schaften stets durch einen besonderen Beamten, "Inspecting Engeneer", überwacht, welcher aber nicht blos die formellen Materialproben macht, sondern sich fort- während auch im Zeichensaal und in den Werkstätten umsieht. Für diesen wichtigen und gut besoldeten Posten wird nicht ein junger Akademiker, sondern ein älterer, erfahrener Werkmeister oder einfacher Arbeiter gewählt.
Zur Beurtheilung des englischen Locomotivbaues ist die Thatsache maßgebend, daß beim Ueberwiegen des Schnellverkehrs sowohl im Personen- wie im Güterdienst in die Bewältigung des letzteren durch viele, aber nicht sehr schwere Züge, zwingenderweise die Maschinen-Typen sich von selbst ergeben. Schwere Güterzug-
locomotiven bilden eine seltene Ausnahme, dagegen sind mächtige Schnellzug- locomotiven besonders charakteristisch. Die gewöhnliche Anordnung ist die einer freien Treibachse mit Rädern von außergewöhnlich großem Durchmesser (bis 2.5 Meter), einem vorderen zweiachsigen Drehgestell und einer hinteren festen Lauf- achse. Häufig kommen zwei gekuppelte Achsen vor. Die Cylinder liegen bald außen, bald innen. Die Feuerbüchsen, in welchen die besten Steinkohlen auf mäßiger Rost- fläche verbrannt werden, haben in der Regel eine große Tiefe, im Gegensatze zu den belgischen Locomotiven, welche meist mit Staubkohlen ("Menus") geheizt werden, was eine dünne Kohlenschicht und demgemäß einen großen Rost bedingt.
Die Leistungsfähigkeit, die Uniformität und die tadellose Erscheinung der englischen Locomotiven entspricht, wie nicht anders zu denken, einem ausgezeichneten,
Dritter Abſchnitt.
ſchaften ſtets durch einen beſonderen Beamten, »Inspecting Engeneer«, überwacht, welcher aber nicht blos die formellen Materialproben macht, ſondern ſich fort- während auch im Zeichenſaal und in den Werkſtätten umſieht. Für dieſen wichtigen und gut beſoldeten Poſten wird nicht ein junger Akademiker, ſondern ein älterer, erfahrener Werkmeiſter oder einfacher Arbeiter gewählt.
Zur Beurtheilung des engliſchen Locomotivbaues iſt die Thatſache maßgebend, daß beim Ueberwiegen des Schnellverkehrs ſowohl im Perſonen- wie im Güterdienſt in die Bewältigung des letzteren durch viele, aber nicht ſehr ſchwere Züge, zwingenderweiſe die Maſchinen-Typen ſich von ſelbſt ergeben. Schwere Güterzug-
locomotiven bilden eine ſeltene Ausnahme, dagegen ſind mächtige Schnellzug- locomotiven beſonders charakteriſtiſch. Die gewöhnliche Anordnung iſt die einer freien Treibachſe mit Rädern von außergewöhnlich großem Durchmeſſer (bis 2‧5 Meter), einem vorderen zweiachſigen Drehgeſtell und einer hinteren feſten Lauf- achſe. Häufig kommen zwei gekuppelte Achſen vor. Die Cylinder liegen bald außen, bald innen. Die Feuerbüchſen, in welchen die beſten Steinkohlen auf mäßiger Roſt- fläche verbrannt werden, haben in der Regel eine große Tiefe, im Gegenſatze zu den belgiſchen Locomotiven, welche meiſt mit Staubkohlen (»Menus«) geheizt werden, was eine dünne Kohlenſchicht und demgemäß einen großen Roſt bedingt.
Die Leiſtungsfähigkeit, die Uniformität und die tadelloſe Erſcheinung der engliſchen Locomotiven entſpricht, wie nicht anders zu denken, einem ausgezeichneten,
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Dritter Abſchnitt.
ſchaften ſtets durch einen beſonderen Beamten, »Inspecting Engeneer«, überwacht,
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während auch im Zeichenſaal und in den Werkſtätten umſieht. Für dieſen wichtigen
und gut beſoldeten Poſten wird nicht ein junger Akademiker, ſondern ein älterer,
erfahrener Werkmeiſter oder einfacher Arbeiter gewählt.
Zur Beurtheilung des engliſchen Locomotivbaues iſt die Thatſache maßgebend,
daß beim Ueberwiegen des Schnellverkehrs ſowohl im Perſonen- wie im Güterdienſt
in die Bewältigung des letzteren durch viele, aber nicht ſehr ſchwere Züge,
zwingenderweiſe die Maſchinen-Typen ſich von ſelbſt ergeben. Schwere Güterzug-
[Abbildung Fig. 802. Nordamerikaniſche Locomotive. (Type »American«.) — Dienſtgewicht 49‧9 Tonnen.]
locomotiven bilden eine ſeltene Ausnahme, dagegen ſind mächtige Schnellzug-
locomotiven beſonders charakteriſtiſch. Die gewöhnliche Anordnung iſt die einer
freien Treibachſe mit Rädern von außergewöhnlich großem Durchmeſſer (bis
2‧5 Meter), einem vorderen zweiachſigen Drehgeſtell und einer hinteren feſten Lauf-
achſe. Häufig kommen zwei gekuppelte Achſen vor. Die Cylinder liegen bald außen,
bald innen. Die Feuerbüchſen, in welchen die beſten Steinkohlen auf mäßiger Roſt-
fläche verbrannt werden, haben in der Regel eine große Tiefe, im Gegenſatze zu
den belgiſchen Locomotiven, welche meiſt mit Staubkohlen (»Menus«) geheizt
werden, was eine dünne Kohlenſchicht und demgemäß einen großen Roſt bedingt.
Die Leiſtungsfähigkeit, die Uniformität und die tadelloſe Erſcheinung der
engliſchen Locomotiven entſpricht, wie nicht anders zu denken, einem ausgezeichneten,
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 916. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/998>, abgerufen am 23.11.2024.
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