pse_192.001 doch auch im deutschen Vers deutlich steigende Bewegung pse_192.002 erkennen, einen Rhythmus nach vorwärts und aufwärts. pse_192.003 Sicher aber ist nicht alles jambisch, was mit einer Senkung pse_192.004 beginnt. Das ist wichtig, die mannigfachen Möglichkeiten pse_192.005 zweier bekannter Versformen zu erfassen: des Knittels und des pse_192.006 Blankverses. Der Knittel hat vier Hebungen, alles andere ist pse_192.007 frei. Aber doch nicht so frei, daß man nicht ein regelmäßiges pse_192.008 Schema dahinter spürte; auf einen Knittel könnte man zur pse_192.009 Not marschieren, nie auf einen altgermanischen Langzeilenvers. pse_192.010 Da nun auch der fallende Rhythmus, der Auftakt und pse_192.011 der steigende Rhythmus im Knittel bedeutsam sind, hat er pse_192.012 wirklich vielerlei Bewegungsarten. Der Reim, der meist zwei pse_192.013 Verse bindet, gibt ihm eine weitere Eigenart. Auch der Blankvers pse_192.014 im deutschen Drama ist nicht einfach ein jambischer pse_192.015 Fünftakter. Die Grundhaltung des Alternierens geht freilich pse_192.016 bestimmend durch. Aber es gibt eine Fülle von Modifikationen, pse_192.017 die eben den Blankvers so geeignet machen, alle möglichen pse_192.018 Haltungen und Bewegungen zu gestalten. Es tauchen ab pse_192.019 und zu sechs oder vier Hebungen auf, die Pausen im Vers pse_192.020 können an verschiedenen Stellen stehen. Die Hebungen und pse_192.021 Senkungen müssen nicht alle von der gleichen Tonstärke oder pse_192.022 -schwäche sein. Es gibt sogar sinnschwere Senkungen, die für pse_192.023 einen Augenblick den Gesamtcharakter des Verses ändern. pse_192.024 Im folgenden Vers aus der "Natürlichen Tochter" kommt es pse_192.025 auf die Entgegensetzung der Fürwörter an:
pse_192.026
Ich soll dich leiten, und du leitest mich.
pse_192.027
Sehr verschieden kann der Anfang des Blankverses sein: rein pse_192.028 jambisch etwa im Anfang der "Iphigenie":
pse_192.029
Heraus in eure Schatten, rege Wipfel ...
pse_192.030
Fallender Rhythmus mit Auftakt dringt durch:
pse_192.031
Durch diese hohle Gasse muß er kommen.
pse_192.032
Folgende vier Blankverse zeigen weiter, wie eigenartig der pse_192.033 Anfang einsetzen kann:
pse_192.034
Diesen Buttler geb ich noch nicht auf; ich weiß ...
(Wallenstein) pse_192.035
Zieh oder folge, wenn ich nicht auf ewig ...
(Tasso) pse_192.036
Mißgünstig sieht er jedes Edlen Sohn ...
(Iphigenie) pse_192.037
Was? Aufgeopfert wurd ich ihren Klagen?
(Wallenstein)
pse_192.001 doch auch im deutschen Vers deutlich steigende Bewegung pse_192.002 erkennen, einen Rhythmus nach vorwärts und aufwärts. pse_192.003 Sicher aber ist nicht alles jambisch, was mit einer Senkung pse_192.004 beginnt. Das ist wichtig, die mannigfachen Möglichkeiten pse_192.005 zweier bekannter Versformen zu erfassen: des Knittels und des pse_192.006 Blankverses. Der Knittel hat vier Hebungen, alles andere ist pse_192.007 frei. Aber doch nicht so frei, daß man nicht ein regelmäßiges pse_192.008 Schema dahinter spürte; auf einen Knittel könnte man zur pse_192.009 Not marschieren, nie auf einen altgermanischen Langzeilenvers. pse_192.010 Da nun auch der fallende Rhythmus, der Auftakt und pse_192.011 der steigende Rhythmus im Knittel bedeutsam sind, hat er pse_192.012 wirklich vielerlei Bewegungsarten. Der Reim, der meist zwei pse_192.013 Verse bindet, gibt ihm eine weitere Eigenart. Auch der Blankvers pse_192.014 im deutschen Drama ist nicht einfach ein jambischer pse_192.015 Fünftakter. Die Grundhaltung des Alternierens geht freilich pse_192.016 bestimmend durch. Aber es gibt eine Fülle von Modifikationen, pse_192.017 die eben den Blankvers so geeignet machen, alle möglichen pse_192.018 Haltungen und Bewegungen zu gestalten. Es tauchen ab pse_192.019 und zu sechs oder vier Hebungen auf, die Pausen im Vers pse_192.020 können an verschiedenen Stellen stehen. Die Hebungen und pse_192.021 Senkungen müssen nicht alle von der gleichen Tonstärke oder pse_192.022 -schwäche sein. Es gibt sogar sinnschwere Senkungen, die für pse_192.023 einen Augenblick den Gesamtcharakter des Verses ändern. pse_192.024 Im folgenden Vers aus der »Natürlichen Tochter« kommt es pse_192.025 auf die Entgegensetzung der Fürwörter an:
pse_192.026
Ich soll dich leiten, und du leitest mich.
pse_192.027
Sehr verschieden kann der Anfang des Blankverses sein: rein pse_192.028 jambisch etwa im Anfang der »Iphigenie«:
pse_192.029
Heraus in eure Schatten, rege Wipfel ...
pse_192.030
Fallender Rhythmus mit Auftakt dringt durch:
pse_192.031
Durch diese hohle Gasse muß er kommen.
pse_192.032
Folgende vier Blankverse zeigen weiter, wie eigenartig der pse_192.033 Anfang einsetzen kann:
pse_192.034
Diesen Buttler geb ich noch nicht auf; ich weiß ...
(Wallenstein) pse_192.035
Zieh oder folge, wenn ich nicht auf ewig ...
(Tasso) pse_192.036
Mißgünstig sieht er jedes Edlen Sohn ...
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pse_192.001
doch auch im deutschen Vers deutlich steigende Bewegung pse_192.002
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Sicher aber ist nicht alles jambisch, was mit einer Senkung pse_192.004
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zweier bekannter Versformen zu erfassen: des Knittels und des pse_192.006
Blankverses. Der Knittel hat vier Hebungen, alles andere ist pse_192.007
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Schema dahinter spürte; auf einen Knittel könnte man zur pse_192.009
Not marschieren, nie auf einen altgermanischen Langzeilenvers. pse_192.010
Da nun auch der fallende Rhythmus, der Auftakt und pse_192.011
der steigende Rhythmus im Knittel bedeutsam sind, hat er pse_192.012
wirklich vielerlei Bewegungsarten. Der Reim, der meist zwei pse_192.013
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Im folgenden Vers aus der »Natürlichen Tochter« kommt es pse_192.025
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pse_192.026
Ich soll dich leiten, und du leitest mich.
pse_192.027
Sehr verschieden kann der Anfang des Blankverses sein: rein pse_192.028
jambisch etwa im Anfang der »Iphigenie«:
pse_192.029
Heraus in eure Schatten, rege Wipfel ...
pse_192.030
Fallender Rhythmus mit Auftakt dringt durch:
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Durch diese hohle Gasse muß er kommen.
pse_192.032
Folgende vier Blankverse zeigen weiter, wie eigenartig der pse_192.033
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pse_192.034
Diesen Buttler geb ich noch nicht auf; ich weiß ...
(Wallenstein) pse_192.035
Zieh oder folge, wenn ich nicht auf ewig ...
(Tasso) pse_192.036
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/208>, abgerufen am 23.11.2024.
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