmt, der Satzablauf pse_199.017 fügt sich ihm aber ein, daraus das ruhige Strömen: ein pse_199.018 rein epischer Vers.
pse_199.019
Und es führten das nächtliche Heer die Sünden der hohenpse_199.020 Und weitgrenzenden Seelen, die dich in der himmlischen Schönheit,pse_199.021 Fromme Tugend, sahn, doch deinem Lächeln nicht folgten.
pse_199.022 (Klopstock, Messias)
pse_199.023
Die metrische Geschlossenheit des strengen Hexameters ist pse_199.024 nicht mehr da, die Satzbewegung und deren Sinneinschnitte pse_199.025 bestimmen den Ablauf. Er wird heftiger bewegt, vor allem pse_199.026 treten nicht mehr sechs Hebungen gleich stark hervor, sondern pse_199.027 weniger, aber heftiger. Der Vers verliert den epischen pse_199.028 Charakter, er ist mehr lyrisch und dramatisch. Dazwischen pse_199.029 liegen verschiedene Arten. Auch der Alexandriner, der im pse_199.030 Deutschen weniger wichtig ist, hat ein deutliches Eigengepräge. pse_199.031 In seiner klassischen französischen Form, also vor pse_199.032 allem im 17. Jahrhundert, ist er ein 12- oder 13-Silbler rein pse_199.033 alternierender Art mit scharfem Einschnitt nach der dritten pse_199.034 Hebung; nur der dritte und sechste Takt müssen mit der pse_199.035 Prosabetonung übereinstimmen:
pse_199.036
O ciel! Oenone est morte, et Phèdre veut mourir.
(Racine, Phèdre)
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Versgeschichte oder eigentlichen Verslehre. Der Hexameter pse_199.003
ist in seinen Regeln sowohl als auch in seinem Grundcharakter pse_199.004
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schon erwähnt worden. Die Grundform ist pse_199.006
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Aber gerade sie läßt großen Stilreichtum zu. Wir pse_199.008
heben zwei Grenzformen heraus:
pse_199.009
Bang bewegte sich Hermann und winkte dem geistlichen Freunde, pse_199.010
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pse_199.011
(Goethe, Hermann und Dorothea)
pse_199.012
Hier haben wir die strenge Form, wie sie sich aus der Auseinandersetzung pse_199.013
mit der antiken Verskunst im Deutschen pse_199.014
ausgebildet hat: Fortlauf der Bewegung und trotzdem Geschlossenheit pse_199.015
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pse_199.019
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pse_199.022
(Klopstock, Messias)
pse_199.023
Die metrische Geschlossenheit des strengen Hexameters ist pse_199.024
nicht mehr da, die Satzbewegung und deren Sinneinschnitte pse_199.025
bestimmen den Ablauf. Er wird heftiger bewegt, vor allem pse_199.026
treten nicht mehr sechs Hebungen gleich stark hervor, sondern pse_199.027
weniger, aber heftiger. Der Vers verliert den epischen pse_199.028
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liegen verschiedene Arten. Auch der Alexandriner, der im pse_199.030
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In seiner klassischen französischen Form, also vor pse_199.032
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/215>, abgerufen am 24.11.2024.
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