Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672.

Bild:
<< vorherige Seite

Grund versätzet ist/ so ist GOttes Gnade niemahls herrli-
cher und lieblicher/ alß wenn sie an den grössesten Sündern
sich erzeiget/(a) Je grösser Sünde es sind/ die GOtt vergie-
bet/ je herrlicher ist der Glantz seiner grossen Barmhertzig-
keit und Güte/ in den gefährlichsten und schweresten See-
len Kranckheiten/ ist die Allmacht/ Weißheit und Güte des
Himmlischen Artztes am besten zu erkennen.

§. 9.

Unser Heyland hat des Jairi Töchterlein/ das al-
lererst verschieden war/ erwecket/ nachmahls der Witwen zu
Nain Sohn/ der schon zu Grabe getragen ward/ das Leben
wider gegeben/ Endlich auch Lazarum zu Bethanien/ alß er
schon 4. Tage im Grabe gelegen/ und zu stincken anfieng/ le-
bendig wider herfür gebracht/ Wie nun dieses letztere Wun-
der seine Göttliche Allmacht am meisten beweiset/ also die
Bekehrung der grössesten und verzweiffelsten Sünder zeu-
get am herrlichsten von seiner unbegreifflichen Güte/ und gibt
desto mehr Anlaß zum Lob und Preis seiner herrlichen
Gnade.

§. 10.

Und fürwar/ wenn ich unser Traur-und Lehrbild/
(den elenden vom Teufel übel geplagten Menschen meine
Jch/) betrachte/ so mag ich in Wahrheit sagen/ daß GOtt an
Jhm auch hat erweisen wollen/ seine grosse Gedult/ und den
Reichthumb seiner Lang muth und Güte/ in dem er selbst ge-
stehet/ und frey öffentlich bekennet/ daß er nicht allein durch
schreckliches Fluchen sich versündiget/ und darüber in des
Satans Netz und Anfechtung gerathen/ sondern sich auch
mit ihm auff sechszehen Jahr eingelassen/ und zu seinem
Dienst sich ergeben/ welchen Er Jhm auch gantzer sechs jahr/
in vielen Sünden/ und schrecklicher Sicherheit/ geleistet/ so

gar/
(a) Besihe meine Gotthold. oder Zufällige Andacht.
Cent. I. cap. 91. p. 158.

Grund verſaͤtzet iſt/ ſo iſt GOttes Gnade niemahls herrli-
cher und lieblicher/ alß wenn ſie an den groͤſſeſten Suͤndern
ſich erzeiget/(a) Je groͤſſer Suͤnde es ſind/ die GOtt vergie-
bet/ je herrlicher iſt der Glantz ſeiner groſſen Barmhertzig-
keit und Guͤte/ in den gefaͤhrlichſten und ſchwereſten See-
len Kranckheiten/ iſt die Allmacht/ Weißheit und Guͤte des
Himmliſchen Artztes am beſten zu erkennen.

§. 9.

Unſer Heyland hat des Jairi Toͤchterlein/ das al-
lererſt verſchieden war/ erwecket/ nachmahls der Witwen zu
Nain Sohn/ der ſchon zu Grabe getragen ward/ das Leben
wider gegeben/ Endlich auch Lazarum zu Bethanien/ alß er
ſchon 4. Tage im Grabe gelegen/ und zu ſtincken anfieng/ le-
bendig wider herfuͤr gebracht/ Wie nun dieſes letztere Wun-
der ſeine Goͤttliche Allmacht am meiſten beweiſet/ alſo die
Bekehrung der groͤſſeſten und verzweiffelſten Suͤnder zeu-
get am herrlichſten von ſeiner unbegreifflichen Guͤte/ uñ gibt
deſto mehr Anlaß zum Lob und Preis ſeiner herrlichen
Gnade.

§. 10.

Und fuͤrwar/ wenn ich unſer Traur-und Lehrbild/
(den elenden vom Teufel uͤbel geplagten Menſchen meine
Jch/) betrachte/ ſo mag ich in Wahrheit ſagen/ daß GOtt an
Jhm auch hat erweiſen wollen/ ſeine groſſe Gedult/ und den
Reichthumb ſeiner Lang muth und Guͤte/ in dem er ſelbſt ge-
ſtehet/ und frey oͤffentlich bekennet/ daß er nicht allein durch
ſchreckliches Fluchen ſich verſuͤndiget/ und daruͤber in des
Satans Netz und Anfechtung gerathen/ ſondern ſich auch
mit ihm auff ſechszehen Jahr eingelaſſen/ und zu ſeinem
Dienſt ſich eꝛgeben/ welchen Er Jhm auch gantzer ſechs jahꝛ/
in vielen Suͤnden/ und ſchrecklicher Sicherheit/ geleiſtet/ ſo

gar/
(a) Beſihe meine Gotthold. oder Zufaͤllige Andacht.
Cent. I. cap. 91. p. 158.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0028"/>
Grund ver&#x017F;a&#x0364;tzet i&#x017F;t/ &#x017F;o i&#x017F;t GOttes Gnade niemahls herrli-<lb/>
cher und lieblicher/ alß wenn &#x017F;ie an den gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Su&#x0364;ndern<lb/>
&#x017F;ich erzeiget/<note place="foot" n="(a)">Be&#x017F;ihe meine Gotthold. oder Zufa&#x0364;llige Andacht.<lb/><hi rendition="#aq">Cent. I. cap. 91. p.</hi> 158.</note> Je gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Su&#x0364;nde es &#x017F;ind/ die GOtt vergie-<lb/>
bet/ je herrlicher i&#x017F;t der Glantz &#x017F;einer gro&#x017F;&#x017F;en Barmhertzig-<lb/>
keit und Gu&#x0364;te/ in den gefa&#x0364;hrlich&#x017F;ten und &#x017F;chwere&#x017F;ten See-<lb/>
len Kranckheiten/ i&#x017F;t die Allmacht/ Weißheit und Gu&#x0364;te des<lb/>
Himmli&#x017F;chen Artztes am be&#x017F;ten zu erkennen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="3">
              <head>§. 9.</head>
              <p>Un&#x017F;er Heyland hat des Jairi To&#x0364;chterlein/ das al-<lb/>
lerer&#x017F;t ver&#x017F;chieden war/ erwecket/ nachmahls der Witwen zu<lb/>
Nain Sohn/ der &#x017F;chon zu Grabe getragen ward/ das Leben<lb/>
wider gegeben/ Endlich auch Lazarum zu Bethanien/ alß er<lb/>
&#x017F;chon 4. Tage im Grabe gelegen/ und zu &#x017F;tincken anfieng/ le-<lb/>
bendig wider herfu&#x0364;r gebracht/ Wie nun die&#x017F;es letztere Wun-<lb/>
der &#x017F;eine Go&#x0364;ttliche Allmacht am mei&#x017F;ten bewei&#x017F;et/ al&#x017F;o die<lb/>
Bekehrung der gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten und verzweiffel&#x017F;ten Su&#x0364;nder zeu-<lb/>
get am herrlich&#x017F;ten von &#x017F;einer unbegreifflichen Gu&#x0364;te/ un&#x0303; gibt<lb/>
de&#x017F;to mehr Anlaß zum Lob und Preis &#x017F;einer herrlichen<lb/>
Gnade.</p>
            </div><lb/>
            <div n="3">
              <head>§. 10.</head>
              <p>Und fu&#x0364;rwar/ wenn ich un&#x017F;er Traur-und Lehrbild/<lb/>
(den elenden vom Teufel u&#x0364;bel geplagten Men&#x017F;chen meine<lb/>
Jch/) betrachte/ &#x017F;o mag ich in Wahrheit &#x017F;agen/ daß GOtt an<lb/>
Jhm auch hat erwei&#x017F;en wollen/ &#x017F;eine gro&#x017F;&#x017F;e Gedult/ und den<lb/>
Reichthumb &#x017F;einer Lang muth und Gu&#x0364;te/ in dem er &#x017F;elb&#x017F;t ge-<lb/>
&#x017F;tehet/ und frey o&#x0364;ffentlich bekennet/ daß er nicht allein durch<lb/>
&#x017F;chreckliches Fluchen &#x017F;ich ver&#x017F;u&#x0364;ndiget/ und daru&#x0364;ber in des<lb/>
Satans Netz und Anfechtung gerathen/ &#x017F;ondern &#x017F;ich auch<lb/>
mit ihm auff &#x017F;echszehen Jahr eingela&#x017F;&#x017F;en/ und zu &#x017F;einem<lb/>
Dien&#x017F;t &#x017F;ich e&#xA75B;geben/ welchen Er Jhm auch gantzer &#x017F;echs jah&#xA75B;/<lb/>
in vielen Su&#x0364;nden/ und &#x017F;chrecklicher Sicherheit/ gelei&#x017F;tet/ &#x017F;o<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">gar/</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0028] Grund verſaͤtzet iſt/ ſo iſt GOttes Gnade niemahls herrli- cher und lieblicher/ alß wenn ſie an den groͤſſeſten Suͤndern ſich erzeiget/ (a) Je groͤſſer Suͤnde es ſind/ die GOtt vergie- bet/ je herrlicher iſt der Glantz ſeiner groſſen Barmhertzig- keit und Guͤte/ in den gefaͤhrlichſten und ſchwereſten See- len Kranckheiten/ iſt die Allmacht/ Weißheit und Guͤte des Himmliſchen Artztes am beſten zu erkennen. §. 9.Unſer Heyland hat des Jairi Toͤchterlein/ das al- lererſt verſchieden war/ erwecket/ nachmahls der Witwen zu Nain Sohn/ der ſchon zu Grabe getragen ward/ das Leben wider gegeben/ Endlich auch Lazarum zu Bethanien/ alß er ſchon 4. Tage im Grabe gelegen/ und zu ſtincken anfieng/ le- bendig wider herfuͤr gebracht/ Wie nun dieſes letztere Wun- der ſeine Goͤttliche Allmacht am meiſten beweiſet/ alſo die Bekehrung der groͤſſeſten und verzweiffelſten Suͤnder zeu- get am herrlichſten von ſeiner unbegreifflichen Guͤte/ uñ gibt deſto mehr Anlaß zum Lob und Preis ſeiner herrlichen Gnade. §. 10.Und fuͤrwar/ wenn ich unſer Traur-und Lehrbild/ (den elenden vom Teufel uͤbel geplagten Menſchen meine Jch/) betrachte/ ſo mag ich in Wahrheit ſagen/ daß GOtt an Jhm auch hat erweiſen wollen/ ſeine groſſe Gedult/ und den Reichthumb ſeiner Lang muth und Guͤte/ in dem er ſelbſt ge- ſtehet/ und frey oͤffentlich bekennet/ daß er nicht allein durch ſchreckliches Fluchen ſich verſuͤndiget/ und daruͤber in des Satans Netz und Anfechtung gerathen/ ſondern ſich auch mit ihm auff ſechszehen Jahr eingelaſſen/ und zu ſeinem Dienſt ſich eꝛgeben/ welchen Er Jhm auch gantzer ſechs jahꝛ/ in vielen Suͤnden/ und ſchrecklicher Sicherheit/ geleiſtet/ ſo gar/ (a) Beſihe meine Gotthold. oder Zufaͤllige Andacht. Cent. I. cap. 91. p. 158.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scriver_schaefflein_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scriver_schaefflein_1672/28
Zitationshilfe: Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scriver_schaefflein_1672/28>, abgerufen am 13.11.2024.