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Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672.

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stärcket/ hab ich den Patienten alßbald besuchet/ und ihn in
stetiger Angst und Quaal gantz sprachloß gefunden/ doch/
wenn ihm einige Erinnerungen und Troßtreden auß GOt-
tes Wort zugeruffen wurden/ gab er mit einem Handdru-
cken zu erkennen/ daß ers wol verstünde.

§. 79.

Es funden sich indessen auch viel Christlicher
Hertzen an/ unter welchen auch vornehme adeliche Perso-
nen/ Officirer, und Bürger waren/ welche alle ihren gottseli-
gen Eiffer wider den Satan/ hertzliches Mitleiden gegen den
armen Menschen/ und zuversichtliches kindtliches Vertrau-
en zu GOtt/ bezeigeten/ hie sätzten wir nun alle/ mit ein müti-
gen Geist und Hertzen zusammen/ und weil der Zustand des
Patienten so erschrecklich und kläglich war/ alß sonst nie-
mahls/ schämete sich niemand des lauten Geschreys/ der
Thränen/ und des andächtigen Gebets/ wir lagen mehren-
theils auff den Knien/ und rieffen zu GOtt auß allen Kräff-
ten/ ich kan mit Warheit sagen/ daß ich nicht leicht derglei-
chen Gebet von vielen Personen gesehen habe; Und befand
sich hie wahr zu seyn/ daß Noth beten lehre: Zu weiln ver-
wechselten wir das Gebet/ mit singen/ und wurden die Lieder:
Eine feste Burg/ ist unser GOtt/ etc. GOtt der Vater wohn
uns bey/ etc. Jn dich hab ich gehoffet HErr/ etc. JEsu mei-
ne Freude/ etc. Vater unser im Himmelreich/ etc. Wir glau-
ben all an einen GOtt/ etc. freudig und getroßt gesungen.

§. 80.

Jndessen tobete der Satan erschrecklich/ er brül-
lete wie ein Löwe/ er heulete wie ein Wolff/ er gruntzete wie
eine Saw/ er bellete wie ein Hund/ und zwar so starck und
greulich/ daß ihrer viel die es mit angesehen und angehöret/
es ihr Lebelang wol nicht vergessen werden/ und konte auch
dieses Gebrüll/ ungeachtet des Singens und lauten Ge-
schreys der Versamlung zu GOtt/ und des Getümmels

des
T ij

ſtaͤrcket/ hab ich den Patienten alßbald beſuchet/ und ihn in
ſtetiger Angſt und Quaal gantz ſprachloß gefunden/ doch/
wenn ihm einige Erinnerungen und Troßtreden auß GOt-
tes Wort zugeruffen wurden/ gab er mit einem Handdru-
cken zu erkennen/ daß ers wol verſtuͤnde.

§. 79.

Es funden ſich indeſſen auch viel Chriſtlicher
Hertzen an/ unter welchen auch vornehme adeliche Perſo-
nen/ Officirer, und Buͤrger waren/ welche alle ihren gottſeli-
gen Eiffer wider den Satan/ hertzliches Mitleiden gegen den
armen Menſchen/ und zuverſichtliches kindtliches Vertrau-
en zu GOtt/ bezeigeten/ hie ſaͤtzten wir nun alle/ mit ein muͤti-
gen Geiſt und Hertzen zuſammen/ und weil der Zuſtand des
Patienten ſo erſchrecklich und klaͤglich war/ alß ſonſt nie-
mahls/ ſchaͤmete ſich niemand des lauten Geſchreys/ der
Thraͤnen/ und des andaͤchtigen Gebets/ wir lagen mehren-
theils auff den Knien/ und rieffen zu GOtt auß allen Kraͤff-
ten/ ich kan mit Warheit ſagen/ daß ich nicht leicht derglei-
chen Gebet von vielen Perſonen geſehen habe; Und befand
ſich hie wahr zu ſeyn/ daß Noth beten lehre: Zu weiln ver-
wechſelten wir das Gebet/ mit ſingen/ und wurden die Lieder:
Eine feſte Burg/ iſt unſer GOtt/ ꝛc. GOtt der Vater wohn
uns bey/ ꝛc. Jn dich hab ich gehoffet HErr/ ꝛc. JEſu mei-
ne Freude/ ꝛc. Vater unſer im Himmelreich/ ꝛc. Wir glau-
ben all an einen GOtt/ ꝛc. freudig und getroßt geſungen.

§. 80.

Jndeſſen tobete der Satan erſchrecklich/ er bruͤl-
lete wie ein Loͤwe/ er heulete wie ein Wolff/ er gruntzete wie
eine Saw/ er bellete wie ein Hund/ und zwar ſo ſtarck und
greulich/ daß ihrer viel die es mit angeſehen und angehoͤret/
es ihr Lebelang wol nicht vergeſſen werden/ und konte auch
dieſes Gebruͤll/ ungeachtet des Singens und lauten Ge-
ſchreys der Verſamlung zu GOtt/ und des Getuͤmmels

des
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[0169] ſtaͤrcket/ hab ich den Patienten alßbald beſuchet/ und ihn in ſtetiger Angſt und Quaal gantz ſprachloß gefunden/ doch/ wenn ihm einige Erinnerungen und Troßtreden auß GOt- tes Wort zugeruffen wurden/ gab er mit einem Handdru- cken zu erkennen/ daß ers wol verſtuͤnde. §. 79.Es funden ſich indeſſen auch viel Chriſtlicher Hertzen an/ unter welchen auch vornehme adeliche Perſo- nen/ Officirer, und Buͤrger waren/ welche alle ihren gottſeli- gen Eiffer wider den Satan/ hertzliches Mitleiden gegen den armen Menſchen/ und zuverſichtliches kindtliches Vertrau- en zu GOtt/ bezeigeten/ hie ſaͤtzten wir nun alle/ mit ein muͤti- gen Geiſt und Hertzen zuſammen/ und weil der Zuſtand des Patienten ſo erſchrecklich und klaͤglich war/ alß ſonſt nie- mahls/ ſchaͤmete ſich niemand des lauten Geſchreys/ der Thraͤnen/ und des andaͤchtigen Gebets/ wir lagen mehren- theils auff den Knien/ und rieffen zu GOtt auß allen Kraͤff- ten/ ich kan mit Warheit ſagen/ daß ich nicht leicht derglei- chen Gebet von vielen Perſonen geſehen habe; Und befand ſich hie wahr zu ſeyn/ daß Noth beten lehre: Zu weiln ver- wechſelten wir das Gebet/ mit ſingen/ und wurden die Lieder: Eine feſte Burg/ iſt unſer GOtt/ ꝛc. GOtt der Vater wohn uns bey/ ꝛc. Jn dich hab ich gehoffet HErr/ ꝛc. JEſu mei- ne Freude/ ꝛc. Vater unſer im Himmelreich/ ꝛc. Wir glau- ben all an einen GOtt/ ꝛc. freudig und getroßt geſungen. §. 80.Jndeſſen tobete der Satan erſchrecklich/ er bruͤl- lete wie ein Loͤwe/ er heulete wie ein Wolff/ er gruntzete wie eine Saw/ er bellete wie ein Hund/ und zwar ſo ſtarck und greulich/ daß ihrer viel die es mit angeſehen und angehoͤret/ es ihr Lebelang wol nicht vergeſſen werden/ und konte auch dieſes Gebruͤll/ ungeachtet des Singens und lauten Ge- ſchreys der Verſamlung zu GOtt/ und des Getuͤmmels des T ij

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Zitationshilfe: Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scriver_schaefflein_1672/169>, abgerufen am 27.11.2024.