pse_169.001 hellgrünen Birken mit silberweißer Rinde schmückten, wie pse_169.002 zu München am Fronleichnamstag, Häuser und Straßen des pse_169.003 Städtchens" (Fallmerayer). Wenn das Eindruckswort vorherrscht, pse_169.004 geht das Ergriffensein vom Gestalteten in die Formung pse_169.005 mit ein und kann also das Menschliche in der Form pse_169.006 vordrängen: "Einzelne schwarze Knollen von Felsen ragten pse_169.007 über dasselbe [Nebelmeer] empor, dann dehnte es sich weithin, pse_169.008 ein trübblauer Strich entfernter Gebirge zog an seinem pse_169.009 Rande, und dann war der gesättigte, goldgelbe, ganz reine pse_169.010 Himmel, an dem eine grelle, fast strahlende Sonne stand, zu pse_169.011 ihrem Untergang bereitet" (Stifter, Nachsommer).
pse_169.012 Worte haben in größeren Zusammenhängen nicht nur pse_169.013 ihren eigenen Gehalt, sondern auch eine Aufgabe als Glieder pse_169.014 in diesem Ganzen. Diese Gliederung ist auch stilistisch in pse_169.015 verschiedener Weise wichtig. Es gibt eine Art der Gliederung, pse_169.016 wo die Worte in ihrem Eigengehalt vorherrschen, ihre pse_169.017 Gliedhaftigkeit ist nur ganz im allgemeinen, oft verschwebend, pse_169.018 angedeutet, die Bezüge zwischen den Worten sind da mehr pse_169.019 zu ahnen. Der Gehalt der Worte schwingt frei und verschwimmt pse_169.020 mit dem der anderen in verschwebenden Beziehungen:
pse_169.021 pse_169.022
Blutbefleckte Linnen blähenpse_169.023 Segel sich auf dem Kanal.
pse_169.024 (Trakl, Winterdämmerung)pse_169.025
Aber auch wuchtige Wirkungen können so entstehen. Bei pse_169.026 deutlicher und bis ins letzte ausgeformter Gliederung entsteht pse_169.027 Klarheit, Schärfe und Greifbarkeit der Architektur, so pse_169.028 z. B. bei der Fülle von Partikeln in den homerischen Epen.
pse_169.029 Es spielt stilistisch auch eine Rolle, wie groß die einzelnen pse_169.030 Glieder sind, ob sie nur aus einem Wort bestehen oder reich pse_169.031 auseinandergefaltet sind. Die reiche Aufgliederung eines pse_169.032 Sprachablaufs ruft Fülle und engste Verflechtung hervor, pse_169.033 auch die Möglichkeiten menschlichen Bezugs sind dann besonders pse_169.034 reich. Hölderlin ist ein Meister solcher reichgegliederter pse_169.035 Gebilde:
pse_169.036
Komm nun, o komm, und eile mir nicht zu schnell,pse_169.037 Du goldner Tag, zum Gipfel des Himmels fort!pse_169.038 Denn offner fliegt, vertrauter dir meinpse_169.039 Auge, du Freudiger, zu ... (Des Morgens)
pse_169.001 hellgrünen Birken mit silberweißer Rinde schmückten, wie pse_169.002 zu München am Fronleichnamstag, Häuser und Straßen des pse_169.003 Städtchens« (Fallmerayer). Wenn das Eindruckswort vorherrscht, pse_169.004 geht das Ergriffensein vom Gestalteten in die Formung pse_169.005 mit ein und kann also das Menschliche in der Form pse_169.006 vordrängen: »Einzelne schwarze Knollen von Felsen ragten pse_169.007 über dasselbe [Nebelmeer] empor, dann dehnte es sich weithin, pse_169.008 ein trübblauer Strich entfernter Gebirge zog an seinem pse_169.009 Rande, und dann war der gesättigte, goldgelbe, ganz reine pse_169.010 Himmel, an dem eine grelle, fast strahlende Sonne stand, zu pse_169.011 ihrem Untergang bereitet« (Stifter, Nachsommer).
pse_169.012 Worte haben in größeren Zusammenhängen nicht nur pse_169.013 ihren eigenen Gehalt, sondern auch eine Aufgabe als Glieder pse_169.014 in diesem Ganzen. Diese Gliederung ist auch stilistisch in pse_169.015 verschiedener Weise wichtig. Es gibt eine Art der Gliederung, pse_169.016 wo die Worte in ihrem Eigengehalt vorherrschen, ihre pse_169.017 Gliedhaftigkeit ist nur ganz im allgemeinen, oft verschwebend, pse_169.018 angedeutet, die Bezüge zwischen den Worten sind da mehr pse_169.019 zu ahnen. Der Gehalt der Worte schwingt frei und verschwimmt pse_169.020 mit dem der anderen in verschwebenden Beziehungen:
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Blutbefleckte Linnen blähenpse_169.023 Segel sich auf dem Kanal.
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pse_169.036
Komm nun, o komm, und eile mir nicht zu schnell,pse_169.037 Du goldner Tag, zum Gipfel des Himmels fort!pse_169.038 Denn offner fliegt, vertrauter dir meinpse_169.039 Auge, du Freudiger, zu ... (Des Morgens)
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hellgrünen Birken mit silberweißer Rinde schmückten, wie pse_169.002
zu München am Fronleichnamstag, Häuser und Straßen des pse_169.003
Städtchens« (Fallmerayer). Wenn das Eindruckswort vorherrscht, pse_169.004
geht das Ergriffensein vom Gestalteten in die Formung pse_169.005
mit ein und kann also das Menschliche in der Form pse_169.006
vordrängen: »Einzelne schwarze Knollen von Felsen ragten pse_169.007
über dasselbe [Nebelmeer] empor, dann dehnte es sich weithin, pse_169.008
ein trübblauer Strich entfernter Gebirge zog an seinem pse_169.009
Rande, und dann war der gesättigte, goldgelbe, ganz reine pse_169.010
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Worte haben in größeren Zusammenhängen nicht nur pse_169.013
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/185>, abgerufen am 22.11.2024.
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