pse_143.001 der Form angelangt! In diesem Bereich gibt es dann wieder pse_143.002 verschiedene Sichten, wie wir sie am Schluß dieser Betrachtung pse_143.003 zusammenstellen wollen. Die Zweiheit von Form und pse_143.004 Inhalt oder Gestalt und Gehalt ist nicht die einzige Betrachtungsweise. pse_143.005 Man hat die Zweiheit zu überwinden gesucht, pse_143.006 indem man das Zusammenwirken mehrerer Kräfte herausgehoben pse_143.007 hat. Spoerri sieht wie in jeder Verwirklichung so pse_143.008 auch im Kunstwerk und daher in der Dichtung einen Sinngehalt, pse_143.009 da der Geist im Schaffen sich auf ein vorschwebendes pse_143.010 Ziel richtet; eine Bewegungsgewalt, indem die innere Bewegung pse_143.011 der Seele mitwirkt; eine Bildgestalt, in der die pse_143.012 Stofflichkeit ihren Leib erhält. In solchem Blick wird auch pse_143.013 das Menschliche einer Dichtung deutlich. Eine ganze Fülle pse_143.014 von Seiten, die eine Dichtung bietet, verwebt Riezler zu pse_143.015 einem Ganzen: das Ganze einer Seele biete sich immer nur pse_143.016 in einer bestimmten Sicht, dem Eidos, der nun im Bild seine pse_143.017 feste Gestalt bekomme. Im Bild ersteht auch die sinnliche pse_143.018 Erscheinung, die dann im Werk, einem Ding der Außenwelt, pse_143.019 konkretisiert wird. So kann man den Weg vom Innersten pse_143.020 bis in die Werkgestalt verfolgen; man kann den Weg auch pse_143.021 umgekehrt gehen und wird sich dann der Schichtung bewußt, pse_143.022 die vom Wahrgenommenen bis in die tiefsten Gründe reicht.
pse_143.023 Alle diese Scheidungen der Sichten, ob Zwei-, Drei- oder pse_143.024 Mehrteilung, dürfen eines nie außer acht lassen: jede Dichtung pse_143.025 ist eine unteilbare Einheit. Der Gehalt des Goetheschen pse_143.026 Mondlieds ist nicht anders zu erfassen als in seiner Gestalt, im pse_143.027 Rhythmus, im Lautklang, in den sprachlichen Bildern und in pse_143.028 der Satzbewegung. Die Menschlichkeit, in der wir den Gehalt pse_143.029 von Goethes "Iphigenie" sehen können, ist niemals in ihrem pse_143.030 Reichtum und in ihrer Tiefe zu erleben ohne den Bau dieses pse_143.031 Werks, ohne seinen Sprachzauber, ohne den Reichtum und pse_143.032 die gegenseitige Bezüglichkeit der Bilder, kurz ohne all das, pse_143.033 was man seine Gestalt nennt. Darin besteht nun die ganze pse_143.034 Schwierigkeit der Deutung, der Interpretation, aber auch pse_143.035 die Lösung der Schwierigkeit, was es nun trotz der Einheit pse_143.036 mit der Zweiheit Inhalt -- Form auf sich habe.
pse_143.037 Was im ästhetischen Gebilde, im Kunstwerk eine Einheit pse_143.038 ist, besonders auch für das Erleben, kann in der theoretischen
pse_143.001 der Form angelangt! In diesem Bereich gibt es dann wieder pse_143.002 verschiedene Sichten, wie wir sie am Schluß dieser Betrachtung pse_143.003 zusammenstellen wollen. Die Zweiheit von Form und pse_143.004 Inhalt oder Gestalt und Gehalt ist nicht die einzige Betrachtungsweise. pse_143.005 Man hat die Zweiheit zu überwinden gesucht, pse_143.006 indem man das Zusammenwirken mehrerer Kräfte herausgehoben pse_143.007 hat. Spoerri sieht wie in jeder Verwirklichung so pse_143.008 auch im Kunstwerk und daher in der Dichtung einen Sinngehalt, pse_143.009 da der Geist im Schaffen sich auf ein vorschwebendes pse_143.010 Ziel richtet; eine Bewegungsgewalt, indem die innere Bewegung pse_143.011 der Seele mitwirkt; eine Bildgestalt, in der die pse_143.012 Stofflichkeit ihren Leib erhält. In solchem Blick wird auch pse_143.013 das Menschliche einer Dichtung deutlich. Eine ganze Fülle pse_143.014 von Seiten, die eine Dichtung bietet, verwebt Riezler zu pse_143.015 einem Ganzen: das Ganze einer Seele biete sich immer nur pse_143.016 in einer bestimmten Sicht, dem Eidos, der nun im Bild seine pse_143.017 feste Gestalt bekomme. Im Bild ersteht auch die sinnliche pse_143.018 Erscheinung, die dann im Werk, einem Ding der Außenwelt, pse_143.019 konkretisiert wird. So kann man den Weg vom Innersten pse_143.020 bis in die Werkgestalt verfolgen; man kann den Weg auch pse_143.021 umgekehrt gehen und wird sich dann der Schichtung bewußt, pse_143.022 die vom Wahrgenommenen bis in die tiefsten Gründe reicht.
pse_143.023 Alle diese Scheidungen der Sichten, ob Zwei-, Drei- oder pse_143.024 Mehrteilung, dürfen eines nie außer acht lassen: jede Dichtung pse_143.025 ist eine unteilbare Einheit. Der Gehalt des Goetheschen pse_143.026 Mondlieds ist nicht anders zu erfassen als in seiner Gestalt, im pse_143.027 Rhythmus, im Lautklang, in den sprachlichen Bildern und in pse_143.028 der Satzbewegung. Die Menschlichkeit, in der wir den Gehalt pse_143.029 von Goethes »Iphigenie« sehen können, ist niemals in ihrem pse_143.030 Reichtum und in ihrer Tiefe zu erleben ohne den Bau dieses pse_143.031 Werks, ohne seinen Sprachzauber, ohne den Reichtum und pse_143.032 die gegenseitige Bezüglichkeit der Bilder, kurz ohne all das, pse_143.033 was man seine Gestalt nennt. Darin besteht nun die ganze pse_143.034 Schwierigkeit der Deutung, der Interpretation, aber auch pse_143.035 die Lösung der Schwierigkeit, was es nun trotz der Einheit pse_143.036 mit der Zweiheit Inhalt — Form auf sich habe.
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der Form angelangt! In diesem Bereich gibt es dann wieder pse_143.002
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zusammenstellen wollen. Die Zweiheit von Form und pse_143.004
Inhalt oder Gestalt und Gehalt ist nicht die einzige Betrachtungsweise. pse_143.005
Man hat die Zweiheit zu überwinden gesucht, pse_143.006
indem man das Zusammenwirken mehrerer Kräfte herausgehoben pse_143.007
hat. Spoerri sieht wie in jeder Verwirklichung so pse_143.008
auch im Kunstwerk und daher in der Dichtung einen Sinngehalt, pse_143.009
da der Geist im Schaffen sich auf ein vorschwebendes pse_143.010
Ziel richtet; eine Bewegungsgewalt, indem die innere Bewegung pse_143.011
der Seele mitwirkt; eine Bildgestalt, in der die pse_143.012
Stofflichkeit ihren Leib erhält. In solchem Blick wird auch pse_143.013
das Menschliche einer Dichtung deutlich. Eine ganze Fülle pse_143.014
von Seiten, die eine Dichtung bietet, verwebt Riezler zu pse_143.015
einem Ganzen: das Ganze einer Seele biete sich immer nur pse_143.016
in einer bestimmten Sicht, dem Eidos, der nun im Bild seine pse_143.017
feste Gestalt bekomme. Im Bild ersteht auch die sinnliche pse_143.018
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umgekehrt gehen und wird sich dann der Schichtung bewußt, pse_143.022
die vom Wahrgenommenen bis in die tiefsten Gründe reicht.
pse_143.023
Alle diese Scheidungen der Sichten, ob Zwei-, Drei- oder pse_143.024
Mehrteilung, dürfen eines nie außer acht lassen: jede Dichtung pse_143.025
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Mondlieds ist nicht anders zu erfassen als in seiner Gestalt, im pse_143.027
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der Satzbewegung. Die Menschlichkeit, in der wir den Gehalt pse_143.029
von Goethes »Iphigenie« sehen können, ist niemals in ihrem pse_143.030
Reichtum und in ihrer Tiefe zu erleben ohne den Bau dieses pse_143.031
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/159>, abgerufen am 25.11.2024.
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